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Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

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Das 3. Hauptst. von Gott als dem
der die Menschen/ Thiere/ und andere irrdische
Creaturen für Gott hält.

65.

Denn was die himmlischen Cörper/
als Sonne/ Mond/ und Sternen betrifft/ die
wir Christen Geschöpffe zu seyn glauben/ mit de-
nen hat es in Ansehen des schwachen natür-
lichen Lichts eine andere Bewandniß. Zum
wenigsten kan ich nicht absehen/ mit was für ei-
nen bezwingenden Grund man einen Heyden/
der z. e. die Sonne anbetet/ überzeugen wolte/
daß die Sonne nicht die erste Ursache der irr-
dischen und veränderlichen Geschöpffe sey/ in an-
sehen unsere Vernunfft den Einfluß der Sonne
in diese Cörper täglich erkennet/ und keine Ver-
änderung derselben ohne die heilige Schrifft ge-
wiß behaupten kan; wiewohl er deshalben für
GOtt nicht entschuldiget ist.

66.

So kan man nun nach Anleitung dieser
Betrachtung Abgötterey/ in eine raisona-
ble
und irraisonable Abgötterey eintheilen.
Jene nenne ich die jenige/ die zwar nicht wider die
Vernunfft/ aber doch wider die göttliche Offen-
bahrung streitet; Diese aber/ die auch der allen
Menschen gemeinen Vernunfft zuwider ist.
Jene gehöret hieher nicht/ sondern muß der
Theologie überlassen werde; Diese aber wird
von uns in diesem Capitel fürnehmlich be-
trachtet.

67.

Jedoch ist diese Anmerckung nicht zu
übergehen/ daß die barbarischten Völcker je-

derzeit

Das 3. Hauptſt. von Gott als dem
der die Menſchen/ Thiere/ und andere irrdiſche
Creaturen fuͤr Gott haͤlt.

65.

Denn was die himmliſchen Coͤrper/
als Sonne/ Mond/ und Sternen betrifft/ die
wir Chriſten Geſchoͤpffe zu ſeyn glauben/ mit de-
nen hat es in Anſehen des ſchwachen natuͤr-
lichen Lichts eine andere Bewandniß. Zum
wenigſten kan ich nicht abſehen/ mit was fuͤr ei-
nen bezwingenden Grund man einen Heyden/
der z. e. die Sonne anbetet/ uͤberzeugen wolte/
daß die Sonne nicht die erſte Urſache der irr-
diſchen und veraͤnderlichen Geſchoͤpffe ſey/ in an-
ſehen unſere Vernunfft den Einfluß der Sonne
in dieſe Coͤrper taͤglich erkennet/ und keine Ver-
aͤnderung derſelben ohne die heilige Schrifft ge-
wiß behaupten kan; wiewohl er deshalben fuͤr
GOtt nicht entſchuldiget iſt.

66.

So kan man nun nach Anleitung dieſer
Betrachtung Abgoͤtterey/ in eine raiſona-
ble
und irraiſonable Abgoͤtterey eintheilen.
Jene nenne ich die jenige/ die zwar nicht wider die
Vernunfft/ aber doch wider die goͤttliche Offen-
bahrung ſtreitet; Dieſe aber/ die auch der allen
Menſchen gemeinen Vernunfft zuwider iſt.
Jene gehoͤret hieher nicht/ ſondern muß der
Theologie uͤberlaſſen werde; Dieſe aber wird
von uns in dieſem Capitel fuͤrnehmlich be-
trachtet.

67.

Jedoch iſt dieſe Anmerckung nicht zu
uͤbergehen/ daß die barbariſchten Voͤlcker je-

derzeit
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[146/0178] Das 3. Hauptſt. von Gott als dem der die Menſchen/ Thiere/ und andere irrdiſche Creaturen fuͤr Gott haͤlt. 65. Denn was die himmliſchen Coͤrper/ als Sonne/ Mond/ und Sternen betrifft/ die wir Chriſten Geſchoͤpffe zu ſeyn glauben/ mit de- nen hat es in Anſehen des ſchwachen natuͤr- lichen Lichts eine andere Bewandniß. Zum wenigſten kan ich nicht abſehen/ mit was fuͤr ei- nen bezwingenden Grund man einen Heyden/ der z. e. die Sonne anbetet/ uͤberzeugen wolte/ daß die Sonne nicht die erſte Urſache der irr- diſchen und veraͤnderlichen Geſchoͤpffe ſey/ in an- ſehen unſere Vernunfft den Einfluß der Sonne in dieſe Coͤrper taͤglich erkennet/ und keine Ver- aͤnderung derſelben ohne die heilige Schrifft ge- wiß behaupten kan; wiewohl er deshalben fuͤr GOtt nicht entſchuldiget iſt. 66. So kan man nun nach Anleitung dieſer Betrachtung Abgoͤtterey/ in eine raiſona- ble und irraiſonable Abgoͤtterey eintheilen. Jene nenne ich die jenige/ die zwar nicht wider die Vernunfft/ aber doch wider die goͤttliche Offen- bahrung ſtreitet; Dieſe aber/ die auch der allen Menſchen gemeinen Vernunfft zuwider iſt. Jene gehoͤret hieher nicht/ ſondern muß der Theologie uͤberlaſſen werde; Dieſe aber wird von uns in dieſem Capitel fuͤrnehmlich be- trachtet. 67. Jedoch iſt dieſe Anmerckung nicht zu uͤbergehen/ daß die barbariſchten Voͤlcker je- derzeit

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/178>, abgerufen am 21.11.2024.