schon oben erwähnt, die Zeitumstände mit, und man muß sich allerdings danach richten, jedoch nicht dermaßen, daß man sich außer Stand setzte, mit einer Abän- derung der Zeitumstände auch sein Viehverhältniß wieder abändern zu können.
So wie seit zehn Jahren das Verhältniß des Fleisch- und Butterpreises gegen den Wollpreis gestanden hat -- obgleich beide sehr hoch waren -- ist der Vortheil der Schäferei auf Weiden, die für beide Thierarten gleich passend wa- ren, entschieden größer gewesen, als der der Molkerei. Bei der Stallfütterung der Kühe ist dies aber nicht der Fall, weil Stallfütterung an Weideraum so viel erspart, daß dadurch die Gleichheit des reinen Ertrages vom Grund und Bo- den wenigstens wieder hergestellt wird. Wenn aber die Stallfütterung, die weit leichter bei dem Rindvieh als bei den Schaafen anzuwenden ist, das Re- sultat auch zum Vortheil des ersteren lenken sollte, so wird sie unter unseren Verhältnissen doch nur selten zur Verminderung der Schäferei leiten, son- dern im Gegentheil zu ihrer Vermehrung führen; indem sie so vielen Weide- raum erspart, der dann bloß mit letzteren benutzt werden kann.
§. 100.
Die mannigfaltigen und sehr ausgezeichneten Racen der Schaafe, die wirSchaarfacen. in den verschiedenen Welttheilen antreffen, sind ein interessanter Gegenstand für die Naturgeschichte, gehören aber nicht für die Landwirthschaftslehre. Auch rede ich nicht von denen Racen, welche wir in verschiedenen entfernteren und von uns getrennten Europäischen Ländern antreffen. Ueber die mannigfaltigen Racen, die allein Brittannien aufstellt, habe ich in meiner englischen Landwirth- schaft geredet; auch kann man darüber nachsehen:
Culley, über die Auswahl und Veredlung der vorzüglichsten Hausthiere, aus dem Engl. von Daum, mit Kupfern von Witte. Berlin, 1804.
Ich beschränke mich auf diejenigen, welche wir auf deutschem Boden an- treffen, sie mögen auf demselben ursprünglich in uralten Zeiten, oder in neue- ren eingeführt seyn. Es sind vier Hauptarten,
a) die Haidschaafe;
b) die Marsch- oder Niederungsschaafe;
c) die gewöhnlichen Landschaafe;
d) die Merinoschaafe.
Vierter Theil. D d d
Die Schaafzucht.
ſchon oben erwaͤhnt, die Zeitumſtaͤnde mit, und man muß ſich allerdings danach richten, jedoch nicht dermaßen, daß man ſich außer Stand ſetzte, mit einer Abaͤn- derung der Zeitumſtaͤnde auch ſein Viehverhaͤltniß wieder abaͤndern zu koͤnnen.
So wie ſeit zehn Jahren das Verhaͤltniß des Fleiſch- und Butterpreiſes gegen den Wollpreis geſtanden hat — obgleich beide ſehr hoch waren — iſt der Vortheil der Schaͤferei auf Weiden, die fuͤr beide Thierarten gleich paſſend wa- ren, entſchieden groͤßer geweſen, als der der Molkerei. Bei der Stallfuͤtterung der Kuͤhe iſt dies aber nicht der Fall, weil Stallfuͤtterung an Weideraum ſo viel erſpart, daß dadurch die Gleichheit des reinen Ertrages vom Grund und Bo- den wenigſtens wieder hergeſtellt wird. Wenn aber die Stallfuͤtterung, die weit leichter bei dem Rindvieh als bei den Schaafen anzuwenden iſt, das Re- ſultat auch zum Vortheil des erſteren lenken ſollte, ſo wird ſie unter unſeren Verhaͤltniſſen doch nur ſelten zur Verminderung der Schaͤferei leiten, ſon- dern im Gegentheil zu ihrer Vermehrung fuͤhren; indem ſie ſo vielen Weide- raum erſpart, der dann bloß mit letzteren benutzt werden kann.
§. 100.
Die mannigfaltigen und ſehr ausgezeichneten Raçen der Schaafe, die wirSchaarfaçen. in den verſchiedenen Welttheilen antreffen, ſind ein intereſſanter Gegenſtand fuͤr die Naturgeſchichte, gehoͤren aber nicht fuͤr die Landwirthſchaftslehre. Auch rede ich nicht von denen Raçen, welche wir in verſchiedenen entfernteren und von uns getrennten Europaͤiſchen Laͤndern antreffen. Ueber die mannigfaltigen Raçen, die allein Brittannien aufſtellt, habe ich in meiner engliſchen Landwirth- ſchaft geredet; auch kann man daruͤber nachſehen:
Culley, uͤber die Auswahl und Veredlung der vorzuͤglichſten Hausthiere, aus dem Engl. von Daum, mit Kupfern von Witte. Berlin, 1804.
Ich beſchraͤnke mich auf diejenigen, welche wir auf deutſchem Boden an- treffen, ſie moͤgen auf demſelben urſpruͤnglich in uralten Zeiten, oder in neue- ren eingefuͤhrt ſeyn. Es ſind vier Hauptarten,
a) die Haidſchaafe;
b) die Marſch- oder Niederungsſchaafe;
c) die gewoͤhnlichen Landſchaafe;
d) die Merinoſchaafe.
Vierter Theil. D d d
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Die Schaafzucht.
ſchon oben erwaͤhnt, die Zeitumſtaͤnde mit, und man muß ſich allerdings danach
richten, jedoch nicht dermaßen, daß man ſich außer Stand ſetzte, mit einer Abaͤn-
derung der Zeitumſtaͤnde auch ſein Viehverhaͤltniß wieder abaͤndern zu koͤnnen.
So wie ſeit zehn Jahren das Verhaͤltniß des Fleiſch- und Butterpreiſes
gegen den Wollpreis geſtanden hat — obgleich beide ſehr hoch waren — iſt der
Vortheil der Schaͤferei auf Weiden, die fuͤr beide Thierarten gleich paſſend wa-
ren, entſchieden groͤßer geweſen, als der der Molkerei. Bei der Stallfuͤtterung
der Kuͤhe iſt dies aber nicht der Fall, weil Stallfuͤtterung an Weideraum ſo viel
erſpart, daß dadurch die Gleichheit des reinen Ertrages vom Grund und Bo-
den wenigſtens wieder hergeſtellt wird. Wenn aber die Stallfuͤtterung, die
weit leichter bei dem Rindvieh als bei den Schaafen anzuwenden iſt, das Re-
ſultat auch zum Vortheil des erſteren lenken ſollte, ſo wird ſie unter unſeren
Verhaͤltniſſen doch nur ſelten zur Verminderung der Schaͤferei leiten, ſon-
dern im Gegentheil zu ihrer Vermehrung fuͤhren; indem ſie ſo vielen Weide-
raum erſpart, der dann bloß mit letzteren benutzt werden kann.
§. 100.
Die mannigfaltigen und ſehr ausgezeichneten Raçen der Schaafe, die wir
in den verſchiedenen Welttheilen antreffen, ſind ein intereſſanter Gegenſtand
fuͤr die Naturgeſchichte, gehoͤren aber nicht fuͤr die Landwirthſchaftslehre. Auch
rede ich nicht von denen Raçen, welche wir in verſchiedenen entfernteren und
von uns getrennten Europaͤiſchen Laͤndern antreffen. Ueber die mannigfaltigen
Raçen, die allein Brittannien aufſtellt, habe ich in meiner engliſchen Landwirth-
ſchaft geredet; auch kann man daruͤber nachſehen:
Schaarfaçen.
Culley, uͤber die Auswahl und Veredlung der vorzuͤglichſten Hausthiere, aus
dem Engl. von Daum, mit Kupfern von Witte. Berlin, 1804.
Ich beſchraͤnke mich auf diejenigen, welche wir auf deutſchem Boden an-
treffen, ſie moͤgen auf demſelben urſpruͤnglich in uralten Zeiten, oder in neue-
ren eingefuͤhrt ſeyn. Es ſind vier Hauptarten,
a) die Haidſchaafe;
b) die Marſch- oder Niederungsſchaafe;
c) die gewoͤhnlichen Landſchaafe;
d) die Merinoſchaafe.
Vierter Theil. D d d
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/417>, abgerufen am 22.02.2025.
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