Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite
das Gute u. Böse zu erkennen überhaupt.
57.

Ferner was die Bewegung des Geblüts
betrifft/ so ist dieses für böse zu halten/ wodurch
des Menschen Geblüt gar zu sehr/ oder gar zulang-
sam beweget wird; Was die Bewegung des
Geblüts in seinem ordentlichen Zustand erhält/ ist
gut. Ausser daß man hier nicht sagen kan/ daß
die ordentliche Bewegung des Geblüts/ wenn
sie lange continuiret wird/ böse seyn solle:
Weil der Mensch nur einerley Bewegung des
Geblüts hat/ ohne welches er nicht leben kan/
aber im gegentheil vielerley Arten der Sinnlig-
keiten von Gott erhalten/ die sie nicht alle zugleich
bewegen können/ sondern eine nach der andern
sich bewegen muß

58.

Endlich was die Gedancken des Men-
schen gar zu sehr schärffet/ oder gar zu sehr turbi-
rit/ ist böse/ was aber dieselbe in einer proportio-
nir
lichen Bewegung erhält/ ist gut: Ja was die-
se Bewegung allzulang continuiret/ ist auch
böse/ weil die Gedancken nicht nur den Menschen
gegeben sind/ vielfältige und unterschiedene Din-
ge zu bedencken/ sondern auch zu ihrer Erhaltung
eine mit der Bewegung abwechselnde Ruhe
erfordern.

59.

Dieses wäre also das vornehmste/ das in
Betrachtung der äußerlichen Ding über-
haupt
anzumercken wäre: Wollen wir nun
ferner dieselben insonderheit noch ein wenig be-
schuen/ wird es am füglichsten geschen/ wenn
wir dieselbige in drey Classen eintheilen/ deren

etliche
B 4
das Gute u. Boͤſe zu erkennen uͤberhaupt.
57.

Ferner was die Bewegung des Gebluͤts
betrifft/ ſo iſt dieſes fuͤr boͤſe zu halten/ wodurch
des Menſchen Gebluͤt gar zu ſehr/ oder gar zulang-
ſam beweget wird; Was die Bewegung des
Gebluͤts in ſeinem ordentlichen Zuſtand erhaͤlt/ iſt
gut. Auſſer daß man hier nicht ſagen kan/ daß
die ordentliche Bewegung des Gebluͤts/ wenn
ſie lange continuiret wird/ boͤſe ſeyn ſolle:
Weil der Menſch nur einerley Bewegung des
Gebluͤts hat/ ohne welches er nicht leben kan/
aber im gegentheil vielerley Arten der Sinnlig-
keiten von Gott erhalten/ die ſie nicht alle zugleich
bewegen koͤnnen/ ſondern eine nach der andern
ſich bewegen muß

58.

Endlich was die Gedancken des Men-
ſchen gar zu ſehr ſchaͤrffet/ oder gar zu ſehr turbi-
rit/ iſt boͤſe/ was aber dieſelbe in einer proportio-
nir
lichen Bewegung erhaͤlt/ iſt gut: Ja was die-
ſe Bewegung allzulang continuiret/ iſt auch
boͤſe/ weil die Gedancken nicht nur den Menſchen
gegeben ſind/ vielfaͤltige und unterſchiedene Din-
ge zu bedencken/ ſondern auch zu ihrer Erhaltung
eine mit der Bewegung abwechſelnde Ruhe
erfordern.

59.

Dieſes waͤre alſo das vornehmſte/ das in
Betrachtung der aͤußerlichen Ding uͤber-
haupt
anzumercken waͤre: Wollen wir nun
ferner dieſelben inſonderheit noch ein wenig be-
ſchuen/ wird es am fuͤglichſten geſchen/ wenn
wir dieſelbige in drey Claſſen eintheilen/ deren

etliche
B 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0055" n="23"/>
        <fw place="top" type="header">das Gute u. Bo&#x0364;&#x017F;e zu erkennen u&#x0364;berhaupt.</fw><lb/>
        <div n="2">
          <head>57.</head>
          <p>Ferner was die Bewegung des <hi rendition="#fr">Geblu&#x0364;ts</hi><lb/>
betrifft/ &#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;es fu&#x0364;r <hi rendition="#fr">bo&#x0364;&#x017F;e</hi> zu halten/ wodurch<lb/>
des Men&#x017F;chen Geblu&#x0364;t gar zu &#x017F;ehr/ oder gar zulang-<lb/>
&#x017F;am beweget wird; Was die Bewegung des<lb/>
Geblu&#x0364;ts in &#x017F;einem ordentlichen Zu&#x017F;tand erha&#x0364;lt/ i&#x017F;t<lb/><hi rendition="#fr">gut.</hi> Au&#x017F;&#x017F;er daß man hier nicht &#x017F;agen kan/ daß<lb/>
die ordentliche Bewegung des Geblu&#x0364;ts/ wenn<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;ie lange</hi> <hi rendition="#aq">continui</hi>ret wird/ bo&#x0364;&#x017F;e &#x017F;eyn &#x017F;olle:<lb/>
Weil der Men&#x017F;ch nur einerley Bewegung des<lb/>
Geblu&#x0364;ts hat/ ohne welches er nicht leben kan/<lb/>
aber im gegentheil vielerley Arten der Sinnlig-<lb/>
keiten von Gott erhalten/ die &#x017F;ie nicht alle zugleich<lb/>
bewegen ko&#x0364;nnen/ &#x017F;ondern eine nach der andern<lb/>
&#x017F;ich bewegen muß</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>58.</head>
          <p>Endlich was die <hi rendition="#fr">Gedancken</hi> des Men-<lb/>
&#x017F;chen gar zu &#x017F;ehr &#x017F;cha&#x0364;rffet/ oder gar zu &#x017F;ehr <hi rendition="#aq">turbi-</hi><lb/>
rit/ i&#x017F;t <hi rendition="#fr">bo&#x0364;&#x017F;e/</hi> was aber die&#x017F;elbe in einer <hi rendition="#aq">proportio-<lb/>
nir</hi>lichen Bewegung erha&#x0364;lt/ i&#x017F;t <hi rendition="#fr">gut:</hi> Ja was die-<lb/>
&#x017F;e Bewegung <hi rendition="#fr">allzulang</hi> <hi rendition="#aq">continui</hi>ret/ i&#x017F;t auch<lb/><hi rendition="#fr">bo&#x0364;&#x017F;e/</hi> weil die Gedancken nicht nur den Men&#x017F;chen<lb/>
gegeben &#x017F;ind/ vielfa&#x0364;ltige und unter&#x017F;chiedene Din-<lb/>
ge zu bedencken/ &#x017F;ondern auch zu ihrer Erhaltung<lb/>
eine mit der Bewegung abwech&#x017F;elnde Ruhe<lb/>
erfordern.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>59.</head>
          <p>Die&#x017F;es wa&#x0364;re al&#x017F;o das vornehm&#x017F;te/ das in<lb/>
Betrachtung <hi rendition="#fr">der a&#x0364;ußerlichen Ding u&#x0364;ber-<lb/>
haupt</hi> anzumercken wa&#x0364;re: Wollen wir nun<lb/>
ferner die&#x017F;elben <hi rendition="#fr">in&#x017F;onderheit</hi> noch ein wenig be-<lb/>
&#x017F;chuen/ wird es am fu&#x0364;glich&#x017F;ten ge&#x017F;chen/ wenn<lb/>
wir die&#x017F;elbige in <hi rendition="#fr">drey Cla&#x017F;&#x017F;en</hi> eintheilen/ deren<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 4</fw><fw place="bottom" type="catch">etliche</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0055] das Gute u. Boͤſe zu erkennen uͤberhaupt. 57. Ferner was die Bewegung des Gebluͤts betrifft/ ſo iſt dieſes fuͤr boͤſe zu halten/ wodurch des Menſchen Gebluͤt gar zu ſehr/ oder gar zulang- ſam beweget wird; Was die Bewegung des Gebluͤts in ſeinem ordentlichen Zuſtand erhaͤlt/ iſt gut. Auſſer daß man hier nicht ſagen kan/ daß die ordentliche Bewegung des Gebluͤts/ wenn ſie lange continuiret wird/ boͤſe ſeyn ſolle: Weil der Menſch nur einerley Bewegung des Gebluͤts hat/ ohne welches er nicht leben kan/ aber im gegentheil vielerley Arten der Sinnlig- keiten von Gott erhalten/ die ſie nicht alle zugleich bewegen koͤnnen/ ſondern eine nach der andern ſich bewegen muß 58. Endlich was die Gedancken des Men- ſchen gar zu ſehr ſchaͤrffet/ oder gar zu ſehr turbi- rit/ iſt boͤſe/ was aber dieſelbe in einer proportio- nirlichen Bewegung erhaͤlt/ iſt gut: Ja was die- ſe Bewegung allzulang continuiret/ iſt auch boͤſe/ weil die Gedancken nicht nur den Menſchen gegeben ſind/ vielfaͤltige und unterſchiedene Din- ge zu bedencken/ ſondern auch zu ihrer Erhaltung eine mit der Bewegung abwechſelnde Ruhe erfordern. 59. Dieſes waͤre alſo das vornehmſte/ das in Betrachtung der aͤußerlichen Ding uͤber- haupt anzumercken waͤre: Wollen wir nun ferner dieſelben inſonderheit noch ein wenig be- ſchuen/ wird es am fuͤglichſten geſchen/ wenn wir dieſelbige in drey Claſſen eintheilen/ deren etliche B 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/55
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/55>, abgerufen am 21.11.2024.