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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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und denen daher rührenden Untugenden.
mit anderer dergleichen geringer und mühsa-
mer Arbeit
sauer werden lassen/ und weil er
aus all zu närrischer Liebe gegen sein Geld und
Gut nichts hazardrret/ gewinnet er auch wenig/
und selten mehr als ein Tagelöhner/ biß er mit
Scharren und Schaben was für sich bringt/ und
sich solcher Gestalt oder durch andere ausseror-
dentliche Zufälle in Macht und Ansehen setzet.
Und dieses ist es demnach/ was ich mühsame
Esels-Arbeit
genennet habe.

38. Endlich/ gleich wie Wohllust und Ehr-
Geitz ihre so zu reden eigene Geburten haben/
die aus ihrem Wesen gezeuget werden/ jene die
Faulheit und Müßiggang/ dieser die zornige
Rachgier; Also ist das Kind des Geitzes der
neidische Schadenfroh.
Ein Geitziger liebet
keinen Menschen: Er hätte gern alles Geld und
Gut/ wenn er es gleich nicht bedarff oder brau-
chen kan/ denn er brauchet es ohne dem wenig
oder nichts. Nun aber ist der Neid eine Be-
gierde/ die Betrübnüs erwecket über eines
andern Menschen seinem Glücke/ wenn man
gleich dasselbe selbst nicht brauchet noch ge-
niesset.
Alles was uns betrübet/ das verhin-
dern wir/ wann es noch zukünfftig ist/ und wann
es gegenwärtig ist/ suchen wir es vom Halse loß
zu werden/ damit die Betrübnüs aufhöre. Also
ist nun die erste Würckung des Neides/ daß
ein Geitziger jederman/ auch seine guten

Freun-

und denen daher ruͤhrenden Untugenden.
mit anderer dergleichen geringer und muͤhſa-
mer Arbeit
ſauer werden laſſen/ und weil er
aus all zu naͤrriſcher Liebe gegen ſein Geld und
Gut nichts hazardrret/ gewinnet er auch wenig/
und ſelten mehr als ein Tageloͤhner/ biß er mit
Scharren und Schaben was fuͤr ſich bringt/ und
ſich ſolcher Geſtalt oder durch andere auſſeror-
dentliche Zufaͤlle in Macht und Anſehen ſetzet.
Und dieſes iſt es demnach/ was ich muͤhſame
Eſels-Arbeit
genennet habe.

38. Endlich/ gleich wie Wohlluſt und Ehr-
Geitz ihre ſo zu reden eigene Geburten haben/
die aus ihrem Weſen gezeuget werden/ jene die
Faulheit und Muͤßiggang/ dieſer die zornige
Rachgier; Alſo iſt das Kind des Geitzes der
neidiſche Schadenfroh.
Ein Geitziger liebet
keinen Menſchen: Er haͤtte gern alles Geld und
Gut/ wenn er es gleich nicht bedarff oder brau-
chen kan/ denn er brauchet es ohne dem wenig
oder nichts. Nun aber iſt der Neid eine Be-
gierde/ die Betruͤbnuͤs erwecket uͤber eines
andern Menſchen ſeinem Gluͤcke/ wenn man
gleich daſſelbe ſelbſt nicht brauchet noch ge-
nieſſet.
Alles was uns betruͤbet/ das verhin-
dern wir/ wann es noch zukuͤnfftig iſt/ und wann
es gegenwaͤrtig iſt/ ſuchen wir es vom Halſe loß
zu werden/ damit die Betruͤbnuͤs aufhoͤre. Alſo
iſt nun die erſte Wuͤrckung des Neides/ daß
ein Geitziger jederman/ auch ſeine guten

Freun-
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[301/0313] und denen daher ruͤhrenden Untugenden. mit anderer dergleichen geringer und muͤhſa- mer Arbeit ſauer werden laſſen/ und weil er aus all zu naͤrriſcher Liebe gegen ſein Geld und Gut nichts hazardrret/ gewinnet er auch wenig/ und ſelten mehr als ein Tageloͤhner/ biß er mit Scharren und Schaben was fuͤr ſich bringt/ und ſich ſolcher Geſtalt oder durch andere auſſeror- dentliche Zufaͤlle in Macht und Anſehen ſetzet. Und dieſes iſt es demnach/ was ich muͤhſame Eſels-Arbeit genennet habe. 38. Endlich/ gleich wie Wohlluſt und Ehr- Geitz ihre ſo zu reden eigene Geburten haben/ die aus ihrem Weſen gezeuget werden/ jene die Faulheit und Muͤßiggang/ dieſer die zornige Rachgier; Alſo iſt das Kind des Geitzes der neidiſche Schadenfroh. Ein Geitziger liebet keinen Menſchen: Er haͤtte gern alles Geld und Gut/ wenn er es gleich nicht bedarff oder brau- chen kan/ denn er brauchet es ohne dem wenig oder nichts. Nun aber iſt der Neid eine Be- gierde/ die Betruͤbnuͤs erwecket uͤber eines andern Menſchen ſeinem Gluͤcke/ wenn man gleich daſſelbe ſelbſt nicht brauchet noch ge- nieſſet. Alles was uns betruͤbet/ das verhin- dern wir/ wann es noch zukuͤnfftig iſt/ und wann es gegenwaͤrtig iſt/ ſuchen wir es vom Halſe loß zu werden/ damit die Betruͤbnuͤs aufhoͤre. Alſo iſt nun die erſte Wuͤrckung des Neides/ daß ein Geitziger jederman/ auch ſeine guten Freun-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/313>, abgerufen am 27.04.2024.