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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Saat.
standen ist, wird ihr Gebrauch wenigstens höchst mißlich. Die Keimkraft geht
nicht dabei verloren, und manchmal hat selbst die junge Pflanze ein frisches
Ansehn. Aber bei ihrer fernern Entwickelung in der Blütezeit äußert sich
Schwäche und Krankheit, so daß die Blüte zum Theil ohne Befruchtung ab-
fällt und sich wenig oder gar keine Körner erzeugen; eine Erfahrung, die ich
sehr entschieden und mit großem Verluste bei dumpfig gewordenem Hafer ge-
macht habe. Ist auch der Erfolg bei einem geringeren Grade der Dumpfig-
keit nicht so auffallend, so wird er doch immer bemerklich seyn, und in man-
chen Fällen, wo man ein halbes Mißrathen der Saat andern Ursachen zu-
schrieb, lag wahrscheinlich diese zum Grunde.

§ 4.

Wechselung
oder Erneue-
rung des Saa-
mens; in wie
fern sie nö-
thig.
Eine öftere Verwechselung und Erneuerung der Saat, besonders ver-
schiedener Getreidearten, ist von manchen als eine unumgängliche Bedingung
vollkommner Ernten angenommen worden. Man hat die Vorzüge derselben,
besonders in großen-Wirthschaften, wo alles fabrikmäßig betrieben werden
muß, als ausgemacht anerkannt, und ihre Nothwendigkeit ist daselbst zum
ökonomischen Glaubensartikel geworden. Allein meiner Ueberzeugung nach --
die sich bisher, je mehrere Data ich darüber sammelte und prüfte, mehr ver-
größert als vermindert hat -- rührt der Vorzug fremder Saat nur daher,
daß man die seinige nicht sorgfältig genug auswählte und behandelte. Dies
kann zuweilen in der Lokalität, in der Beschaffenheit des Bodens und des
Klimas liegen, die der vollkommenen Ausbildung einer Frucht nicht günstig
sind, und in einem solchen Falle ist es unvermeidlich. Oefterer aber leidet es
der ganze Betrieb der Wirthschaft nicht, daß man auf die Auswahl und Be-
handlung der zum Saamen bestimmten Frucht die gehörige Aufmerksamkeit
wende, und insbesondere das in dieser Hinsicht immer nachtheilige Schwitzen
vermeide. Man hat in allen Gegenden gewisse Distrikte und Wirthschaften,
welche sich durch ihre vorzügliche Saat dieser oder jener Frucht in vorzügli-
chen Ruf gesetzt haben, und ihren sammtlichen Gewinn zu höheren Preisen
als Aussaat verkauften. Hier wird man aber theils einen dieser Frucht beson-
ders angemessenen Boden, theils eine weit sorgfältigere Behandlung derselben
antreffen, und bei den Anbauern selbst die Ueberzeugung finden, daß sie den

Ruf

Die Saat.
ſtanden iſt, wird ihr Gebrauch wenigſtens hoͤchſt mißlich. Die Keimkraft geht
nicht dabei verloren, und manchmal hat ſelbſt die junge Pflanze ein friſches
Anſehn. Aber bei ihrer fernern Entwickelung in der Bluͤtezeit aͤußert ſich
Schwaͤche und Krankheit, ſo daß die Bluͤte zum Theil ohne Befruchtung ab-
faͤllt und ſich wenig oder gar keine Koͤrner erzeugen; eine Erfahrung, die ich
ſehr entſchieden und mit großem Verluſte bei dumpfig gewordenem Hafer ge-
macht habe. Iſt auch der Erfolg bei einem geringeren Grade der Dumpfig-
keit nicht ſo auffallend, ſo wird er doch immer bemerklich ſeyn, und in man-
chen Faͤllen, wo man ein halbes Mißrathen der Saat andern Urſachen zu-
ſchrieb, lag wahrſcheinlich dieſe zum Grunde.

§ 4.

Wechſelung
oder Erneue-
rung des Saa-
mens; in wie
fern ſie noͤ-
thig.
Eine oͤftere Verwechſelung und Erneuerung der Saat, beſonders ver-
ſchiedener Getreidearten, iſt von manchen als eine unumgaͤngliche Bedingung
vollkommner Ernten angenommen worden. Man hat die Vorzuͤge derſelben,
beſonders in großen-Wirthſchaften, wo alles fabrikmaͤßig betrieben werden
muß, als ausgemacht anerkannt, und ihre Nothwendigkeit iſt daſelbſt zum
oͤkonomiſchen Glaubensartikel geworden. Allein meiner Ueberzeugung nach —
die ſich bisher, je mehrere Data ich daruͤber ſammelte und pruͤfte, mehr ver-
groͤßert als vermindert hat — ruͤhrt der Vorzug fremder Saat nur daher,
daß man die ſeinige nicht ſorgfaͤltig genug auswaͤhlte und behandelte. Dies
kann zuweilen in der Lokalitaͤt, in der Beſchaffenheit des Bodens und des
Klimas liegen, die der vollkommenen Ausbildung einer Frucht nicht guͤnſtig
ſind, und in einem ſolchen Falle iſt es unvermeidlich. Oefterer aber leidet es
der ganze Betrieb der Wirthſchaft nicht, daß man auf die Auswahl und Be-
handlung der zum Saamen beſtimmten Frucht die gehoͤrige Aufmerkſamkeit
wende, und insbeſondere das in dieſer Hinſicht immer nachtheilige Schwitzen
vermeide. Man hat in allen Gegenden gewiſſe Diſtrikte und Wirthſchaften,
welche ſich durch ihre vorzuͤgliche Saat dieſer oder jener Frucht in vorzuͤgli-
chen Ruf geſetzt haben, und ihren ſammtlichen Gewinn zu hoͤheren Preiſen
als Ausſaat verkauften. Hier wird man aber theils einen dieſer Frucht beſon-
ders angemeſſenen Boden, theils eine weit ſorgfaͤltigere Behandlung derſelben
antreffen, und bei den Anbauern ſelbſt die Ueberzeugung finden, daß ſie den

Ruf
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[8/0032] Die Saat. ſtanden iſt, wird ihr Gebrauch wenigſtens hoͤchſt mißlich. Die Keimkraft geht nicht dabei verloren, und manchmal hat ſelbſt die junge Pflanze ein friſches Anſehn. Aber bei ihrer fernern Entwickelung in der Bluͤtezeit aͤußert ſich Schwaͤche und Krankheit, ſo daß die Bluͤte zum Theil ohne Befruchtung ab- faͤllt und ſich wenig oder gar keine Koͤrner erzeugen; eine Erfahrung, die ich ſehr entſchieden und mit großem Verluſte bei dumpfig gewordenem Hafer ge- macht habe. Iſt auch der Erfolg bei einem geringeren Grade der Dumpfig- keit nicht ſo auffallend, ſo wird er doch immer bemerklich ſeyn, und in man- chen Faͤllen, wo man ein halbes Mißrathen der Saat andern Urſachen zu- ſchrieb, lag wahrſcheinlich dieſe zum Grunde. § 4. Eine oͤftere Verwechſelung und Erneuerung der Saat, beſonders ver- ſchiedener Getreidearten, iſt von manchen als eine unumgaͤngliche Bedingung vollkommner Ernten angenommen worden. Man hat die Vorzuͤge derſelben, beſonders in großen-Wirthſchaften, wo alles fabrikmaͤßig betrieben werden muß, als ausgemacht anerkannt, und ihre Nothwendigkeit iſt daſelbſt zum oͤkonomiſchen Glaubensartikel geworden. Allein meiner Ueberzeugung nach — die ſich bisher, je mehrere Data ich daruͤber ſammelte und pruͤfte, mehr ver- groͤßert als vermindert hat — ruͤhrt der Vorzug fremder Saat nur daher, daß man die ſeinige nicht ſorgfaͤltig genug auswaͤhlte und behandelte. Dies kann zuweilen in der Lokalitaͤt, in der Beſchaffenheit des Bodens und des Klimas liegen, die der vollkommenen Ausbildung einer Frucht nicht guͤnſtig ſind, und in einem ſolchen Falle iſt es unvermeidlich. Oefterer aber leidet es der ganze Betrieb der Wirthſchaft nicht, daß man auf die Auswahl und Be- handlung der zum Saamen beſtimmten Frucht die gehoͤrige Aufmerkſamkeit wende, und insbeſondere das in dieſer Hinſicht immer nachtheilige Schwitzen vermeide. Man hat in allen Gegenden gewiſſe Diſtrikte und Wirthſchaften, welche ſich durch ihre vorzuͤgliche Saat dieſer oder jener Frucht in vorzuͤgli- chen Ruf geſetzt haben, und ihren ſammtlichen Gewinn zu hoͤheren Preiſen als Ausſaat verkauften. Hier wird man aber theils einen dieſer Frucht beſon- ders angemeſſenen Boden, theils eine weit ſorgfaͤltigere Behandlung derſelben antreffen, und bei den Anbauern ſelbſt die Ueberzeugung finden, daß ſie den Ruf Wechſelung oder Erneue- rung des Saa- mens; in wie fern ſie noͤ- thig.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/32>, abgerufen am 22.12.2024.