Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 3. Hauptst. von Gott als dem
seyn würden/ weil/ wie oberwehnet/ Gott alle Au-
genblick neben den seinigen auch dieser seiner
Feinde Wesen und Seyn erhält.

31.

Eben diese Ursachen trifft er auch bey
dem Vertrauen auff andere Creaturen an/ in-
dem er spühret/ daß alle Menschen unvermögend
seyn/ ihm wider GOttes Willen nur einen Au-
genblick sein Leben und das andere von GOtt
herrührende Gute zu verlängern/ und daß Gott
dieselben in dem moment, da sie ihm zu gute et-
was fürnehmen/ zernichten und vertilgen könne.

32.

Ja er weiß endlich der natürlichen Er-
käntniß nach von keinen andern Gottesdienst/
als von dieser aus kindlichen Vertrauen und
Ehrfurcht herrührenden Begierde/ sein Leben
nach GOttes Willen anzustellen/ und beareisst
für sich selbst nicht/ ob und mit was für äußer-
lichen Ceremonien er sonsten gegen GOTT
seinen Dienst bezeugen solle/
obschon insge-
mein die Gelehrten das Gegentheil zu behau-
pten pflegen/ und dafür halten/ daß der Mensch
von Natur angetrieben werde/ Gott einen äußer-
lichen Gottesdienst durch äußerliche Ceremo-
nien und äußerliches beten/ loben und dancken zu
erweisen.

33.

Dieses aber desto deutlicher zubegreif-
fen must du für allen Dingen recht einnehmen/
wovon allhier die Frage sey/ damit eines Theils
unbedachtsame an diese Lehrsatz sich nicht ärgern
anders Theils aber die in den Verurtheilen

der

Das 3. Hauptſt. von Gott als dem
ſeyn wuͤrden/ weil/ wie oberwehnet/ Gott alle Au-
genblick neben den ſeinigen auch dieſer ſeiner
Feinde Weſen und Seyn erhaͤlt.

31.

Eben dieſe Urſachen trifft er auch bey
dem Vertrauen auff andere Creaturen an/ in-
dem er ſpuͤhret/ daß alle Menſchen unvermoͤgend
ſeyn/ ihm wider GOttes Willen nur einen Au-
genblick ſein Leben und das andere von GOtt
herruͤhrende Gute zu verlaͤngern/ und daß Gott
dieſelben in dem moment, da ſie ihm zu gute et-
was fuͤrnehmen/ zernichten und vertilgen koͤnne.

32.

Ja er weiß endlich der natuͤrlichen Er-
kaͤntniß nach von keinen andern Gottesdienſt/
als von dieſer aus kindlichen Vertrauen und
Ehrfurcht herruͤhrenden Begierde/ ſein Leben
nach GOttes Willen anzuſtellen/ und beareiſſt
fuͤr ſich ſelbſt nicht/ ob und mit was fuͤr aͤußer-
lichen Ceremonien er ſonſten gegen GOTT
ſeinen Dienſt bezeugen ſolle/
obſchon insge-
mein die Gelehrten das Gegentheil zu behau-
pten pflegen/ und dafuͤr halten/ daß der Menſch
von Natur angetrieben werde/ Gott einen aͤußer-
lichen Gottesdienſt durch aͤußerliche Ceremo-
nien und aͤußerliches beten/ loben und dancken zu
erweiſen.

33.

Dieſes aber deſto deutlicher zubegreif-
fen muſt du fuͤr allen Dingen recht einnehmen/
wovon allhier die Frage ſey/ damit eines Theils
unbedachtſame an dieſe Lehrſatz ſich nicht aͤrgern
anders Theils aber die in den Verurtheilen

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0166" n="134"/><fw place="top" type="header">Das 3. Haupt&#x017F;t. von Gott als dem</fw><lb/>
&#x017F;eyn wu&#x0364;rden/ weil/ wie oberwehnet/ Gott alle Au-<lb/>
genblick neben den &#x017F;einigen auch die&#x017F;er &#x017F;einer<lb/>
Feinde We&#x017F;en und Seyn erha&#x0364;lt.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>31.</head>
            <p>Eben die&#x017F;e Ur&#x017F;achen trifft er auch bey<lb/>
dem <hi rendition="#fr">Vertrauen</hi> auff andere Creaturen an/ in-<lb/>
dem er &#x017F;pu&#x0364;hret/ daß alle Men&#x017F;chen unvermo&#x0364;gend<lb/>
&#x017F;eyn/ ihm wider GOttes Willen nur einen Au-<lb/>
genblick &#x017F;ein Leben und das andere von GOtt<lb/>
herru&#x0364;hrende Gute zu verla&#x0364;ngern/ und daß Gott<lb/>
die&#x017F;elben in dem <hi rendition="#aq">moment,</hi> da &#x017F;ie ihm zu gute et-<lb/>
was fu&#x0364;rnehmen/ zernichten und vertilgen ko&#x0364;nne.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>32.</head>
            <p>Ja er weiß endlich der natu&#x0364;rlichen Er-<lb/>
ka&#x0364;ntniß nach von <hi rendition="#fr">keinen andern Gottesdien&#x017F;t/</hi><lb/>
als von die&#x017F;er aus kindlichen Vertrauen und<lb/>
Ehrfurcht herru&#x0364;hrenden Begierde/ &#x017F;ein Leben<lb/>
nach GOttes Willen anzu&#x017F;tellen/ und bearei&#x017F;&#x017F;t<lb/>
fu&#x0364;r &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t nicht/ <hi rendition="#fr">ob und mit was fu&#x0364;r a&#x0364;ußer-<lb/>
lichen Ceremonien er &#x017F;on&#x017F;ten gegen GOTT<lb/>
&#x017F;einen Dien&#x017F;t bezeugen &#x017F;olle/</hi> ob&#x017F;chon insge-<lb/>
mein die Gelehrten das Gegentheil zu behau-<lb/>
pten pflegen/ und dafu&#x0364;r halten/ daß der Men&#x017F;ch<lb/>
von Natur angetrieben werde/ Gott einen a&#x0364;ußer-<lb/>
lichen Gottesdien&#x017F;t durch a&#x0364;ußerliche Ceremo-<lb/>
nien und a&#x0364;ußerliches beten/ loben und dancken zu<lb/>
erwei&#x017F;en.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>33.</head>
            <p>Die&#x017F;es aber de&#x017F;to deutlicher zubegreif-<lb/>
fen mu&#x017F;t du fu&#x0364;r allen Dingen recht einnehmen/<lb/>
wovon allhier die Frage &#x017F;ey/ damit eines Theils<lb/><hi rendition="#fr">unbedacht&#x017F;ame</hi> an die&#x017F;e Lehr&#x017F;atz &#x017F;ich nicht a&#x0364;rgern<lb/>
anders Theils aber die in den <hi rendition="#fr">Verurtheilen</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">der</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0166] Das 3. Hauptſt. von Gott als dem ſeyn wuͤrden/ weil/ wie oberwehnet/ Gott alle Au- genblick neben den ſeinigen auch dieſer ſeiner Feinde Weſen und Seyn erhaͤlt. 31. Eben dieſe Urſachen trifft er auch bey dem Vertrauen auff andere Creaturen an/ in- dem er ſpuͤhret/ daß alle Menſchen unvermoͤgend ſeyn/ ihm wider GOttes Willen nur einen Au- genblick ſein Leben und das andere von GOtt herruͤhrende Gute zu verlaͤngern/ und daß Gott dieſelben in dem moment, da ſie ihm zu gute et- was fuͤrnehmen/ zernichten und vertilgen koͤnne. 32. Ja er weiß endlich der natuͤrlichen Er- kaͤntniß nach von keinen andern Gottesdienſt/ als von dieſer aus kindlichen Vertrauen und Ehrfurcht herruͤhrenden Begierde/ ſein Leben nach GOttes Willen anzuſtellen/ und beareiſſt fuͤr ſich ſelbſt nicht/ ob und mit was fuͤr aͤußer- lichen Ceremonien er ſonſten gegen GOTT ſeinen Dienſt bezeugen ſolle/ obſchon insge- mein die Gelehrten das Gegentheil zu behau- pten pflegen/ und dafuͤr halten/ daß der Menſch von Natur angetrieben werde/ Gott einen aͤußer- lichen Gottesdienſt durch aͤußerliche Ceremo- nien und aͤußerliches beten/ loben und dancken zu erweiſen. 33. Dieſes aber deſto deutlicher zubegreif- fen muſt du fuͤr allen Dingen recht einnehmen/ wovon allhier die Frage ſey/ damit eines Theils unbedachtſame an dieſe Lehrſatz ſich nicht aͤrgern anders Theils aber die in den Verurtheilen der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/166
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/166>, abgerufen am 21.12.2024.