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Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

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Das 4. H. von der vernünfftigen
Haupt-Stücke noch deutlicher erweisen/ daß in
ihr das einige Mittel zu der grösten Glückseelig-
keit zu erlangen bestehe.

3.

Lieben wird zwar von unterschiedenen
Dingen gesaget/ und kan dannenhero in seiner
weitläufftigen Bedeutung nicht füglicher be-
schrieben werden. Wir haben gesaget/ daß
GOtt die Menschen liebe. Daß der Mensch
viele Dinge liebe/ wird niemand läugnen. Von
denen Bestien spricht man/ daß sie sich selbst
untereinander/ auch wohl andere Dinge/ oder
gar den Menschen selbst lieben. So schreibet
man auch denen Bäumen unter einander eine
Liebe zu; Ja es ist nichts ungemeines/ daß man
nicht auch von leblosen Dingen/ als z. e. dem
Magnet und Eisen eine Liebe sagen solle.

4.

Zwar was die Liebe der Bäume und der
leblosen Sachen betrifft/ so hält man wohl
durchgehends davor/ daß dieselbe von diesen
Dingen nicht in eigenen Verstande genommen
werden/ weil es gantz offenbahr/ daß sie keiner
Gemüths-Neigungen fähig sind. Und also blei-
bet die Liebe GOttes/ der Menschen und der
Thiere noch übrig/ die wir uns so dann wohl
von einander zu entscheiden befleißigen müssen.

5.

Alles dasjenige/ was wir an uns be-
finden/ und doch von GOtt zu sagen pfle-
gen/ daß wird nur Gleichniß Weise von
GOtt/ in eigenen Verstande aber von uns
geredet. Und alles was wir an uns befin-

den

Das 4. H. von der vernuͤnfftigen
Haupt-Stuͤcke noch deutlicher erweiſen/ daß in
ihr das einige Mittel zu der groͤſten Gluͤckſeelig-
keit zu erlangen beſtehe.

3.

Lieben wird zwar von unterſchiedenen
Dingen geſaget/ und kan dannenhero in ſeiner
weitlaͤufftigen Bedeutung nicht fuͤglicher be-
ſchrieben werden. Wir haben geſaget/ daß
GOtt die Menſchen liebe. Daß der Menſch
viele Dinge liebe/ wird niemand laͤugnen. Von
denen Beſtien ſpricht man/ daß ſie ſich ſelbſt
untereinander/ auch wohl andere Dinge/ oder
gar den Menſchen ſelbſt lieben. So ſchreibet
man auch denen Baͤumen unter einander eine
Liebe zu; Ja es iſt nichts ungemeines/ daß man
nicht auch von lebloſen Dingen/ als z. e. dem
Magnet und Eiſen eine Liebe ſagen ſolle.

4.

Zwar was die Liebe der Baͤume und der
lebloſen Sachen betrifft/ ſo haͤlt man wohl
durchgehends davor/ daß dieſelbe von dieſen
Dingen nicht in eigenen Verſtande genommen
werden/ weil es gantz offenbahr/ daß ſie keiner
Gemuͤths-Neigungen faͤhig ſind. Und alſo blei-
bet die Liebe GOttes/ der Menſchen und der
Thiere noch uͤbrig/ die wir uns ſo dann wohl
von einander zu entſcheiden befleißigen muͤſſen.

5.

Alles dasjenige/ was wir an uns be-
finden/ und doch von GOtt zu ſagen pfle-
gen/ daß wird nur Gleichniß Weiſe von
GOtt/ in eigenen Verſtande aber von uns
geredet. Und alles was wir an uns befin-

den
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[158/0190] Das 4. H. von der vernuͤnfftigen Haupt-Stuͤcke noch deutlicher erweiſen/ daß in ihr das einige Mittel zu der groͤſten Gluͤckſeelig- keit zu erlangen beſtehe. 3. Lieben wird zwar von unterſchiedenen Dingen geſaget/ und kan dannenhero in ſeiner weitlaͤufftigen Bedeutung nicht fuͤglicher be- ſchrieben werden. Wir haben geſaget/ daß GOtt die Menſchen liebe. Daß der Menſch viele Dinge liebe/ wird niemand laͤugnen. Von denen Beſtien ſpricht man/ daß ſie ſich ſelbſt untereinander/ auch wohl andere Dinge/ oder gar den Menſchen ſelbſt lieben. So ſchreibet man auch denen Baͤumen unter einander eine Liebe zu; Ja es iſt nichts ungemeines/ daß man nicht auch von lebloſen Dingen/ als z. e. dem Magnet und Eiſen eine Liebe ſagen ſolle. 4. Zwar was die Liebe der Baͤume und der lebloſen Sachen betrifft/ ſo haͤlt man wohl durchgehends davor/ daß dieſelbe von dieſen Dingen nicht in eigenen Verſtande genommen werden/ weil es gantz offenbahr/ daß ſie keiner Gemuͤths-Neigungen faͤhig ſind. Und alſo blei- bet die Liebe GOttes/ der Menſchen und der Thiere noch uͤbrig/ die wir uns ſo dann wohl von einander zu entſcheiden befleißigen muͤſſen. 5. Alles dasjenige/ was wir an uns be- finden/ und doch von GOtt zu ſagen pfle- gen/ daß wird nur Gleichniß Weiſe von GOtt/ in eigenen Verſtande aber von uns geredet. Und alles was wir an uns befin- den

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/190>, abgerufen am 21.12.2024.