Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Arten der absonderlichen Liebe. nem Frauen-Zimmer nicht weniger schimpfflichwenn sie eine solche Liebe annimmt/ als wenn sie sie zu erst zu erkennen giebet. Jst es aber eine ver- nünfftige Liebe/ so hat sich derselben kein Mensche zu schämen/ sondern er verdienet viel- mehr Lob und Ehre/ weil diese Liebe der Grund aller Tugenden/ und das eintzige Mittel ist/ die wahre Glückseeligkeit zu erlangen. 31. Woltest du auch gleich sagen/ daß es 32. Endlich so ist auch die Bezeigung einer Wir X 5
Arten der abſonderlichen Liebe. nem Frauen-Zimmer nicht weniger ſchimpfflichwenn ſie eine ſolche Liebe annimmt/ als wenn ſie ſie zu erſt zu erkennen giebet. Jſt es aber eine ver- nuͤnfftige Liebe/ ſo hat ſich derſelben kein Menſche zu ſchaͤmen/ ſondern er verdienet viel- mehr Lob und Ehre/ weil dieſe Liebe der Grund aller Tugenden/ und das eintzige Mittel iſt/ die wahre Gluͤckſeeligkeit zu erlangen. 31. Wolteſt du auch gleich ſagen/ daß es 32. Endlich ſo iſt auch die Bezeigung einer Wir X 5
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Arten der abſonderlichen Liebe.
nem Frauen-Zimmer nicht weniger ſchimpfflich
wenn ſie eine ſolche Liebe annimmt/ als wenn ſie
ſie zu erſt zu erkennen giebet. Jſt es aber eine ver-
nuͤnfftige Liebe/ ſo hat ſich derſelben kein
Menſche zu ſchaͤmen/ ſondern er verdienet viel-
mehr Lob und Ehre/ weil dieſe Liebe der Grund
aller Tugenden/ und das eintzige Mittel iſt/ die
wahre Gluͤckſeeligkeit zu erlangen.
31. Wolteſt du auch gleich ſagen/ daß es
doch zum wenigſten eine Anzeigung eintziger
Unvollkommenheit ſey/ wenn man zu erſt liebe/
in dem gleiche Perſonen auch zugleich einander
ihre Liebe zu erkennen geben/ bey der ungleichen
Liebe aber es dem geringern Theil zuſtehe/ ſeine
Liebe am erſten kund zu thun; ſo muſtu dich doch
wieder erinnern/ daß wir oben allbereit erwehnet
haben/ wie auch die vortrefflicheren Perſonen
auſſerordentlich anfangen koͤnten zu leben/ und
dadurch ihr liebreiches Hertze deſto mehr zu er-
kennen zu geben. Zu dem ſo iſt unſtreitig/ daß ob
ſchon bey gleicher Liebe zwey Hertzen ſo zu ſagen
zu gleicher Zeit einander zu lieben anfangen/ den-
noch in der That eines unter ihnen ohne Be-
merckung einer Ungleichheit oder Unvollkommen-
heit in der That den Anfang machen/ und die
erſte Erklaͤrung/ es ſey nun mit Worten oder mit
andern Bezeugungen/ thun muͤſſe.
32. Endlich ſo iſt auch die Bezeigung einer
Unvollkommenheit dem Weiblichen Ge-
ſchlecht in dieſem Stuͤck nicht ſchimpfflich.
Wir
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