Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Das 5. Hauptst. von der allgemeinen diese beyde Gemüths-Bewegungen zum öffternaus einerley Ursachen herkommen. 80. Ja sprichstu: Diesem Ubel ist leichte ab- 81. Aber wie denn da/ wenn der Beleidiger ein
Das 5. Hauptſt. von der allgemeinen dieſe beyde Gemuͤths-Bewegungen zum oͤffternaus einerley Urſachen herkommen. 80. Ja ſprichſtu: Dieſem Ubel iſt leichte ab- 81. Aber wie denn da/ wenn der Beleidiger ein
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb n="240[236]" facs="#f0268"/><fw type="header" place="top">Das 5. Hauptſt. von der allgemeinen</fw><lb/> dieſe beyde Gemuͤths-Bewegungen zum oͤfftern<lb/> aus einerley Urſachen herkommen.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>80.</head> <p>Ja ſprichſtu: Dieſem Ubel iſt leichte ab-<lb/> zuhelffen. Denn wenn ich ſehe/ daß ich des Uber-<lb/> wundenen ſeiner Treue nicht verſichert bin/ ſo ver-<lb/> ſchaffe ich mir Berſicherung <hi rendition="#fr">durch ſeinen Tod.</hi><lb/> So wirſtu ſie denn <hi rendition="#fr">allezeit</hi> auf dieſe Weiſe ſu-<lb/> chen muͤſſen/ weil dir die Gewalt niemahlen ande-<lb/> re Verſicherung geben wird. So wirſtu nichts<lb/> anders zu thun haben/ als darnach zu trachten/ wie<lb/><hi rendition="#fr">du das menſchliche Geſchlecht auffreibeſt/</hi><lb/> weil kein Tag hingehen wird/ da dich nicht ein an-<lb/> derer mit Vorſatz oder aus Verſehen beleidigen<lb/> wird<supplied>.</supplied> Auff dieſe Weiſe kanſtu nicht ſagen/ daß<lb/> dir dein Sieg <hi rendition="#fr">Friede</hi> zuwege bringen wird; denn<lb/> mit <hi rendition="#fr">todten Leuten</hi> haſtu weder Krieg noch Frie-<lb/> de. Und mit <hi rendition="#fr">denen anderen Lebenden</hi> hatteſtu<lb/> zuvor ſchon friede. Ja dieſer dein blutiger Sieg<lb/> kan vieleicht andere Lebende erwecken/ einen<lb/> neuen Krieg mit dir anzufangen/ den Tod ihres<lb/> Verwandten oder Freundes zu raͤchen.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>81.</head> <p>Aber wie denn da/ <hi rendition="#fr">wenn der Beleidiger<lb/> ſieget?</hi> Und du dein Leben von ihm erbetteln<lb/> muſt/ oder er dir ſonſt andere Bedingungen vor-<lb/> ſchreibet/ die dir ſchimpfflicher und unertraͤglicher<lb/> ſind/ als die erſten Beleidigungen/ wegen welcher<lb/> du den Krieg angefangen? Daß ich nicht einmahl<lb/> davon etwas erwehne/ wenn er dir aus Miß-<lb/> trauen gar das Leben nim̃t? Biſtu wohl noch ſo<lb/> thoͤricht/ daß du dich beruͤhmeſt/ <hi rendition="#fr">der Krieg ſey</hi><lb/> <fw type="catch" place="bottom"><hi rendition="#fr">ein</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [240[236]/0268]
Das 5. Hauptſt. von der allgemeinen
dieſe beyde Gemuͤths-Bewegungen zum oͤfftern
aus einerley Urſachen herkommen.
80. Ja ſprichſtu: Dieſem Ubel iſt leichte ab-
zuhelffen. Denn wenn ich ſehe/ daß ich des Uber-
wundenen ſeiner Treue nicht verſichert bin/ ſo ver-
ſchaffe ich mir Berſicherung durch ſeinen Tod.
So wirſtu ſie denn allezeit auf dieſe Weiſe ſu-
chen muͤſſen/ weil dir die Gewalt niemahlen ande-
re Verſicherung geben wird. So wirſtu nichts
anders zu thun haben/ als darnach zu trachten/ wie
du das menſchliche Geſchlecht auffreibeſt/
weil kein Tag hingehen wird/ da dich nicht ein an-
derer mit Vorſatz oder aus Verſehen beleidigen
wird. Auff dieſe Weiſe kanſtu nicht ſagen/ daß
dir dein Sieg Friede zuwege bringen wird; denn
mit todten Leuten haſtu weder Krieg noch Frie-
de. Und mit denen anderen Lebenden hatteſtu
zuvor ſchon friede. Ja dieſer dein blutiger Sieg
kan vieleicht andere Lebende erwecken/ einen
neuen Krieg mit dir anzufangen/ den Tod ihres
Verwandten oder Freundes zu raͤchen.
81. Aber wie denn da/ wenn der Beleidiger
ſieget? Und du dein Leben von ihm erbetteln
muſt/ oder er dir ſonſt andere Bedingungen vor-
ſchreibet/ die dir ſchimpfflicher und unertraͤglicher
ſind/ als die erſten Beleidigungen/ wegen welcher
du den Krieg angefangen? Daß ich nicht einmahl
davon etwas erwehne/ wenn er dir aus Miß-
trauen gar das Leben nim̃t? Biſtu wohl noch ſo
thoͤricht/ daß du dich beruͤhmeſt/ der Krieg ſey
ein
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/268 |
Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 240[236]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/268>, abgerufen am 04.03.2025. |