Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Das 8. H. von der vernünfftigen 29. Z. e. Wenn man wissen wil/ was für ein bey
Das 8. H. von der vernuͤnfftigen 29. Z. e. Wenn man wiſſen wil/ was fuͤr ein bey
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0380" n="352[348]"/> <fw place="top" type="header">Das 8. H. von der vernuͤnfftigen</fw><lb/> <div n="3"> <head>29.</head> <p>Z. e. Wenn man wiſſen wil/ <hi rendition="#fr">was fuͤr ein<lb/> Tranck ordentlich am geſundeſten ſey?</hi> So<lb/> iſt aus dem erſten Hauptſtuͤck unſerer Sitten-<lb/> Lehre die Antwort/ derjenige/ der unſer Gebluͤte<lb/> in einer <hi rendition="#aq">proportionir</hi>lichen Bewegung behaͤlt/<lb/> daß es nicht zu geſchwinde noch zu langſam lauffe.<lb/> Machen wir nun die <hi rendition="#aq">Applicir</hi>ung dieſer Regel<lb/> auf unſer Getraͤncke/ ſo finden wir ſolches von<lb/> dreyerley Sorten: <hi rendition="#fr">Wein/ Waſſer</hi> und <hi rendition="#fr">Bier.</hi><lb/> Der <hi rendition="#fr">Wein</hi> hitzet/ und macht alſo die Bewegung<lb/> des Gebluͤts allzugeſchwinde/ oder er ſchleimet<lb/> wenn er ſuͤſſe iſt/ und macht/ daß ſich das Gebluͤte<lb/> langſam beweget/ oder iſt Kalckigt/ und treibt ſol-<lb/> che kleine Theilgen in das Gebluͤte/ die die Adern<lb/> zerſchneiden/ oder durch ihre Verſetzung die <hi rendition="#aq">Cir-<lb/> culation</hi> des Gebluͤtes ſehr hindern/ und die Gicht<lb/> und dergleichen Kranckheiten verurſachen. Das<lb/><hi rendition="#fr">Bier</hi> thut gleiche Wirckungen; entweder es hi-<lb/> tzet oder kaͤltet; Gemeiniglich aber ſchleimet es/<lb/> wie der Wein gemeiniglich hitzet/ welches bey<lb/> dem Bier der klebigte Schweiß/ bey dem Weine<lb/> aber die in alle Glieder tretende Hitze bezeiget.<lb/> So ſind auch dieſe beyde Arten von Getraͤncke ſo<lb/> beſchaffen/ daß ſie durch ihre Schaͤrffe oder Lieb-<lb/> lichkeit einen Durſt verurſachen/ und die Zunge<lb/> dergeſtalt kuͤtzeln/ daß man mit Luſt mehr davon<lb/> trinckt/ als die Natur erfordert. Alleine das<lb/><hi rendition="#fr">Waſſer</hi> iſt ordentlich weder hitzig noch kaͤltend;<lb/> es erhaͤlt das Gebluͤte in einer <hi rendition="#aq">proportionir</hi>lichen<lb/> Bewegung/ es iſt weder ſuͤſſe noch ſcharff/ daß es<lb/> <fw place="bottom" type="catch">bey</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [352[348]/0380]
Das 8. H. von der vernuͤnfftigen
29. Z. e. Wenn man wiſſen wil/ was fuͤr ein
Tranck ordentlich am geſundeſten ſey? So
iſt aus dem erſten Hauptſtuͤck unſerer Sitten-
Lehre die Antwort/ derjenige/ der unſer Gebluͤte
in einer proportionirlichen Bewegung behaͤlt/
daß es nicht zu geſchwinde noch zu langſam lauffe.
Machen wir nun die Applicirung dieſer Regel
auf unſer Getraͤncke/ ſo finden wir ſolches von
dreyerley Sorten: Wein/ Waſſer und Bier.
Der Wein hitzet/ und macht alſo die Bewegung
des Gebluͤts allzugeſchwinde/ oder er ſchleimet
wenn er ſuͤſſe iſt/ und macht/ daß ſich das Gebluͤte
langſam beweget/ oder iſt Kalckigt/ und treibt ſol-
che kleine Theilgen in das Gebluͤte/ die die Adern
zerſchneiden/ oder durch ihre Verſetzung die Cir-
culation des Gebluͤtes ſehr hindern/ und die Gicht
und dergleichen Kranckheiten verurſachen. Das
Bier thut gleiche Wirckungen; entweder es hi-
tzet oder kaͤltet; Gemeiniglich aber ſchleimet es/
wie der Wein gemeiniglich hitzet/ welches bey
dem Bier der klebigte Schweiß/ bey dem Weine
aber die in alle Glieder tretende Hitze bezeiget.
So ſind auch dieſe beyde Arten von Getraͤncke ſo
beſchaffen/ daß ſie durch ihre Schaͤrffe oder Lieb-
lichkeit einen Durſt verurſachen/ und die Zunge
dergeſtalt kuͤtzeln/ daß man mit Luſt mehr davon
trinckt/ als die Natur erfordert. Alleine das
Waſſer iſt ordentlich weder hitzig noch kaͤltend;
es erhaͤlt das Gebluͤte in einer proportionirlichen
Bewegung/ es iſt weder ſuͤſſe noch ſcharff/ daß es
bey
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |