Unter den Bergracen ist die Schweizer- Alpen- oder HasliraceDie Vergrace. merkwürdig, wovon uns ebenfalls Herr Witte in seinem Werke: "Deutschlands Rindviehracen 3tes Heft" eine sehr schöne Abbildung gegeben hat. Sie ist nur in den Hochgebirgsgegenden heimisch, jedoch auch nach anderen Orten und selbst nach Niedersachsen, zuerst in die Harzgegenden, hin verpflanzt worden (doch mag ich noch nicht entscheiden, ob dies nicht die gröbere Schwitzer Art war, wovon wir die Abbildung in dem Witteschen Werke erst erhalten werden). Sie ist klein, aber fein und schön gebauet, ihre Hörner haben seitwärts stehend eine einfache Biegung, und laufen nach der Spitze ganz dünn zu. Der Kopf ist schmal, das Maul aber nach Verhältniß breit, aus den Ohren ragen starke Haarbüschel hervor, der Hals ist kurz, die Beine, besonders die Vorderarme, sind kurz und sehr dünn, aber mit starken Sehnen und Muskeln versehen, der Huf klein und zierlich gebaut, der Schwanz lang, fast bis auf die Füße rei- chend, aber dünn und unten mit einem starken Haarbüschel versehen. Verhält- nißmäßig ist diese Race lang gestreckt. Die Farbe ist schön schwarzbraun, und schwärzer nach den unteren Theilen des Körpers zu, mit einem rehfarbenen mehr oder weniger in weiß spielenden Streifen längst dem Halse und Rücken bis zur Mitte des Schwanzes. Von derselben Farbe sind Ohren, Maul und Beine, auch umgiebt gewöhnlich ein rehfarbner Ring das Auge, so wie auch das Euter der Kühe ähnlich gefärbt und mit Haaren besetzt ist. Zuweilen ist das Thier auch mit weiß gefleckt.
Zum Fettwerden ist das Vieh nicht geneigt, vielleicht als Folge seiner muntern und gewissermaßen beschwerlichen Lebensart auf den Alpen. Auf dem Stalle habe ich die Descendenz dieses Viehes gesehen, welche ziemlich feist war.
Es giebt nach Verhältniß seiner Weide und seiner Größe sehr gute und fette Milch; doch ist auch auf den Alpen selbst eine beträchtliche Verschieden- heit unter den Individuen. Bei uns habe ich die Abkömmlinge dieses Viehes in Ansehung ihrer Milchergiebigkeit zuweilen sehr rühmen, zuweilen tadeln ge- hört. Ich habe es hier aber immer größer gesehen, wie es Herr Witte auf den Alpen beschreibt.
Die Rindviehzucht.
§. 6.
Unter den Bergraçen iſt die Schweizer- Alpen- oder HasliraçeDie Vergraçe. merkwuͤrdig, wovon uns ebenfalls Herr Witte in ſeinem Werke: „Deutſchlands Rindviehraçen 3tes Heft” eine ſehr ſchoͤne Abbildung gegeben hat. Sie iſt nur in den Hochgebirgsgegenden heimiſch, jedoch auch nach anderen Orten und ſelbſt nach Niederſachſen, zuerſt in die Harzgegenden, hin verpflanzt worden (doch mag ich noch nicht entſcheiden, ob dies nicht die groͤbere Schwitzer Art war, wovon wir die Abbildung in dem Witteſchen Werke erſt erhalten werden). Sie iſt klein, aber fein und ſchoͤn gebauet, ihre Hoͤrner haben ſeitwaͤrts ſtehend eine einfache Biegung, und laufen nach der Spitze ganz duͤnn zu. Der Kopf iſt ſchmal, das Maul aber nach Verhaͤltniß breit, aus den Ohren ragen ſtarke Haarbuͤſchel hervor, der Hals iſt kurz, die Beine, beſonders die Vorderarme, ſind kurz und ſehr duͤnn, aber mit ſtarken Sehnen und Muskeln verſehen, der Huf klein und zierlich gebaut, der Schwanz lang, faſt bis auf die Fuͤße rei- chend, aber duͤnn und unten mit einem ſtarken Haarbuͤſchel verſehen. Verhaͤlt- nißmaͤßig iſt dieſe Raçe lang geſtreckt. Die Farbe iſt ſchoͤn ſchwarzbraun, und ſchwaͤrzer nach den unteren Theilen des Koͤrpers zu, mit einem rehfarbenen mehr oder weniger in weiß ſpielenden Streifen laͤngſt dem Halſe und Ruͤcken bis zur Mitte des Schwanzes. Von derſelben Farbe ſind Ohren, Maul und Beine, auch umgiebt gewoͤhnlich ein rehfarbner Ring das Auge, ſo wie auch das Euter der Kuͤhe aͤhnlich gefaͤrbt und mit Haaren beſetzt iſt. Zuweilen iſt das Thier auch mit weiß gefleckt.
Zum Fettwerden iſt das Vieh nicht geneigt, vielleicht als Folge ſeiner muntern und gewiſſermaßen beſchwerlichen Lebensart auf den Alpen. Auf dem Stalle habe ich die Descendenz dieſes Viehes geſehen, welche ziemlich feiſt war.
Es giebt nach Verhaͤltniß ſeiner Weide und ſeiner Groͤße ſehr gute und fette Milch; doch iſt auch auf den Alpen ſelbſt eine betraͤchtliche Verſchieden- heit unter den Individuen. Bei uns habe ich die Abkoͤmmlinge dieſes Viehes in Anſehung ihrer Milchergiebigkeit zuweilen ſehr ruͤhmen, zuweilen tadeln ge- hoͤrt. Ich habe es hier aber immer groͤßer geſehen, wie es Herr Witte auf den Alpen beſchreibt.
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§. 6.
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merkwuͤrdig, wovon uns ebenfalls Herr Witte in ſeinem Werke: „Deutſchlands
Rindviehraçen 3tes Heft” eine ſehr ſchoͤne Abbildung gegeben hat. Sie iſt nur
in den Hochgebirgsgegenden heimiſch, jedoch auch nach anderen Orten und ſelbſt
nach Niederſachſen, zuerſt in die Harzgegenden, hin verpflanzt worden (doch
mag ich noch nicht entſcheiden, ob dies nicht die groͤbere Schwitzer Art war,
wovon wir die Abbildung in dem Witteſchen Werke erſt erhalten werden). Sie
iſt klein, aber fein und ſchoͤn gebauet, ihre Hoͤrner haben ſeitwaͤrts ſtehend eine
einfache Biegung, und laufen nach der Spitze ganz duͤnn zu. Der Kopf iſt
ſchmal, das Maul aber nach Verhaͤltniß breit, aus den Ohren ragen ſtarke
Haarbuͤſchel hervor, der Hals iſt kurz, die Beine, beſonders die Vorderarme,
ſind kurz und ſehr duͤnn, aber mit ſtarken Sehnen und Muskeln verſehen, der
Huf klein und zierlich gebaut, der Schwanz lang, faſt bis auf die Fuͤße rei-
chend, aber duͤnn und unten mit einem ſtarken Haarbuͤſchel verſehen. Verhaͤlt-
nißmaͤßig iſt dieſe Raçe lang geſtreckt. Die Farbe iſt ſchoͤn ſchwarzbraun, und
ſchwaͤrzer nach den unteren Theilen des Koͤrpers zu, mit einem rehfarbenen mehr
oder weniger in weiß ſpielenden Streifen laͤngſt dem Halſe und Ruͤcken bis zur
Mitte des Schwanzes. Von derſelben Farbe ſind Ohren, Maul und Beine,
auch umgiebt gewoͤhnlich ein rehfarbner Ring das Auge, ſo wie auch das Euter
der Kuͤhe aͤhnlich gefaͤrbt und mit Haaren beſetzt iſt. Zuweilen iſt das Thier
auch mit weiß gefleckt.
Die Vergraçe.
Zum Fettwerden iſt das Vieh nicht geneigt, vielleicht als Folge ſeiner
muntern und gewiſſermaßen beſchwerlichen Lebensart auf den Alpen. Auf dem
Stalle habe ich die Descendenz dieſes Viehes geſehen, welche ziemlich feiſt war.
Es giebt nach Verhaͤltniß ſeiner Weide und ſeiner Groͤße ſehr gute und
fette Milch; doch iſt auch auf den Alpen ſelbſt eine betraͤchtliche Verſchieden-
heit unter den Individuen. Bei uns habe ich die Abkoͤmmlinge dieſes Viehes
in Anſehung ihrer Milchergiebigkeit zuweilen ſehr ruͤhmen, zuweilen tadeln ge-
hoͤrt. Ich habe es hier aber immer groͤßer geſehen, wie es Herr Witte auf den
Alpen beſchreibt.
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/327>, abgerufen am 22.12.2024.
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