der Franzosen, auch französisches Raygras genannt, ist zuerst in FrankreichHafergras mit jenem von den Engländern so gerühmten Grase verwechselt, und mit dem Namen Raygras belegt worden. Es ist aber davon ganz verschieden, bekommt ungleich höhere und blattreichere Halme, bildet aber keinen dichten Rasen. Es wächst wie das vorige Gras fast auf jedem Boden, vorausgesetzt, daß er sich in kräftigem Zustande befinde, und giebt wohl schon im ersten Schnitt eine stärkere Heumasse wie jenes, und dann noch einen zweiten, aber schwächeren Schnitt. Es hält sich bis zum vierten oder fünften Jahre, besonders wenn man ihm Dünger giebt.
Sein Anbau ist aber ungleich schwieriger und kostspieliger, weil der Saa- men, seiner ungleichen Reifung wegen, schwerer aufzunehmen ist. Er fängt von der Spitze der Rispe an zu reifen, und fällt, wenn er reif ist, sogleich ab, so daß man von demselben Halme nicht alle, oder nicht völlig reife Körner bekom- men kann. Noch weniger reist der Saamen gleichzeitig an allen Halmen, und sie müssen einzeln herausgesucht und abgeschnitten, dann auf einem luftigen Bo- den getrocknet werden. Diese Schwierigkeit des Saamenaufnehmens steht dem vermehrten Anbau dieses Grases besonders im Wege. Der Saamen, welchen man von den Saamenhändlern erhält, ist oft nicht zu ein Viertel reif, und wenn man auch mehrere Scheffel auf den Morgen mit aller Vorsicht aussäet, bekommt man doch kein dichtes Feld.
Man muß sich insbesondere hüten, das knollige Hafergras (Avena bul- bosa) nicht mit jenem zu verwechseln, oder Saamen von letzterem zu bekom- men, da es jenem im Ansehn sehr gleich ist: denn es ist ein böses, schwer zu vertilgendes, und durch seine Knollen sich immer fortpflanzendes Unkraut.
Der Wiesenschwingel, Festuca elatior,
§. 398.
kommt in seinen wirthschaftlichen Eigenschaften dem vorigen ziemlich gleich, er-Wiesenschwin- gel. fordert aber schon einen feuchteren Boden, und auf solchem giebt es wohl einen stärkeren Ertrag wie das Hafergras.
O o 2
Das Hafergras. Der Wieſenſchwingel.
Das Hafergras, Avena elatior, Frommental,
§. 397.
der Franzoſen, auch franzoͤſiſches Raygras genannt, iſt zuerſt in FrankreichHafergras mit jenem von den Englaͤndern ſo geruͤhmten Graſe verwechſelt, und mit dem Namen Raygras belegt worden. Es iſt aber davon ganz verſchieden, bekommt ungleich hoͤhere und blattreichere Halme, bildet aber keinen dichten Raſen. Es waͤchſt wie das vorige Gras faſt auf jedem Boden, vorausgeſetzt, daß er ſich in kraͤftigem Zuſtande befinde, und giebt wohl ſchon im erſten Schnitt eine ſtaͤrkere Heumaſſe wie jenes, und dann noch einen zweiten, aber ſchwaͤcheren Schnitt. Es haͤlt ſich bis zum vierten oder fuͤnften Jahre, beſonders wenn man ihm Duͤnger giebt.
Sein Anbau iſt aber ungleich ſchwieriger und koſtſpieliger, weil der Saa- men, ſeiner ungleichen Reifung wegen, ſchwerer aufzunehmen iſt. Er faͤngt von der Spitze der Rispe an zu reifen, und faͤllt, wenn er reif iſt, ſogleich ab, ſo daß man von demſelben Halme nicht alle, oder nicht voͤllig reife Koͤrner bekom- men kann. Noch weniger reiſt der Saamen gleichzeitig an allen Halmen, und ſie muͤſſen einzeln herausgeſucht und abgeſchnitten, dann auf einem luftigen Bo- den getrocknet werden. Dieſe Schwierigkeit des Saamenaufnehmens ſteht dem vermehrten Anbau dieſes Graſes beſonders im Wege. Der Saamen, welchen man von den Saamenhaͤndlern erhaͤlt, iſt oft nicht zu ein Viertel reif, und wenn man auch mehrere Scheffel auf den Morgen mit aller Vorſicht ausſaͤet, bekommt man doch kein dichtes Feld.
Man muß ſich insbeſondere huͤten, das knollige Hafergras (Avena bul- bosa) nicht mit jenem zu verwechſeln, oder Saamen von letzterem zu bekom- men, da es jenem im Anſehn ſehr gleich iſt: denn es iſt ein boͤſes, ſchwer zu vertilgendes, und durch ſeine Knollen ſich immer fortpflanzendes Unkraut.
Der Wieſenſchwingel, Festuca elatior,
§. 398.
kommt in ſeinen wirthſchaftlichen Eigenſchaften dem vorigen ziemlich gleich, er-Wieſenſchwin- gel. fordert aber ſchon einen feuchteren Boden, und auf ſolchem giebt es wohl einen ſtaͤrkeren Ertrag wie das Hafergras.
O o 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0315"n="291"/><fwplace="top"type="header">Das Hafergras. Der Wieſenſchwingel.</fw><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Das Hafergras, <hirendition="#aq">Avena elatior, Frommental,</hi></hi></head><lb/><divn="4"><head>§. 397.</head><lb/><p>der Franzoſen, auch <hirendition="#g">franzoͤſiſches Raygras</hi> genannt, iſt zuerſt in Frankreich<noteplace="right">Hafergras</note><lb/>
mit jenem von den Englaͤndern ſo geruͤhmten Graſe verwechſelt, und mit dem<lb/>
Namen <hirendition="#g">Raygras</hi> belegt worden. Es iſt aber davon ganz verſchieden, bekommt<lb/>
ungleich hoͤhere und blattreichere Halme, bildet aber keinen dichten Raſen. Es<lb/>
waͤchſt wie das vorige Gras faſt auf jedem Boden, vorausgeſetzt, daß er ſich in<lb/>
kraͤftigem Zuſtande befinde, und giebt wohl ſchon im erſten Schnitt eine ſtaͤrkere<lb/>
Heumaſſe wie jenes, und dann noch einen zweiten, aber ſchwaͤcheren Schnitt.<lb/>
Es haͤlt ſich bis zum vierten oder fuͤnften Jahre, beſonders wenn man ihm<lb/>
Duͤnger giebt.</p><lb/><p>Sein Anbau iſt aber ungleich ſchwieriger und koſtſpieliger, weil der Saa-<lb/>
men, ſeiner ungleichen Reifung wegen, ſchwerer aufzunehmen iſt. Er faͤngt von<lb/>
der Spitze der Rispe an zu reifen, und faͤllt, wenn er reif iſt, ſogleich ab, ſo<lb/>
daß man von demſelben Halme nicht alle, oder nicht voͤllig reife Koͤrner bekom-<lb/>
men kann. Noch weniger reiſt der Saamen gleichzeitig an allen Halmen, und<lb/>ſie muͤſſen einzeln herausgeſucht und abgeſchnitten, dann auf einem luftigen Bo-<lb/>
den getrocknet werden. Dieſe Schwierigkeit des Saamenaufnehmens ſteht dem<lb/>
vermehrten Anbau dieſes Graſes beſonders im Wege. Der Saamen, welchen<lb/>
man von den Saamenhaͤndlern erhaͤlt, iſt oft nicht zu ein Viertel reif, und wenn<lb/>
man auch mehrere Scheffel auf den Morgen mit aller Vorſicht ausſaͤet, bekommt<lb/>
man doch kein dichtes Feld.</p><lb/><p>Man muß ſich insbeſondere huͤten, das knollige Hafergras (<hirendition="#aq">Avena bul-<lb/>
bosa</hi>) nicht mit jenem zu verwechſeln, oder Saamen von letzterem zu bekom-<lb/>
men, da es jenem im Anſehn ſehr gleich iſt: denn es iſt ein boͤſes, ſchwer zu<lb/>
vertilgendes, und durch ſeine Knollen ſich immer fortpflanzendes Unkraut.</p></div></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Der Wieſenſchwingel, <hirendition="#aq">Festuca elatior,</hi></hi></head><lb/><divn="4"><head>§. 398.</head><lb/><p>kommt in ſeinen wirthſchaftlichen Eigenſchaften dem vorigen ziemlich gleich, er-<noteplace="right">Wieſenſchwin-<lb/>
gel.</note><lb/>
fordert aber ſchon einen feuchteren Boden, und auf ſolchem giebt es wohl einen<lb/>ſtaͤrkeren Ertrag wie das Hafergras.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">O o 2</fw><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[291/0315]
Das Hafergras. Der Wieſenſchwingel.
Das Hafergras, Avena elatior, Frommental,
§. 397.
der Franzoſen, auch franzoͤſiſches Raygras genannt, iſt zuerſt in Frankreich
mit jenem von den Englaͤndern ſo geruͤhmten Graſe verwechſelt, und mit dem
Namen Raygras belegt worden. Es iſt aber davon ganz verſchieden, bekommt
ungleich hoͤhere und blattreichere Halme, bildet aber keinen dichten Raſen. Es
waͤchſt wie das vorige Gras faſt auf jedem Boden, vorausgeſetzt, daß er ſich in
kraͤftigem Zuſtande befinde, und giebt wohl ſchon im erſten Schnitt eine ſtaͤrkere
Heumaſſe wie jenes, und dann noch einen zweiten, aber ſchwaͤcheren Schnitt.
Es haͤlt ſich bis zum vierten oder fuͤnften Jahre, beſonders wenn man ihm
Duͤnger giebt.
Hafergras
Sein Anbau iſt aber ungleich ſchwieriger und koſtſpieliger, weil der Saa-
men, ſeiner ungleichen Reifung wegen, ſchwerer aufzunehmen iſt. Er faͤngt von
der Spitze der Rispe an zu reifen, und faͤllt, wenn er reif iſt, ſogleich ab, ſo
daß man von demſelben Halme nicht alle, oder nicht voͤllig reife Koͤrner bekom-
men kann. Noch weniger reiſt der Saamen gleichzeitig an allen Halmen, und
ſie muͤſſen einzeln herausgeſucht und abgeſchnitten, dann auf einem luftigen Bo-
den getrocknet werden. Dieſe Schwierigkeit des Saamenaufnehmens ſteht dem
vermehrten Anbau dieſes Graſes beſonders im Wege. Der Saamen, welchen
man von den Saamenhaͤndlern erhaͤlt, iſt oft nicht zu ein Viertel reif, und wenn
man auch mehrere Scheffel auf den Morgen mit aller Vorſicht ausſaͤet, bekommt
man doch kein dichtes Feld.
Man muß ſich insbeſondere huͤten, das knollige Hafergras (Avena bul-
bosa) nicht mit jenem zu verwechſeln, oder Saamen von letzterem zu bekom-
men, da es jenem im Anſehn ſehr gleich iſt: denn es iſt ein boͤſes, ſchwer zu
vertilgendes, und durch ſeine Knollen ſich immer fortpflanzendes Unkraut.
Der Wieſenſchwingel, Festuca elatior,
§. 398.
kommt in ſeinen wirthſchaftlichen Eigenſchaften dem vorigen ziemlich gleich, er-
fordert aber ſchon einen feuchteren Boden, und auf ſolchem giebt es wohl einen
ſtaͤrkeren Ertrag wie das Hafergras.
Wieſenſchwin-
gel.
O o 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/315>, abgerufen am 22.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.