Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Das 7. H. von den unterschiedenen. auch Wechsels-Weise das Verheelen und Miß-trauen unter ihnen stärcker ist. 11. Derowegen ist diese Regel wohl gegrün- 12. Bey der Gutthätigkeit haben wir fast würck-
Das 7. H. von den unterſchiedenen. auch Wechſels-Weiſe das Verheelen und Miß-trauen unter ihnen ſtaͤrcker iſt. 11. Derowegen iſt dieſe Regel wohl gegruͤn- 12. Bey der Gutthaͤtigkeit haben wir faſt wuͤrck-
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Das 7. H. von den unterſchiedenen.
auch Wechſels-Weiſe das Verheelen und Miß-
trauen unter ihnen ſtaͤrcker iſt.
11. Derowegen iſt dieſe Regel wohl gegruͤn-
det/ daß je laͤnger zwey Perſonen einander
mit ſorgfaͤltiger Gefaͤlligkeit begegnen/ je
eine groͤſſere Anzeigung iſt es/ daß ſie in der
Tugend noch nicht gar weit gekommen ſeyn/
oder daß ihre Liebe zum wenigſten auff ei-
ner Seite wohl gar nicht vernuͤnfftig ſey.
Ja das Letztere iſt deshalben eher zu vermuthen/
weil die wahre Liebe nothwendig nach der Ver-
trauligkeit der andern Perſon trachtet. Wo
demnach auff beyden Theilen durch eine langwie-
rige Gefaͤlligkeit kein Theil vertraulich ſich zu er-
weiſen anfangen/ oder der andere der ihm erwieſe-
nen vertrauligkeit durch eine gleichmaͤßige nicht
wieder begegnen wil/ da kan unmoͤglich eine auff-
richtige/ und folglich auch wahre vernuͤnfftige Lie-
be dahinter ſtecken.
12. Bey der Gutthaͤtigkeit haben wir faſt
gleiche Anmerckungen zu machen. Sie verbin-
det die gegen einander ſich neigende Hertzen ſo
lange biß das Wechſel-Vertrauen im hoͤchſten
Grad befeſtiget iſt. Weil demnach in der vor-
trefflichen gleichen Liebe das wenigſte Miß-
trauen iſt/ und zwey rechtſchaffen Tugendhaff-
te Leute gar bald einander in das innerſte des
Hertzens ſehen; als braucht auch die Gutthaͤtig-
keit hierbey nicht lange Zeit/ dieſe beyden Her-
tzen voͤllig zu vereinigen/ weil ſie doch auch ohne
wuͤrck-
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