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Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

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Das 4. H. von der vernünfftigen
lich belustigen/ oder die rar sind/ und derer Ge-
brauch uns eine Zärtligkeit angewehnet. Und
unter denen Menschen solche Leute/ die in denen
Wohllüsten stecken/ die Ehrgeitzig/ Geld-
begierig/
mit einem Wort: die nicht tugend-
hafft sind/ wenn sie auch gleich sonsten noch so
angenehm und artig/ oder auch scharffsinnig
und verständig wären.

22.

Und hat sich dannenhero ein vernünffti-
ger Mensch destomehr für dergleichen Liebe in
acht zu nehmen/ weil andere vernünfftige Men-
schen ihn nach denen Personen die er liebet/
gewißlich urtheilen werden/
indem alle Liebe
sich in einer Gleichheit gründet/ weil sie aus der
Meynung von der Güte eines Dinges entstehet/
alles Gute aber wie wir im ersten Capitel ge-
sagt/ in einer Gleich förmigkeit mit andern Din-
gen beruhet.

23.

Woltest du nun gleich fürwenden/ du
liebetest diesen Menschen nicht/ weil er dieses
Laster an sich habe/ sondern wegen seiner Ar-
tigkeit
und scharffsinnigen Verstandes/ so
must du doch wohl in acht nehmen/ daß du dich
nicht selbst betriegest. Ein anders ist jemand
hochschätzen/ ein anders jemand lieben. Du
kanst einen solchen Menschen wegen seiner Ar-
tigkeit und Verstand wohl hoch halten/ aber in
der Liebe suchestu die Vereinigung der Gemüther
und des Willens/ und also mustu dich seiner La-
ster theilhafftig machen.

24. Und

Das 4. H. von der vernuͤnfftigen
lich beluſtigen/ oder die rar ſind/ und derer Ge-
brauch uns eine Zaͤrtligkeit angewehnet. Und
unter denen Menſchen ſolche Leute/ die in denen
Wohlluͤſten ſtecken/ die Ehrgeitzig/ Geld-
begierig/
mit einem Wort: die nicht tugend-
hafft ſind/ wenn ſie auch gleich ſonſten noch ſo
angenehm und artig/ oder auch ſcharffſinnig
und verſtaͤndig waͤren.

22.

Und hat ſich dannenhero ein vernuͤnffti-
ger Menſch deſtomehr fuͤr dergleichen Liebe in
acht zu nehmen/ weil andere vernuͤnfftige Men-
ſchen ihn nach denen Perſonen die er liebet/
gewißlich urtheilen werden/
indem alle Liebe
ſich in einer Gleichheit gruͤndet/ weil ſie aus der
Meynung von der Guͤte eines Dinges entſtehet/
alles Gute aber wie wir im erſten Capitel ge-
ſagt/ in einer Gleich foͤrmigkeit mit andern Din-
gen beruhet.

23.

Wolteſt du nun gleich fuͤrwenden/ du
liebeteſt dieſen Menſchen nicht/ weil er dieſes
Laſter an ſich habe/ ſondern wegen ſeiner Ar-
tigkeit
und ſcharffſinnigen Verſtandes/ ſo
muſt du doch wohl in acht nehmen/ daß du dich
nicht ſelbſt betriegeſt. Ein anders iſt jemand
hochſchaͤtzen/ ein anders jemand lieben. Du
kanſt einen ſolchen Menſchen wegen ſeiner Ar-
tigkeit und Verſtand wohl hoch halten/ aber in
der Liebe ſucheſtu die Vereinigung der Gemuͤther
und des Willens/ und alſo muſtu dich ſeiner La-
ſter theilhafftig machen.

24. Und
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[166/0198] Das 4. H. von der vernuͤnfftigen lich beluſtigen/ oder die rar ſind/ und derer Ge- brauch uns eine Zaͤrtligkeit angewehnet. Und unter denen Menſchen ſolche Leute/ die in denen Wohlluͤſten ſtecken/ die Ehrgeitzig/ Geld- begierig/ mit einem Wort: die nicht tugend- hafft ſind/ wenn ſie auch gleich ſonſten noch ſo angenehm und artig/ oder auch ſcharffſinnig und verſtaͤndig waͤren. 22. Und hat ſich dannenhero ein vernuͤnffti- ger Menſch deſtomehr fuͤr dergleichen Liebe in acht zu nehmen/ weil andere vernuͤnfftige Men- ſchen ihn nach denen Perſonen die er liebet/ gewißlich urtheilen werden/ indem alle Liebe ſich in einer Gleichheit gruͤndet/ weil ſie aus der Meynung von der Guͤte eines Dinges entſtehet/ alles Gute aber wie wir im erſten Capitel ge- ſagt/ in einer Gleich foͤrmigkeit mit andern Din- gen beruhet. 23. Wolteſt du nun gleich fuͤrwenden/ du liebeteſt dieſen Menſchen nicht/ weil er dieſes Laſter an ſich habe/ ſondern wegen ſeiner Ar- tigkeit und ſcharffſinnigen Verſtandes/ ſo muſt du doch wohl in acht nehmen/ daß du dich nicht ſelbſt betriegeſt. Ein anders iſt jemand hochſchaͤtzen/ ein anders jemand lieben. Du kanſt einen ſolchen Menſchen wegen ſeiner Ar- tigkeit und Verſtand wohl hoch halten/ aber in der Liebe ſucheſtu die Vereinigung der Gemuͤther und des Willens/ und alſo muſtu dich ſeiner La- ſter theilhafftig machen. 24. Und

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/198>, abgerufen am 21.12.2024.