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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Schaafzucht.
eine etwas größere Fläche aussetzt, und einen Theil auf den Nothfall schonet,
und ihn, wenn er zur Weide überflüssig ist, abmähet. Es ist mir ein Beispiel
bekannt, wo 7 Schaafe auf einen Morgen den ganzen Sommer hindurch zurei-
chende Weide gefunden haben.

Die Sommer-Stallfütterung der Schaafe ist ausführbar, wie einige un-
zubezweifelnde Erfahrungen entschieden erweisen. Sie ist aber mit Schwie-
rigkeiten verbunden, die vorerst nur wenigen überwindlich scheinen dürften, und
kaum zu wagen, bevor man nicht einen halbjährigen Hen- und Strohbedarf
von einem Jahre zum andern vorräthig hat.

Eine andere Methode, ihnen ein Feld mit Klee, Wicken u. dgl. als Ne-
benfutter bei mangelnder Weide zu geben, ist die, daß man Horden davor stellt,
die den Schaafen das Durchstecken des Kopfes so weit als möglich gestatten,
und die Horden dann weiter fortschlägt, wenn sie den zunächst stehenden Klee
abgefressen haben.

§. 114.

Die Winterfütterung der Schaafe besteht in der Regel aus Heu und Stroh.Winterfütte-
rung.

Stroh hat sehr wenige nahrhafte Theile, und zwar um so weniger, je reiner
es vom Unkraute ist, je reifer es ward, und je sorgfaltiger die Körner ausge-
droschen worden. Es ist bei weitem zu hoch angenommen, wenn man solches
reines Stroh in seiner Nahrhaftigkeit der Hälfte des Heues gleich schätzt, und
dies wird sich nur in dem Falle, wo noch viele Körner darin geblieben waren,
bestätigen. Indessen füllt es den Magen, und mindert das Gefühl des Hun-
gers, wenn nichts nahrhafteres gegeben werden kann, und man trifft wohl
Schäfereien, die vom Herbste an, bis zu der mehrentheils spät hinausgesetzten
Lammzeit, sich mit bloßem Stroh, neben der dem Zufalle unterworfenen Win-
terweide begnügen müssen. Solche Schaafe kommen aber in einem höchst ent-
kräfteten Zustande aus dem Winter, und geben einen sehr geringen groben Woll-
ertrag, denn feinwollige würden es gar nicht aushalten. Nahrhafter ist das
Stroh der Hülsenfrüchte, auch des Buchweizens, besonders wenn sie gemähet
wurden, wie ein Theil ihrer Blätter noch grün war. Dieses Stroh kann da-
her futterarme Wirthschaften mit ihren Schäfereien noch durchhelfen, und wird
oft den Schaafen als ein Leckerbissen angerechnet, und bis gegen die Lammzeit

Die Schaafzucht.
eine etwas groͤßere Flaͤche ausſetzt, und einen Theil auf den Nothfall ſchonet,
und ihn, wenn er zur Weide uͤberfluͤſſig iſt, abmaͤhet. Es iſt mir ein Beiſpiel
bekannt, wo 7 Schaafe auf einen Morgen den ganzen Sommer hindurch zurei-
chende Weide gefunden haben.

Die Sommer-Stallfuͤtterung der Schaafe iſt ausfuͤhrbar, wie einige un-
zubezweifelnde Erfahrungen entſchieden erweiſen. Sie iſt aber mit Schwie-
rigkeiten verbunden, die vorerſt nur wenigen uͤberwindlich ſcheinen duͤrften, und
kaum zu wagen, bevor man nicht einen halbjaͤhrigen Hen- und Strohbedarf
von einem Jahre zum andern vorraͤthig hat.

Eine andere Methode, ihnen ein Feld mit Klee, Wicken u. dgl. als Ne-
benfutter bei mangelnder Weide zu geben, iſt die, daß man Horden davor ſtellt,
die den Schaafen das Durchſtecken des Kopfes ſo weit als moͤglich geſtatten,
und die Horden dann weiter fortſchlaͤgt, wenn ſie den zunaͤchſt ſtehenden Klee
abgefreſſen haben.

§. 114.

Die Winterfuͤtterung der Schaafe beſteht in der Regel aus Heu und Stroh.Winterfuͤtte-
rung.

Stroh hat ſehr wenige nahrhafte Theile, und zwar um ſo weniger, je reiner
es vom Unkraute iſt, je reifer es ward, und je ſorgfaltiger die Koͤrner ausge-
droſchen worden. Es iſt bei weitem zu hoch angenommen, wenn man ſolches
reines Stroh in ſeiner Nahrhaftigkeit der Haͤlfte des Heues gleich ſchaͤtzt, und
dies wird ſich nur in dem Falle, wo noch viele Koͤrner darin geblieben waren,
beſtaͤtigen. Indeſſen fuͤllt es den Magen, und mindert das Gefuͤhl des Hun-
gers, wenn nichts nahrhafteres gegeben werden kann, und man trifft wohl
Schaͤfereien, die vom Herbſte an, bis zu der mehrentheils ſpaͤt hinausgeſetzten
Lammzeit, ſich mit bloßem Stroh, neben der dem Zufalle unterworfenen Win-
terweide begnuͤgen muͤſſen. Solche Schaafe kommen aber in einem hoͤchſt ent-
kraͤfteten Zuſtande aus dem Winter, und geben einen ſehr geringen groben Woll-
ertrag, denn feinwollige wuͤrden es gar nicht aushalten. Nahrhafter iſt das
Stroh der Huͤlſenfruͤchte, auch des Buchweizens, beſonders wenn ſie gemaͤhet
wurden, wie ein Theil ihrer Blaͤtter noch gruͤn war. Dieſes Stroh kann da-
her futterarme Wirthſchaften mit ihren Schaͤfereien noch durchhelfen, und wird
oft den Schaafen als ein Leckerbiſſen angerechnet, und bis gegen die Lammzeit

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[413/0437] Die Schaafzucht. eine etwas groͤßere Flaͤche ausſetzt, und einen Theil auf den Nothfall ſchonet, und ihn, wenn er zur Weide uͤberfluͤſſig iſt, abmaͤhet. Es iſt mir ein Beiſpiel bekannt, wo 7 Schaafe auf einen Morgen den ganzen Sommer hindurch zurei- chende Weide gefunden haben. Die Sommer-Stallfuͤtterung der Schaafe iſt ausfuͤhrbar, wie einige un- zubezweifelnde Erfahrungen entſchieden erweiſen. Sie iſt aber mit Schwie- rigkeiten verbunden, die vorerſt nur wenigen uͤberwindlich ſcheinen duͤrften, und kaum zu wagen, bevor man nicht einen halbjaͤhrigen Hen- und Strohbedarf von einem Jahre zum andern vorraͤthig hat. Eine andere Methode, ihnen ein Feld mit Klee, Wicken u. dgl. als Ne- benfutter bei mangelnder Weide zu geben, iſt die, daß man Horden davor ſtellt, die den Schaafen das Durchſtecken des Kopfes ſo weit als moͤglich geſtatten, und die Horden dann weiter fortſchlaͤgt, wenn ſie den zunaͤchſt ſtehenden Klee abgefreſſen haben. §. 114. Die Winterfuͤtterung der Schaafe beſteht in der Regel aus Heu und Stroh. Stroh hat ſehr wenige nahrhafte Theile, und zwar um ſo weniger, je reiner es vom Unkraute iſt, je reifer es ward, und je ſorgfaltiger die Koͤrner ausge- droſchen worden. Es iſt bei weitem zu hoch angenommen, wenn man ſolches reines Stroh in ſeiner Nahrhaftigkeit der Haͤlfte des Heues gleich ſchaͤtzt, und dies wird ſich nur in dem Falle, wo noch viele Koͤrner darin geblieben waren, beſtaͤtigen. Indeſſen fuͤllt es den Magen, und mindert das Gefuͤhl des Hun- gers, wenn nichts nahrhafteres gegeben werden kann, und man trifft wohl Schaͤfereien, die vom Herbſte an, bis zu der mehrentheils ſpaͤt hinausgeſetzten Lammzeit, ſich mit bloßem Stroh, neben der dem Zufalle unterworfenen Win- terweide begnuͤgen muͤſſen. Solche Schaafe kommen aber in einem hoͤchſt ent- kraͤfteten Zuſtande aus dem Winter, und geben einen ſehr geringen groben Woll- ertrag, denn feinwollige wuͤrden es gar nicht aushalten. Nahrhafter iſt das Stroh der Huͤlſenfruͤchte, auch des Buchweizens, beſonders wenn ſie gemaͤhet wurden, wie ein Theil ihrer Blaͤtter noch gruͤn war. Dieſes Stroh kann da- her futterarme Wirthſchaften mit ihren Schaͤfereien noch durchhelfen, und wird oft den Schaafen als ein Leckerbiſſen angerechnet, und bis gegen die Lammzeit Winterfuͤtte- rung.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/437>, abgerufen am 22.12.2024.