Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Das 5. Hauptst. von der allgemeinen mit Gedult alleine den besten Frieden machenkönne? Jn Wahrheit wir unterfangen uns eines grossen/ denn wir müssen nicht alleine be- weisen/ daß der Krieg kein vernünfftig Mit- tel sey/ Friede zu machen/ sondern auch: daß man am ersten Friede erhalte/ wenn man alles leidet. Beydes scheinet fast allen unsern Gelehrten irraisonabel zu seyn. 70. Aber wir achten solches nicht/ wenn wir 71. So unvernünfftig nun als es wäre/ wenn 72. Hastu den andern nicht durch die Leut- 73. Ja
Das 5. Hauptſt. von der allgemeinen mit Gedult alleine den beſten Frieden machenkoͤnne? Jn Wahrheit wir unterfangen uns eines groſſen/ denn wir muͤſſen nicht alleine be- weiſen/ daß der Krieg kein vernuͤnfftig Mit- tel ſey/ Friede zu machen/ ſondern auch: daß man am erſten Friede erhalte/ wenn man alles leidet. Beydes ſcheinet faſt allen unſern Gelehrten irraiſonabel zu ſeyn. 70. Aber wir achten ſolches nicht/ wenn wir 71. So unvernuͤnfftig nun als es waͤre/ wenn 72. Haſtu den andern nicht durch die Leut- 73. Ja
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Das 5. Hauptſt. von der allgemeinen
mit Gedult alleine den beſten Frieden machen
koͤnne? Jn Wahrheit wir unterfangen uns
eines groſſen/ denn wir muͤſſen nicht alleine be-
weiſen/ daß der Krieg kein vernuͤnfftig Mit-
tel ſey/ Friede zu machen/ ſondern auch: daß
man am erſten Friede erhalte/ wenn man
alles leidet. Beydes ſcheinet faſt allen unſern
Gelehrten irraiſonabel zu ſeyn.
70. Aber wir achten ſolches nicht/ wenn wir
nur die Vernunfft ſelbſt auf unſerer Seite haben.
Dieſe wird uns bald anfaͤnglich zeigen/ daß der
Krieg nichts weniger ſey als ein Mittel Frie-
de zu machen. Denn es iſt ohnmoͤglich/ daß
auff einer Seiten Krieg/ und auf der andern Frie-
de ſey/ und alſo iſt der Krieg nichts anders als ein
ſolcher Zuſtand zweyer Partheyen/ in wel-
chen ſie beyderſeits einander an ſtatt der
Liebe/ Haß und Feindſchafft erweiſen.
71. So unvernuͤnfftig nun als es waͤre/ wenn
man ſagen wolte/ daß der Haß ein vernuͤnfftig
ordentlich oder auſſerordentlich Mittel waͤ-
re zur Liebe zu gelangen; ſo unvernuͤnfftig iſt
es auch/ daß man behaupten wil/ der Krieg ſey
ein Mittel zum Friede.
72. Haſtu den andern nicht durch die Leut-
ſeligkeit/ Wahrhafftigkeit/ Beſcheidenheit und
Ver raͤgligkeit zur Liebe bewegen koͤnnen/ da doch
ſonſten Liebe Gegen-Liebe erwecket/ ſo wirſtu
es viel weniger durch Unbeſcheidenheit/ Gewalt
und Unmenſchlichkeit thun.
73. Ja
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