Das Tyroler Vieh kömmt diesem in der Gestalt einigermaßen nahe, ist aber wohl im Durchschnitt größer und von rothbrauner Farbe. Man rühmt seine Milchergiebigkeit sehr und es ist deshalb häufig ins ebene Land versetzt worden, wo sich selbst die Original-Tyroler bei der Stallfütterung recht gut halten sollen. Ungeachtet der durch den Transport erhöhten Kostbarkeit hat man es doch neuerlich selbst bis in diese Gegenden verpflanzt.
Das Steyersche Vieh, wenigstens was ich unter diesem Namen kenne, kömmt jener Hasli-Race in seiner Gestalt und Farbe ziemlich gleich, ist jedoch größer. Die Farbe war heller, und dann war der Rückgrad ungewöhnlich stark eingebogen bei den Kühen und Springochsen, die sonst malerisch schön waren. Ich bescheide mich, daß andre die Eigenthümlichkeit dieser Racen richtiger bestim- men werden, wie ich es kann, da ich nur wenige einzelne gesehen habe.
§. 7.
Podolische und Ungari- sche Race.Noch kommt bei uns das Podolische Vieh, über dessen eigentliches Va- terland und Aufzucht ich noch keine bestimmte Nachricht habe erhalten können, aber nur als verschnittene Ochsen, häufig vor. Es ist fast sämmtlich von einer ausgezeichneten greifen Farbe, selten schwarz oder weißgescheckt. Es ist hoch- beinig, und nicht besonders lang gestreckt, aber von beträchtlicher Breite, beson- ders hinten im Kreuz. Als Milchvieh soll es gar nicht brauchbar seyn, weil die Kühe sich nicht ausmelken lassen. Die Ochsen aber sind zur Mastung vor- züglich geschickt. Es muß, wenn es uns gegen den Herbst zugeführt wird, auf den fetten Weiden der Ukraine schon sehr stark aufgesetzt haben, da der weiten Reise ungeachtet ein Theil gleich schlachtbar ist. Ein andrer Theil ist abge- magert, setzt dann aber, wenn er im Stalle angebunden wird, bei Kartoffeln und Heu sehr schnell auf, und kann dann in zehn oder zwölf Wochen zu preis- würdigem Schlachtvieh vollendet, und zu einer Schwere von 800 Pfund ge- bracht werden.
Das Ungarische Vieh soll diesem in der Farbe gleich, aber länger gestreckt und kurzbeiniger seyn. Das Podolische Vieh kann zur Arbeit gebraucht werden, und ist zum Theil sehr sanftmüthig. Doch giebt es einige Ochsen darunter, die sehr bös und unbändig sind. Man hat sie aber nicht sehr ausdauernd gefunden. Das Ungarische Vieh soll zur Arbeit besser und kräftiger seyn.
§. 8.
Die Rindviehzucht.
Das Tyroler Vieh koͤmmt dieſem in der Geſtalt einigermaßen nahe, iſt aber wohl im Durchſchnitt groͤßer und von rothbrauner Farbe. Man ruͤhmt ſeine Milchergiebigkeit ſehr und es iſt deshalb haͤufig ins ebene Land verſetzt worden, wo ſich ſelbſt die Original-Tyroler bei der Stallfuͤtterung recht gut halten ſollen. Ungeachtet der durch den Transport erhoͤhten Koſtbarkeit hat man es doch neuerlich ſelbſt bis in dieſe Gegenden verpflanzt.
Das Steyerſche Vieh, wenigſtens was ich unter dieſem Namen kenne, koͤmmt jener Hasli-Raçe in ſeiner Geſtalt und Farbe ziemlich gleich, iſt jedoch groͤßer. Die Farbe war heller, und dann war der Ruͤckgrad ungewoͤhnlich ſtark eingebogen bei den Kuͤhen und Springochſen, die ſonſt maleriſch ſchoͤn waren. Ich beſcheide mich, daß andre die Eigenthuͤmlichkeit dieſer Raçen richtiger beſtim- men werden, wie ich es kann, da ich nur wenige einzelne geſehen habe.
§. 7.
Podoliſche und Ungari- ſche Raçe.Noch kommt bei uns das Podoliſche Vieh, uͤber deſſen eigentliches Va- terland und Aufzucht ich noch keine beſtimmte Nachricht habe erhalten koͤnnen, aber nur als verſchnittene Ochſen, haͤufig vor. Es iſt faſt ſaͤmmtlich von einer ausgezeichneten greifen Farbe, ſelten ſchwarz oder weißgeſcheckt. Es iſt hoch- beinig, und nicht beſonders lang geſtreckt, aber von betraͤchtlicher Breite, beſon- ders hinten im Kreuz. Als Milchvieh ſoll es gar nicht brauchbar ſeyn, weil die Kuͤhe ſich nicht ausmelken laſſen. Die Ochſen aber ſind zur Maſtung vor- zuͤglich geſchickt. Es muß, wenn es uns gegen den Herbſt zugefuͤhrt wird, auf den fetten Weiden der Ukraine ſchon ſehr ſtark aufgeſetzt haben, da der weiten Reiſe ungeachtet ein Theil gleich ſchlachtbar iſt. Ein andrer Theil iſt abge- magert, ſetzt dann aber, wenn er im Stalle angebunden wird, bei Kartoffeln und Heu ſehr ſchnell auf, und kann dann in zehn oder zwoͤlf Wochen zu preis- wuͤrdigem Schlachtvieh vollendet, und zu einer Schwere von 800 Pfund ge- bracht werden.
Das Ungariſche Vieh ſoll dieſem in der Farbe gleich, aber laͤnger geſtreckt und kurzbeiniger ſeyn. Das Podoliſche Vieh kann zur Arbeit gebraucht werden, und iſt zum Theil ſehr ſanftmuͤthig. Doch giebt es einige Ochſen darunter, die ſehr boͤs und unbaͤndig ſind. Man hat ſie aber nicht ſehr ausdauernd gefunden. Das Ungariſche Vieh ſoll zur Arbeit beſſer und kraͤftiger ſeyn.
§. 8.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0328"n="304"/><fwplace="top"type="header">Die Rindviehzucht.</fw><lb/><p>Das <hirendition="#g">Tyroler</hi> Vieh koͤmmt dieſem in der Geſtalt einigermaßen nahe,<lb/>
iſt aber wohl im Durchſchnitt groͤßer und von rothbrauner Farbe. Man ruͤhmt<lb/>ſeine Milchergiebigkeit ſehr und es iſt deshalb haͤufig ins ebene Land verſetzt<lb/>
worden, wo ſich ſelbſt die Original-Tyroler bei der Stallfuͤtterung recht gut<lb/>
halten ſollen. Ungeachtet der durch den Transport erhoͤhten Koſtbarkeit hat<lb/>
man es doch neuerlich ſelbſt bis in dieſe Gegenden verpflanzt.</p><lb/><p>Das <hirendition="#g">Steyerſche Vieh</hi>, wenigſtens was ich unter dieſem Namen kenne,<lb/>
koͤmmt jener Hasli-Ra<hirendition="#aq">ç</hi>e in ſeiner Geſtalt und Farbe ziemlich gleich, iſt jedoch<lb/>
groͤßer. Die Farbe war heller, und dann war der Ruͤckgrad ungewoͤhnlich ſtark<lb/>
eingebogen bei den Kuͤhen und Springochſen, die ſonſt maleriſch ſchoͤn waren.<lb/>
Ich beſcheide mich, daß andre die Eigenthuͤmlichkeit dieſer Ra<hirendition="#aq">ç</hi>en richtiger beſtim-<lb/>
men werden, wie ich es kann, da ich nur wenige einzelne geſehen habe.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 7.</head><lb/><p><noteplace="left">Podoliſche<lb/>
und Ungari-<lb/>ſche Ra<hirendition="#aq">ç</hi>e.</note>Noch kommt bei uns das <hirendition="#g">Podoliſche</hi> Vieh, uͤber deſſen eigentliches Va-<lb/>
terland und Aufzucht ich noch keine beſtimmte Nachricht habe erhalten koͤnnen,<lb/>
aber nur als verſchnittene Ochſen, haͤufig vor. Es iſt faſt ſaͤmmtlich von einer<lb/>
ausgezeichneten greifen Farbe, ſelten ſchwarz oder weißgeſcheckt. Es iſt hoch-<lb/>
beinig, und nicht beſonders lang geſtreckt, aber von betraͤchtlicher Breite, beſon-<lb/>
ders hinten im Kreuz. Als Milchvieh ſoll es gar nicht brauchbar ſeyn, weil<lb/>
die Kuͤhe ſich nicht ausmelken laſſen. Die Ochſen aber ſind zur Maſtung vor-<lb/>
zuͤglich geſchickt. Es muß, wenn es uns gegen den Herbſt zugefuͤhrt wird, auf<lb/>
den fetten Weiden der Ukraine ſchon ſehr ſtark aufgeſetzt haben, da der weiten<lb/>
Reiſe ungeachtet ein Theil gleich ſchlachtbar iſt. Ein andrer Theil iſt abge-<lb/>
magert, ſetzt dann aber, wenn er im Stalle angebunden wird, bei Kartoffeln<lb/>
und Heu ſehr ſchnell auf, und kann dann in zehn oder zwoͤlf Wochen zu preis-<lb/>
wuͤrdigem Schlachtvieh vollendet, und zu einer Schwere von 800 Pfund ge-<lb/>
bracht werden.</p><lb/><p>Das <hirendition="#g">Ungariſche</hi> Vieh ſoll dieſem in der Farbe gleich, aber laͤnger geſtreckt<lb/>
und kurzbeiniger ſeyn. Das Podoliſche Vieh kann zur Arbeit gebraucht werden,<lb/>
und iſt zum Theil ſehr ſanftmuͤthig. Doch giebt es einige Ochſen darunter, die<lb/>ſehr boͤs und unbaͤndig ſind. Man hat ſie aber nicht ſehr ausdauernd gefunden.<lb/>
Das Ungariſche Vieh ſoll zur Arbeit beſſer und kraͤftiger ſeyn.</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch">§. 8.</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[304/0328]
Die Rindviehzucht.
Das Tyroler Vieh koͤmmt dieſem in der Geſtalt einigermaßen nahe,
iſt aber wohl im Durchſchnitt groͤßer und von rothbrauner Farbe. Man ruͤhmt
ſeine Milchergiebigkeit ſehr und es iſt deshalb haͤufig ins ebene Land verſetzt
worden, wo ſich ſelbſt die Original-Tyroler bei der Stallfuͤtterung recht gut
halten ſollen. Ungeachtet der durch den Transport erhoͤhten Koſtbarkeit hat
man es doch neuerlich ſelbſt bis in dieſe Gegenden verpflanzt.
Das Steyerſche Vieh, wenigſtens was ich unter dieſem Namen kenne,
koͤmmt jener Hasli-Raçe in ſeiner Geſtalt und Farbe ziemlich gleich, iſt jedoch
groͤßer. Die Farbe war heller, und dann war der Ruͤckgrad ungewoͤhnlich ſtark
eingebogen bei den Kuͤhen und Springochſen, die ſonſt maleriſch ſchoͤn waren.
Ich beſcheide mich, daß andre die Eigenthuͤmlichkeit dieſer Raçen richtiger beſtim-
men werden, wie ich es kann, da ich nur wenige einzelne geſehen habe.
§. 7.
Noch kommt bei uns das Podoliſche Vieh, uͤber deſſen eigentliches Va-
terland und Aufzucht ich noch keine beſtimmte Nachricht habe erhalten koͤnnen,
aber nur als verſchnittene Ochſen, haͤufig vor. Es iſt faſt ſaͤmmtlich von einer
ausgezeichneten greifen Farbe, ſelten ſchwarz oder weißgeſcheckt. Es iſt hoch-
beinig, und nicht beſonders lang geſtreckt, aber von betraͤchtlicher Breite, beſon-
ders hinten im Kreuz. Als Milchvieh ſoll es gar nicht brauchbar ſeyn, weil
die Kuͤhe ſich nicht ausmelken laſſen. Die Ochſen aber ſind zur Maſtung vor-
zuͤglich geſchickt. Es muß, wenn es uns gegen den Herbſt zugefuͤhrt wird, auf
den fetten Weiden der Ukraine ſchon ſehr ſtark aufgeſetzt haben, da der weiten
Reiſe ungeachtet ein Theil gleich ſchlachtbar iſt. Ein andrer Theil iſt abge-
magert, ſetzt dann aber, wenn er im Stalle angebunden wird, bei Kartoffeln
und Heu ſehr ſchnell auf, und kann dann in zehn oder zwoͤlf Wochen zu preis-
wuͤrdigem Schlachtvieh vollendet, und zu einer Schwere von 800 Pfund ge-
bracht werden.
Podoliſche
und Ungari-
ſche Raçe.
Das Ungariſche Vieh ſoll dieſem in der Farbe gleich, aber laͤnger geſtreckt
und kurzbeiniger ſeyn. Das Podoliſche Vieh kann zur Arbeit gebraucht werden,
und iſt zum Theil ſehr ſanftmuͤthig. Doch giebt es einige Ochſen darunter, die
ſehr boͤs und unbaͤndig ſind. Man hat ſie aber nicht ſehr ausdauernd gefunden.
Das Ungariſche Vieh ſoll zur Arbeit beſſer und kraͤftiger ſeyn.
§. 8.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/328>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.