Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

das Gute u. Böse zu erkennen überhaupt.
böse wäre bekümmern/ und umb sein eigenes
Gutes und
Böses nicht wolte besorget seyn.
Derowegen werden wir alleine von dem Guten
und Bösen in Ansehen des Menschen zu handeln
haben.

9.

Das Gute des Menschen aber ist inson-
derheit von dem Wahren darinnen unterschrie-
den/ daß es in der Ubereinstimmung anderer
Dinge mit dem gantzen Menschen/ oder mit
allen seinen Theilen und Kräfften/ und nicht mit
dem Verstande alleine bestehet.

10.

Wiewohl auch unter dem Ubereinkom-
men
ein grosser Unterscheid ist. Was es in der
Beschreibung des Guten bedeute/ haben wir nur
jetzo erwehnet. Jn Beschreibung des Wahren
heist es nichts mehr/ als wie wir allbereit in der
Vernunfft-Lehre erkläret/ daß die äußerlichen
Dinge von dem menschlichen Verstand begrif-
fen werden können/
und ist das Wahre eigent-
lich zu reden weder gut noch böse/ ob schon die
Erkäntniß des Wahren zu dem Guten des
Menschen gehöret/ weil dadurch der Verstand
gebessert wird.

11.

Wiederumb ist das Gute und Böse ent-
weder warhafftig also beschaffen/ wenn nem-
lich der allgemeine menschliche Verstand/ so fer-
ne er von denen Urtheilen menschlicher Autorität
und Ubereylung gesaubert ist ein Ding für gut
und Böse erkennet/ oder aber es ist ein Schein-
Gut oder ein Schein-Ubel/
wenn es von Leuten

die
A 4

das Gute u. Boͤſe zu erkennen uͤberhaupt.
boͤſe waͤre bekuͤmmern/ und umb ſein eigenes
Gutes und
Boͤſes nicht wolte beſorget ſeyn.
Derowegen werden wir alleine von dem Guten
und Boͤſen in Anſehen des Menſchen zu handeln
haben.

9.

Das Gute des Menſchen aber iſt inſon-
derheit von dem Wahren darinnen unterſchrie-
den/ daß es in der Ubereinſtimmung anderer
Dinge mit dem gantzen Menſchen/ oder mit
allen ſeinen Theilen und Kraͤfften/ und nicht mit
dem Verſtande alleine beſtehet.

10.

Wiewohl auch unter dem Ubereinkom-
men
ein groſſer Unterſcheid iſt. Was es in der
Beſchreibung des Guten bedeute/ haben wir nur
jetzo erwehnet. Jn Beſchreibung des Wahren
heiſt es nichts mehr/ als wie wir allbereit in der
Vernunfft-Lehre erklaͤret/ daß die aͤußerlichen
Dinge von dem menſchlichen Verſtand begrif-
fen werden koͤnnen/
und iſt das Wahre eigent-
lich zu reden weder gut noch boͤſe/ ob ſchon die
Erkaͤntniß des Wahren zu dem Guten des
Menſchen gehoͤret/ weil dadurch der Verſtand
gebeſſert wird.

11.

Wiederumb iſt das Gute und Boͤſe ent-
weder warhafftig alſo beſchaffen/ wenn nem-
lich der allgemeine menſchliche Verſtand/ ſo fer-
ne er von denen Urtheilen menſchlicher Autoritaͤt
und Ubereylung geſaubert iſt ein Ding fuͤr gut
und Boͤſe erkennet/ oder aber es iſt ein Schein-
Gut oder ein Schein-Ubel/
wenn es von Leuten

die
A 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0039" n="7"/><fw place="top" type="header">das Gute u. Bo&#x0364;&#x017F;e zu erkennen u&#x0364;berhaupt.</fw><lb/>
bo&#x0364;&#x017F;e wa&#x0364;re beku&#x0364;mmern/ und umb <hi rendition="#fr">&#x017F;ein eigenes<lb/>
Gutes und</hi> Bo&#x0364;&#x017F;es nicht wolte be&#x017F;orget &#x017F;eyn.<lb/>
Derowegen werden wir alleine von dem Guten<lb/>
und Bo&#x0364;&#x017F;en in An&#x017F;ehen des <hi rendition="#fr">Men&#x017F;chen</hi> zu handeln<lb/>
haben.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>9.</head>
          <p>Das <hi rendition="#fr">Gute des Men&#x017F;chen</hi> aber i&#x017F;t in&#x017F;on-<lb/>
derheit von dem <hi rendition="#fr">Wahren</hi> darinnen unter&#x017F;chrie-<lb/>
den/ daß es in der Uberein&#x017F;timmung anderer<lb/>
Dinge <hi rendition="#fr">mit dem gantzen Men&#x017F;chen/</hi> oder mit<lb/>
allen &#x017F;einen Theilen und Kra&#x0364;fften/ und nicht mit<lb/><hi rendition="#fr">dem Ver&#x017F;tande alleine</hi> be&#x017F;tehet.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>10.</head>
          <p>Wiewohl auch unter dem <hi rendition="#fr">Ubereinkom-<lb/>
men</hi> ein gro&#x017F;&#x017F;er Unter&#x017F;cheid i&#x017F;t. Was es in der<lb/>
Be&#x017F;chreibung des Guten bedeute/ haben wir nur<lb/>
jetzo erwehnet. Jn Be&#x017F;chreibung des <hi rendition="#fr">Wahren</hi><lb/>
hei&#x017F;t es nichts mehr/ als wie wir allbereit in der<lb/>
Vernunfft-Lehre erkla&#x0364;ret/ daß die a&#x0364;ußerlichen<lb/>
Dinge von dem men&#x017F;chlichen Ver&#x017F;tand <hi rendition="#fr">begrif-<lb/>
fen werden ko&#x0364;nnen/</hi> und i&#x017F;t das <hi rendition="#fr">Wahre</hi> eigent-<lb/>
lich zu reden weder gut noch bo&#x0364;&#x017F;e/ ob &#x017F;chon die<lb/><hi rendition="#fr">Erka&#x0364;ntniß des Wahren</hi> zu dem Guten des<lb/>
Men&#x017F;chen geho&#x0364;ret/ weil dadurch der Ver&#x017F;tand<lb/>
gebe&#x017F;&#x017F;ert wird.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>11.</head>
          <p>Wiederumb i&#x017F;t das Gute und <hi rendition="#fr">Bo&#x0364;&#x017F;e</hi> ent-<lb/>
weder <hi rendition="#fr">warhafftig</hi> al&#x017F;o be&#x017F;chaffen/ wenn nem-<lb/>
lich der allgemeine men&#x017F;chliche Ver&#x017F;tand/ &#x017F;o fer-<lb/>
ne er von denen Urtheilen men&#x017F;chlicher <hi rendition="#aq">Autori</hi>ta&#x0364;t<lb/>
und Ubereylung ge&#x017F;aubert i&#x017F;t ein Ding fu&#x0364;r gut<lb/>
und Bo&#x0364;&#x017F;e erkennet/ oder aber es i&#x017F;t ein <hi rendition="#fr">Schein-<lb/>
Gut oder ein Schein-Ubel/</hi> wenn es von Leuten<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 4</fw><fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0039] das Gute u. Boͤſe zu erkennen uͤberhaupt. boͤſe waͤre bekuͤmmern/ und umb ſein eigenes Gutes und Boͤſes nicht wolte beſorget ſeyn. Derowegen werden wir alleine von dem Guten und Boͤſen in Anſehen des Menſchen zu handeln haben. 9. Das Gute des Menſchen aber iſt inſon- derheit von dem Wahren darinnen unterſchrie- den/ daß es in der Ubereinſtimmung anderer Dinge mit dem gantzen Menſchen/ oder mit allen ſeinen Theilen und Kraͤfften/ und nicht mit dem Verſtande alleine beſtehet. 10. Wiewohl auch unter dem Ubereinkom- men ein groſſer Unterſcheid iſt. Was es in der Beſchreibung des Guten bedeute/ haben wir nur jetzo erwehnet. Jn Beſchreibung des Wahren heiſt es nichts mehr/ als wie wir allbereit in der Vernunfft-Lehre erklaͤret/ daß die aͤußerlichen Dinge von dem menſchlichen Verſtand begrif- fen werden koͤnnen/ und iſt das Wahre eigent- lich zu reden weder gut noch boͤſe/ ob ſchon die Erkaͤntniß des Wahren zu dem Guten des Menſchen gehoͤret/ weil dadurch der Verſtand gebeſſert wird. 11. Wiederumb iſt das Gute und Boͤſe ent- weder warhafftig alſo beſchaffen/ wenn nem- lich der allgemeine menſchliche Verſtand/ ſo fer- ne er von denen Urtheilen menſchlicher Autoritaͤt und Ubereylung geſaubert iſt ein Ding fuͤr gut und Boͤſe erkennet/ oder aber es iſt ein Schein- Gut oder ein Schein-Ubel/ wenn es von Leuten die A 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/39
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/39>, abgerufen am 21.12.2024.