Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Das 2. Hauptst. von der grösten 129. Aber hierauff werden wir dir keine an- 130. Es ist wohl an dem/ daß unzehlich viel curus
Das 2. Hauptſt. von der groͤſten 129. Aber hierauff werden wir dir keine an- 130. Es iſt wohl an dem/ daß unzehlich viel curus
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Das 2. Hauptſt. von der groͤſten
129. Aber hierauff werden wir dir keine an-
dere Antwort geben duͤrffen/ als wenn wir
dir nur fuͤrhalten/ daß die Wohlluſt des Lei-
bes eine unruhige/ unordentliche und empfind-
liche Beluſtigung ſey. Und alſo iſt ſie wahr-
hafftig in ihrer Natur boͤſe/ und derjenige/ der
ſich in ſelbiger umwaͤltzet/ wircklich elende/ indeme
er ſo dann nicht als ein Menſche/ ſondern noch
unvernuͤnfftiger als eine Beſtie lebet/ weil die Be-
ſtien nicht mehr eſſen/ trincken/ und anderer
Wohlluſt des Leibes pflegen/ als ihre Natur
erfordert: Geſchweige denn daß einen vernuͤnff-
tigen Menſchen in die Gedancken kom̃en ſolte/ die
Wohlluſt des Leibes koͤnnte die groͤſte Gluͤckſee-
ligkeit/ oder ein weſentliches Stuͤck/ oder nur ein
Zierrath derſelben ſeyn.
130. Es iſt wohl an dem/ daß unzehlich viel
Leute ihr Thun und Laſſen darnach einrichten/
als wenn dieſe Wohlluſt das hoͤchſte Gut waͤ-
re; Aber ihr eigen Gewiſſen wird ſie allezeit
uͤberzeugen/ daß ſie thoͤricht handeln/ wenn ſie
nicht allbereit durch die angewoͤhnte Beſtialitaͤt
daſſelbige gaͤntzlich eingeſchlaͤffert; Alleine daß
ein Philoſophus jemahls die Meinung ſolte
geheget/ und dieſe Philoſophie Nachfolger ge-
funden haben/ daß dieſe Wohlluſt die groͤſte
Gluͤckſeeligkeit ſey/ werde ich mich nimmermehr
bereden laſſen/ man moͤge auch von deme Ari-
ſtip pus ſagen was man wolle. Denn nach
dem zu unſern Zeiten ein Gasſendus dem Epi-
curus
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