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Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

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Das 5. Hauptst. von der allgemeinen.
wenn dich GOTT hätte lassen in einen so gerin-
gen Stande gebohren werden/ als dich der ande-
re tractiret. Zudem so stehet es nicht in des an-
dern Vermögen dich zu beschimpffen/ oder un-
ehrlich zu machen/ wenn deine Tugend dich da-
von frey spricht. Und du hast/ wenn du weise
bist/ seine That nicht anders anzusehen/ als das
Thun eines Trunckenden/ der in die Steine kratzt
und dich heraus fordert/ wenn du in guter Ruhe
liegest und schläffest.

89.

Nun siehe dich umb: Ob nicht die mei-
sten Kriege
wegen dieser eitelen Ehre/ wegen
Macht
und Ansehen/ wegen des Reichthums/
z. e. wegen eines Stücke Landes u. s. f. geführet
worden. Da also aller Krieg hätte nachbleiben
können/ wenn man sich nicht ohne Grund persva-
dir
et hätte/ als ob man nicht ruhig leben könte/
wenn man eine Stadt oder ein Stücke Land fah-
ren liesse/ wenn man eine einem Gesandten oder
wohl gar einem Bilde erwiesene Unhöffligkeit/ ei-
ne abgeschlagene Heyrath ungeanthet hingehen
liesse; Wenn man an statt der Souverainete sein
Reich von dem andern zu Lehn empfange u. s. w.

90.

Hiernechst giebstu auch genugsam zu er-
kennen/ daß du die Natur der Menschen nicht
wohl verstehest/ wenn du dir einbildest/ daß die
Gedult den Beleidigenden antreiben werde/
dich noch ferner zu beleydigen.
Es ist wohl
wahr/ deß es möglich sey/ daß ein Mensche so eine
Bestie sey und so unvernünfftig mit dir verfahre/

wenn

Das 5. Hauptſt. von der allgemeinen.
wenn dich GOTT haͤtte laſſen in einen ſo gerin-
gen Stande gebohren werden/ als dich der ande-
re tractiret. Zudem ſo ſtehet es nicht in des an-
dern Vermoͤgen dich zu beſchimpffen/ oder un-
ehrlich zu machen/ wenn deine Tugend dich da-
von frey ſpricht. Und du haſt/ wenn du weiſe
biſt/ ſeine That nicht anders anzuſehen/ als das
Thun eines Trunckenden/ der in die Steine kratzt
und dich heraus fordert/ wenn du in guter Ruhe
liegeſt und ſchlaͤffeſt.

89.

Nun ſiehe dich umb: Ob nicht die mei-
ſten Kriege
wegen dieſer eitelen Ehre/ wegen
Macht
und Anſehen/ wegen des Reichthums/
z. e. wegen eines Stuͤcke Landes u. ſ. f. gefuͤhret
worden. Da alſo aller Krieg haͤtte nachbleiben
koͤnnen/ wenn man ſich nicht ohne Grund perſva-
dir
et haͤtte/ als ob man nicht ruhig leben koͤnte/
wenn man eine Stadt oder ein Stuͤcke Land fah-
ren lieſſe/ wenn man eine einem Geſandten oder
wohl gar einem Bilde erwieſene Unhoͤffligkeit/ ei-
ne abgeſchlagene Heyrath ungeanthet hingehen
lieſſe; Wenn man an ſtatt der Souverainetè ſein
Reich von dem andern zu Lehn empfange u. ſ. w.

90.

Hiernechſt giebſtu auch genugſam zu er-
kennen/ daß du die Natur der Menſchen nicht
wohl verſteheſt/ wenn du dir einbildeſt/ daß die
Gedult den Beleidigenden antreiben werde/
dich noch ferner zu beleydigen.
Es iſt wohl
wahr/ deß es moͤglich ſey/ daß ein Menſche ſo eine
Beſtie ſey und ſo unvernuͤnfftig mit dir verfahre/

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[244[240]/0272] Das 5. Hauptſt. von der allgemeinen. wenn dich GOTT haͤtte laſſen in einen ſo gerin- gen Stande gebohren werden/ als dich der ande- re tractiret. Zudem ſo ſtehet es nicht in des an- dern Vermoͤgen dich zu beſchimpffen/ oder un- ehrlich zu machen/ wenn deine Tugend dich da- von frey ſpricht. Und du haſt/ wenn du weiſe biſt/ ſeine That nicht anders anzuſehen/ als das Thun eines Trunckenden/ der in die Steine kratzt und dich heraus fordert/ wenn du in guter Ruhe liegeſt und ſchlaͤffeſt. 89. Nun ſiehe dich umb: Ob nicht die mei- ſten Kriege wegen dieſer eitelen Ehre/ wegen Macht und Anſehen/ wegen des Reichthums/ z. e. wegen eines Stuͤcke Landes u. ſ. f. gefuͤhret worden. Da alſo aller Krieg haͤtte nachbleiben koͤnnen/ wenn man ſich nicht ohne Grund perſva- diret haͤtte/ als ob man nicht ruhig leben koͤnte/ wenn man eine Stadt oder ein Stuͤcke Land fah- ren lieſſe/ wenn man eine einem Geſandten oder wohl gar einem Bilde erwieſene Unhoͤffligkeit/ ei- ne abgeſchlagene Heyrath ungeanthet hingehen lieſſe; Wenn man an ſtatt der Souverainetè ſein Reich von dem andern zu Lehn empfange u. ſ. w. 90. Hiernechſt giebſtu auch genugſam zu er- kennen/ daß du die Natur der Menſchen nicht wohl verſteheſt/ wenn du dir einbildeſt/ daß die Gedult den Beleidigenden antreiben werde/ dich noch ferner zu beleydigen. Es iſt wohl wahr/ deß es moͤglich ſey/ daß ein Menſche ſo eine Beſtie ſey und ſo unvernuͤnfftig mit dir verfahre/ wenn

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 244[240]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/272>, abgerufen am 13.11.2024.