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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Saat.
verstärken solle. Diese unmittelbar an den Saamen angebrachte Düngungs-
mittel sind aber der Theorie und unbefangener Erfahrung nach hierzu unver-
mögend; denn die erste Nahrung erhält das junge Pflänzchen aus der Sub-
stanz seines Saamenkorns, und wenn es durch seine Wurzeln seine Nahrung
einzuziehen anfängt, so haben sich diese schon zu weit entfernt, um von dem
Düngungsmittel, welches an der Hülse des Saatkorns haftet, Nutzen zu zie-
hen. Sie können also nicht mehr bewirken, als wenn man sie mit dem Bo-
den vermischte, wo dann die angewandte Quantität zu unbedeutend seyn würde.
b) Sauerstoffhaltige und selbst saure Mittel: vorzüglich ist oxygenisirte
Salzsäure, Schwefelsäure, Mennig und andere Bleioxyde, Eisenvitriol, Sal-
peter und Salpetersäure, auch Arsenik dazu empfohlen worden. Man hat
einige dieser Mittel schon zu älteren Zeiten und vor der neueren Entdeckung,
daß der Sauerstoff und die mit Sauerstoff übersättigten und solchen leicht ab-
gebenden Materien die Keimkraft der Saamen lebhaft erweckten, empfohlen,
und durch diese Entdeckung ist die Aufmerksamkeit aufs neue darauf gerichtet
worden. So unstreitig aber die Wirksamkeit des Sauerstoffs zur Aufreizung
des Keimes ist, so haben doch genau angestellte Versuche gezeigt, daß diese
Ueberreizung des Keims und des jungen Pflänzchens keinesweges von guten
Folgen sey, sondern vielmehr der heranwachsenden Pflanze Schwächlichkeit und
Kränklichkeit zuziehe. Eine umsichtige Theorie begründet also die Anwendung
dieser Mittel nicht mehr, um so weniger, da es schwer seyn würde, das ge-
rechte Maaß auszumitteln, und es im Großen, so daß es jedes Korn treffe,
anzuwenden.

Man hat zwar auch den Nebenzweck dadurch erreichen wollen, Insekten
und Vögel abzuhalten oder zu tödten, aber auch dies bewirken die gewöhnli-
chen Einbeizungen nicht, und die giftigen, besonders die arsenikalische, in der
Stärke anzuwenden, daß dieser Zweck erreicht würde, wäre sehr gefährlich.

§. 9.

Jede Frucht hat eine längere oder kürzere Periode, worin sie ausgesäetSaatzeit.
werden kann, um zu ihrer vollen Reife zu gelangen. Ihr Erfolg hängt sehr
oft von einem glücklichen Treffen des günstigen Moments in dieser Periode ab.

Die Saat.
verſtaͤrken ſolle. Dieſe unmittelbar an den Saamen angebrachte Duͤngungs-
mittel ſind aber der Theorie und unbefangener Erfahrung nach hierzu unver-
moͤgend; denn die erſte Nahrung erhaͤlt das junge Pflaͤnzchen aus der Sub-
ſtanz ſeines Saamenkorns, und wenn es durch ſeine Wurzeln ſeine Nahrung
einzuziehen anfaͤngt, ſo haben ſich dieſe ſchon zu weit entfernt, um von dem
Duͤngungsmittel, welches an der Huͤlſe des Saatkorns haftet, Nutzen zu zie-
hen. Sie koͤnnen alſo nicht mehr bewirken, als wenn man ſie mit dem Bo-
den vermiſchte, wo dann die angewandte Quantitaͤt zu unbedeutend ſeyn wuͤrde.
b) Sauerſtoffhaltige und ſelbſt ſaure Mittel: vorzuͤglich iſt oxygeniſirte
Salzſaͤure, Schwefelſaͤure, Mennig und andere Bleioxyde, Eiſenvitriol, Sal-
peter und Salpeterſaͤure, auch Arſenik dazu empfohlen worden. Man hat
einige dieſer Mittel ſchon zu aͤlteren Zeiten und vor der neueren Entdeckung,
daß der Sauerſtoff und die mit Sauerſtoff uͤberſaͤttigten und ſolchen leicht ab-
gebenden Materien die Keimkraft der Saamen lebhaft erweckten, empfohlen,
und durch dieſe Entdeckung iſt die Aufmerkſamkeit aufs neue darauf gerichtet
worden. So unſtreitig aber die Wirkſamkeit des Sauerſtoffs zur Aufreizung
des Keimes iſt, ſo haben doch genau angeſtellte Verſuche gezeigt, daß dieſe
Ueberreizung des Keims und des jungen Pflaͤnzchens keinesweges von guten
Folgen ſey, ſondern vielmehr der heranwachſenden Pflanze Schwaͤchlichkeit und
Kraͤnklichkeit zuziehe. Eine umſichtige Theorie begruͤndet alſo die Anwendung
dieſer Mittel nicht mehr, um ſo weniger, da es ſchwer ſeyn wuͤrde, das ge-
rechte Maaß auszumitteln, und es im Großen, ſo daß es jedes Korn treffe,
anzuwenden.

Man hat zwar auch den Nebenzweck dadurch erreichen wollen, Inſekten
und Voͤgel abzuhalten oder zu toͤdten, aber auch dies bewirken die gewoͤhnli-
chen Einbeizungen nicht, und die giftigen, beſonders die arſenikaliſche, in der
Staͤrke anzuwenden, daß dieſer Zweck erreicht wuͤrde, waͤre ſehr gefaͤhrlich.

§. 9.

Jede Frucht hat eine laͤngere oder kuͤrzere Periode, worin ſie ausgeſaͤetSaatzeit.
werden kann, um zu ihrer vollen Reife zu gelangen. Ihr Erfolg haͤngt ſehr
oft von einem gluͤcklichen Treffen des guͤnſtigen Moments in dieſer Periode ab.

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[13/0037] Die Saat. verſtaͤrken ſolle. Dieſe unmittelbar an den Saamen angebrachte Duͤngungs- mittel ſind aber der Theorie und unbefangener Erfahrung nach hierzu unver- moͤgend; denn die erſte Nahrung erhaͤlt das junge Pflaͤnzchen aus der Sub- ſtanz ſeines Saamenkorns, und wenn es durch ſeine Wurzeln ſeine Nahrung einzuziehen anfaͤngt, ſo haben ſich dieſe ſchon zu weit entfernt, um von dem Duͤngungsmittel, welches an der Huͤlſe des Saatkorns haftet, Nutzen zu zie- hen. Sie koͤnnen alſo nicht mehr bewirken, als wenn man ſie mit dem Bo- den vermiſchte, wo dann die angewandte Quantitaͤt zu unbedeutend ſeyn wuͤrde. b) Sauerſtoffhaltige und ſelbſt ſaure Mittel: vorzuͤglich iſt oxygeniſirte Salzſaͤure, Schwefelſaͤure, Mennig und andere Bleioxyde, Eiſenvitriol, Sal- peter und Salpeterſaͤure, auch Arſenik dazu empfohlen worden. Man hat einige dieſer Mittel ſchon zu aͤlteren Zeiten und vor der neueren Entdeckung, daß der Sauerſtoff und die mit Sauerſtoff uͤberſaͤttigten und ſolchen leicht ab- gebenden Materien die Keimkraft der Saamen lebhaft erweckten, empfohlen, und durch dieſe Entdeckung iſt die Aufmerkſamkeit aufs neue darauf gerichtet worden. So unſtreitig aber die Wirkſamkeit des Sauerſtoffs zur Aufreizung des Keimes iſt, ſo haben doch genau angeſtellte Verſuche gezeigt, daß dieſe Ueberreizung des Keims und des jungen Pflaͤnzchens keinesweges von guten Folgen ſey, ſondern vielmehr der heranwachſenden Pflanze Schwaͤchlichkeit und Kraͤnklichkeit zuziehe. Eine umſichtige Theorie begruͤndet alſo die Anwendung dieſer Mittel nicht mehr, um ſo weniger, da es ſchwer ſeyn wuͤrde, das ge- rechte Maaß auszumitteln, und es im Großen, ſo daß es jedes Korn treffe, anzuwenden. Man hat zwar auch den Nebenzweck dadurch erreichen wollen, Inſekten und Voͤgel abzuhalten oder zu toͤdten, aber auch dies bewirken die gewoͤhnli- chen Einbeizungen nicht, und die giftigen, beſonders die arſenikaliſche, in der Staͤrke anzuwenden, daß dieſer Zweck erreicht wuͤrde, waͤre ſehr gefaͤhrlich. §. 9. Jede Frucht hat eine laͤngere oder kuͤrzere Periode, worin ſie ausgeſaͤet werden kann, um zu ihrer vollen Reife zu gelangen. Ihr Erfolg haͤngt ſehr oft von einem gluͤcklichen Treffen des guͤnſtigen Moments in dieſer Periode ab. Saatzeit.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/37>, abgerufen am 21.11.2024.