Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.in denen menschl. Gesellschafften. andere der ersten gehorchen muß. Wo aberBefehl ist/ da ist auch Zwang. Wo Zwang ist/ da ist keine Liebe. Und folglich weil wir oben erwehnet/ daß eben der Zwang den Unter- scheid zwischen der Gerechtigkeit und Liebe ma- che/ so scheinet es wohl/ daß diese vier Gesell- schafften Gerechtigkeit/ aber doch keine Liebe leiden könten. 4. Wiederum aber/ wenn wir andertheils be- 5. Und also wird man bald gewahr/ daß kei- 6. Woraus noch ferner folget/ daß die Lie- sagten Z
in denen menſchl. Geſellſchafften. andere der erſten gehorchen muß. Wo aberBefehl iſt/ da iſt auch Zwang. Wo Zwang iſt/ da iſt keine Liebe. Und folglich weil wir oben erwehnet/ daß eben der Zwang den Unter- ſcheid zwiſchen der Gerechtigkeit und Liebe ma- che/ ſo ſcheinet es wohl/ daß dieſe vier Geſell- ſchafften Gerechtigkeit/ aber doch keine Liebe leiden koͤnten. 4. Wiederum aber/ wenn wir andertheils be- 5. Und alſo wird man bald gewahr/ daß kei- 6. Woraus noch ferner folget/ daß die Lie- ſagten Z
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in denen menſchl. Geſellſchafften.
andere der erſten gehorchen muß. Wo aber
Befehl iſt/ da iſt auch Zwang. Wo Zwang
iſt/ da iſt keine Liebe. Und folglich weil wir
oben erwehnet/ daß eben der Zwang den Unter-
ſcheid zwiſchen der Gerechtigkeit und Liebe ma-
che/ ſo ſcheinet es wohl/ daß dieſe vier Geſell-
ſchafften Gerechtigkeit/ aber doch keine Liebe
leiden koͤnten.
4. Wiederum aber/ wenn wir andertheils be-
trachten/ daß gleichwohl von der Ehelichen Lie-
be/ von der Liebe der Eltern gegen die Kin-
der u. ſ. w. jederman redet und ſchreibet; ja wenn
man erweget/ daß alle menſchliche Geſellſchafft
in der Vereinigung zwey er Gemuͤther zu ei-
nen gewiſſen Endzweck beſtehe/ ſo ſiehet man/
daß auch alle Geſellſchafften ihrem Weſen nach
die Liebe/ als welche die Vereinigung der Ge-
muͤther iſt/ intendiren.
5. Und alſo wird man bald gewahr/ daß kei-
ne Geſellſchafft ohne Liebe/ aber wohl ohne
Befehl und Zwang ſeyn koͤnne; und daß der
Befehl und Zwang zufaͤlligeꝛ Weiſe in die menſch-
lichen Geſellſchafften gekommen ſey/ ſo ferne nem-
lich etliche Perſonen in denenſelben entweder aus
Unvollkommenheit oder aus Boßheit dasjenige/
was zu dem Zweck einer jeden Geſellſchafft zu er-
reichen dienet/ nicht freywillig thun wollen/ oder
auch wohl darwider ſtreben.
6. Woraus noch ferner folget/ daß die Lie-
be nicht des Zwangs halben in denen vier be-
ſagten
Z
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