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Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

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Das 5. Hauptst. von der allgemeinen
könne/ als ob ihm unrecht geschähe/ wenn wir
ihm hinwiederum keine Leutseeligkeit/ Wahr-
hafftigkeit/ Bescheidenheit und Verträgligkeit
erweisen; Denn mit was Recht wolte derjenige
praedendiren/ daß andere Menschen ihm dasjeni-
ge erweisen/ was er doch an seinen Orte ihnen
versaget/ zumahlen da obbesagte vier Tugenden
in der Gleichheit der menschlichen Natur sich
gründen/ und solcher Gestalt eine Ungleichheit
würde eingeführet werden/ wenn gottlose Leute
sich unvernünfftiger Weise ein Recht hinaus
nähmen/ andere zu beleidigen/ und hernach diese
dahin anweisen wolten/ daß man ihnen nicht glei-
ches mit gleichen vergelten solle.

62.

So weiset auch dasjenige/ was wir ab-
sonderlich von der Verträgligkeit erwehnet/
(daß derjenige/ so einen andern einigen Scha-
den erwiesen/ schuldig sey ihm denselben zu er-
statten) daß er von dem Beleidigten die Gedult
nicht als ein ihm zukommendes Recht fordern
könne/ weil sonsten die Pflicht den gegebenen
Schaden zu erstatten/ keine Würckung haben
würde/ wenn der andere von Rechtswegen ge-
dultig seyn müste. Eben dieses kan man auch
von dem sagen/ der sein Versprechen nicht ge-
halten/ und sich gegen einen andern in hohen
Grad unbescheiden erwiesen/ und denselben
schimpflich tractiret. Dann weil auch in diesen
Stück die Wahrhafftigkeit und Bescheidenheit
denselben verbinden/ dem beleidigten Theil Sa-

tisfaction

Das 5. Hauptſt. von der allgemeinen
koͤnne/ als ob ihm unrecht geſchaͤhe/ wenn wir
ihm hinwiederum keine Leutſeeligkeit/ Wahr-
hafftigkeit/ Beſcheidenheit und Vertraͤgligkeit
erweiſen; Denn mit was Recht wolte derjenige
prædendiren/ daß andere Menſchen ihm dasjeni-
ge erweiſen/ was er doch an ſeinen Orte ihnen
verſaget/ zumahlen da obbeſagte vier Tugenden
in der Gleichheit der menſchlichen Natur ſich
gruͤnden/ und ſolcher Geſtalt eine Ungleichheit
wuͤrde eingefuͤhret werden/ wenn gottloſe Leute
ſich unvernuͤnfftiger Weiſe ein Recht hinaus
naͤhmen/ andere zu beleidigen/ und hernach dieſe
dahin anweiſen wolten/ daß man ihnen nicht glei-
ches mit gleichen vergelten ſolle.

62.

So weiſet auch dasjenige/ was wir ab-
ſonderlich von der Vertraͤgligkeit erwehnet/
(daß derjenige/ ſo einen andern einigen Scha-
den erwieſen/ ſchuldig ſey ihm denſelben zu er-
ſtatten) daß er von dem Beleidigten die Gedult
nicht als ein ihm zukommendes Recht fordern
koͤnne/ weil ſonſten die Pflicht den gegebenen
Schaden zu erſtatten/ keine Wuͤrckung haben
wuͤrde/ wenn der andere von Rechtswegen ge-
dultig ſeyn muͤſte. Eben dieſes kan man auch
von dem ſagen/ der ſein Verſprechen nicht ge-
halten/ und ſich gegen einen andern in hohen
Grad unbeſcheiden erwieſen/ und denſelben
ſchimpflich tractiret. Dann weil auch in dieſen
Stuͤck die Wahrhafftigkeit und Beſcheidenheit
denſelben verbinden/ dem beleidigten Theil Sa-

tisfaction
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[232[228]/0260] Das 5. Hauptſt. von der allgemeinen koͤnne/ als ob ihm unrecht geſchaͤhe/ wenn wir ihm hinwiederum keine Leutſeeligkeit/ Wahr- hafftigkeit/ Beſcheidenheit und Vertraͤgligkeit erweiſen; Denn mit was Recht wolte derjenige prædendiren/ daß andere Menſchen ihm dasjeni- ge erweiſen/ was er doch an ſeinen Orte ihnen verſaget/ zumahlen da obbeſagte vier Tugenden in der Gleichheit der menſchlichen Natur ſich gruͤnden/ und ſolcher Geſtalt eine Ungleichheit wuͤrde eingefuͤhret werden/ wenn gottloſe Leute ſich unvernuͤnfftiger Weiſe ein Recht hinaus naͤhmen/ andere zu beleidigen/ und hernach dieſe dahin anweiſen wolten/ daß man ihnen nicht glei- ches mit gleichen vergelten ſolle. 62. So weiſet auch dasjenige/ was wir ab- ſonderlich von der Vertraͤgligkeit erwehnet/ (daß derjenige/ ſo einen andern einigen Scha- den erwieſen/ ſchuldig ſey ihm denſelben zu er- ſtatten) daß er von dem Beleidigten die Gedult nicht als ein ihm zukommendes Recht fordern koͤnne/ weil ſonſten die Pflicht den gegebenen Schaden zu erſtatten/ keine Wuͤrckung haben wuͤrde/ wenn der andere von Rechtswegen ge- dultig ſeyn muͤſte. Eben dieſes kan man auch von dem ſagen/ der ſein Verſprechen nicht ge- halten/ und ſich gegen einen andern in hohen Grad unbeſcheiden erwieſen/ und denſelben ſchimpflich tractiret. Dann weil auch in dieſen Stuͤck die Wahrhafftigkeit und Beſcheidenheit denſelben verbinden/ dem beleidigten Theil Sa- tisfaction

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 232[228]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/260>, abgerufen am 13.11.2024.