ten/ wenn man unbetriegliche Proben hat/ daß
sie nicht von auffrichtigen Hertzen/ sondern von
einer Schein- und Heuchel-Liebe entstanden.
39.
Nach diesen muß man auch einen grossen
sen Unterscheid unter denen andern Liebes-
Bezeugungen die durch das äußerliche Thun
und Lassen ausgedruckt werden/ und unter der
Vereinigung der Leiber die durch die Ver-
mischung derselben geschiehet/ machen. Denn
gesetzt/ daß zu dem Wesen der Liebe die Gefäl-
ligkeiten des äußerlichen Thun und Lassens ge-
höreten; oder aber gestandenen Falls/ daß/
weil diese unausbleibliche Zeichen wahrer Liebe
seyn/ zum wenigsten doch das Verlangen zu de-
nenselben nicht irraisonable seyn könne/ so fol-
get doch nicht alsofort/ daß man auch die Lie-
bes-Gunsten/ die auff die Vermischung des Lei-
bes zielen/ hierunter rechnen müsse/ sondern wir
müssen von diesen absonderlich etwas mehrers
reden.
40.
Zwar ist es wohl an dem/ daß das schwache
Licht der menschlichen Vernunfft ohne
göttliche Offenbahrung in Erkäntniß des allge-
meinen Ubels der Lust-Seuche ziemlich in fin-
stern herum tappe/ und weil ihr von dem Sün-
den-Fall der ersten Eltern nichts wissend ist/
auch die Unzuläßigkeit und Boßheit derselben
für sich selbst nicht allenthalben penetrire/ son-
dern manches Thun und Lassen für zuläßlich
halten müsse/ von welchen uns das göttliche
ge-
ten/ wenn man unbetriegliche Proben hat/ daß
ſie nicht von auffrichtigen Hertzen/ ſondern von
einer Schein- und Heuchel-Liebe entſtanden.
39.
Nach dieſen muß man auch einen groſſen
ſen Unterſcheid unter denen andern Liebes-
Bezeugungen die durch das aͤußerliche Thun
und Laſſen ausgedruckt werden/ und unter der
Vereinigung der Leiber die durch die Ver-
miſchung derſelben geſchiehet/ machen. Denn
geſetzt/ daß zu dem Weſen der Liebe die Gefaͤl-
ligkeiten des aͤußerlichen Thun und Laſſens ge-
hoͤreten; oder aber geſtandenen Falls/ daß/
weil dieſe unausbleibliche Zeichen wahrer Liebe
ſeyn/ zum wenigſten doch das Verlangen zu de-
nenſelben nicht irraiſonable ſeyn koͤnne/ ſo fol-
get doch nicht alſofort/ daß man auch die Lie-
bes-Gunſten/ die auff die Vermiſchung des Lei-
bes zielen/ hierunter rechnen muͤſſe/ ſondern wir
muͤſſen von dieſen abſonderlich etwas mehrers
reden.
40.
Zwar iſt es wohl an dem/ daß das ſchwache
Licht der menſchlichen Vernunfft ohne
goͤttliche Offenbahrung in Erkaͤntniß des allge-
meinen Ubels der Luſt-Seuche ziemlich in fin-
ſtern herum tappe/ und weil ihr von dem Suͤn-
den-Fall der erſten Eltern nichts wiſſend iſt/
auch die Unzulaͤßigkeit und Boßheit derſelben
fuͤr ſich ſelbſt nicht allenthalben penetrire/ ſon-
dern manches Thun und Laſſen fuͤr zulaͤßlich
halten muͤſſe/ von welchen uns das goͤttliche
ge-
<TEI>
<text>
<body>
<div n="1">
<div n="2">
<div n="3">
<p><pb facs="#f0207" n="175"/><fw place="top" type="header">Liebe anderer Menſchen uͤberhaupt.</fw><lb/>
ten/ wenn man unbetriegliche Proben hat/ daß<lb/>
ſie nicht von auffrichtigen Hertzen/ ſondern von<lb/>
einer Schein- und Heuchel-Liebe entſtanden.</p>
</div><lb/>
<div n="3">
<head>39.</head>
<p>Nach dieſen muß man auch einen groſſen<lb/>
ſen Unterſcheid unter denen <hi rendition="#fr">andern Liebes-<lb/>
Bezeugungen</hi> die durch das aͤußerliche Thun<lb/>
und Laſſen ausgedruckt werden/ und unter der<lb/><hi rendition="#fr">Vereinigung der Leiber</hi> die durch die Ver-<lb/>
miſchung derſelben geſchiehet/ machen. Denn<lb/>
geſetzt/ daß zu dem Weſen der Liebe die Gefaͤl-<lb/>
ligkeiten des aͤußerlichen Thun und Laſſens ge-<lb/>
hoͤreten; oder aber geſtandenen Falls/ daß/<lb/>
weil dieſe unausbleibliche Zeichen wahrer Liebe<lb/>
ſeyn/ zum wenigſten doch das Verlangen zu de-<lb/>
nenſelben nicht <hi rendition="#aq">irraiſonable</hi> ſeyn koͤnne/ ſo fol-<lb/>
get doch nicht alſofort/ daß man auch die Lie-<lb/>
bes-Gunſten/ die auff die Vermiſchung des Lei-<lb/>
bes zielen/ hierunter rechnen muͤſſe/ ſondern wir<lb/>
muͤſſen von dieſen abſonderlich etwas mehrers<lb/>
reden.</p>
</div><lb/>
<div n="3">
<head>40.</head>
<p>Zwar iſt es wohl an dem/ daß das ſchwache<lb/><hi rendition="#fr">Licht der menſchlichen Vernunfft</hi> ohne<lb/>
goͤttliche Offenbahrung in Erkaͤntniß des allge-<lb/>
meinen Ubels der <hi rendition="#fr">Luſt-Seuche</hi> ziemlich in fin-<lb/>
ſtern herum tappe/ und weil ihr von dem Suͤn-<lb/>
den-Fall der erſten Eltern nichts wiſſend iſt/<lb/>
auch die Unzulaͤßigkeit und Boßheit derſelben<lb/>
fuͤr ſich ſelbſt nicht allenthalben <hi rendition="#aq">penetri</hi>re/ ſon-<lb/>
dern manches Thun und Laſſen fuͤr zulaͤßlich<lb/>
halten muͤſſe/ von welchen uns das goͤttliche<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ge-</fw><lb/></p>
</div>
</div>
</div>
</body>
</text>
</TEI>
[175/0207]
Liebe anderer Menſchen uͤberhaupt.
ten/ wenn man unbetriegliche Proben hat/ daß
ſie nicht von auffrichtigen Hertzen/ ſondern von
einer Schein- und Heuchel-Liebe entſtanden.
39. Nach dieſen muß man auch einen groſſen
ſen Unterſcheid unter denen andern Liebes-
Bezeugungen die durch das aͤußerliche Thun
und Laſſen ausgedruckt werden/ und unter der
Vereinigung der Leiber die durch die Ver-
miſchung derſelben geſchiehet/ machen. Denn
geſetzt/ daß zu dem Weſen der Liebe die Gefaͤl-
ligkeiten des aͤußerlichen Thun und Laſſens ge-
hoͤreten; oder aber geſtandenen Falls/ daß/
weil dieſe unausbleibliche Zeichen wahrer Liebe
ſeyn/ zum wenigſten doch das Verlangen zu de-
nenſelben nicht irraiſonable ſeyn koͤnne/ ſo fol-
get doch nicht alſofort/ daß man auch die Lie-
bes-Gunſten/ die auff die Vermiſchung des Lei-
bes zielen/ hierunter rechnen muͤſſe/ ſondern wir
muͤſſen von dieſen abſonderlich etwas mehrers
reden.
40. Zwar iſt es wohl an dem/ daß das ſchwache
Licht der menſchlichen Vernunfft ohne
goͤttliche Offenbahrung in Erkaͤntniß des allge-
meinen Ubels der Luſt-Seuche ziemlich in fin-
ſtern herum tappe/ und weil ihr von dem Suͤn-
den-Fall der erſten Eltern nichts wiſſend iſt/
auch die Unzulaͤßigkeit und Boßheit derſelben
fuͤr ſich ſelbſt nicht allenthalben penetrire/ ſon-
dern manches Thun und Laſſen fuͤr zulaͤßlich
halten muͤſſe/ von welchen uns das goͤttliche
ge-