Nicht selten säet man, nachdem sie aufgezogen worden, im Dezember noch Winterrocken ein, gewöhnlich aber im Frühjahr Sömmerung, wozu der Boden gut vorbereitet ist.
Die Düngung, welche die immer noch zurückbleibenden Rüben mit ihrem jungen Kraute geben, ist vielleicht ein Ersatz für das, was die übrigen ausgezogen haben, und man glaubt nicht, daß der Acker durch Rüben an Kraft verliere.
§. 302.
Die Wasserrüben sind zwar ihrer Masse nach keine sehr nahrhafte, aberGebrauch. eine ungemein angenehme und wohlthätige Fütterung für Rindvieh und Schaafe. Wenn sie der Milch einen Beischmack gegeben haben, so kam es lediglich daher, daß die Rüben selbst oder die Blätter angefault waren. Sonst hat die Butter den angenehmsten Grasgeschmack davon. Sie scheinen auch mehr auf Milch- als auf Fleischansatz zu wirken; obgleich in England sehr vieles Vieh damit ge- mästet wird. Man rechnet aber, daß ein Ochse täglich 1/3 seines Gewichts an Rüben haben müsse. Bei der Fütterung der Kühe schätze ich sie, dem Gewichte nach, dem grünen Klee gleich; 100 Pfd. = 22 Pfd. Heu. Die ganz großen Rüben der Engländer sind in demselben Gewichte minder nahrhaft.
§. 303.
Die Teltower Rüben sind eine besondere Abart dieser Rüben, in AnsehungTeltower Rü- ben. ihrer Natur aber und des Anbaues, der auch zuweilen in der Rockenstoppel, häufiger jedoch in der Brache geschiehet, ihnen fast gleich. Sie sind ihrer Kleinheit wegen viel zu kosibar für das Vieh, und werden als eine angenehme Speise sehr gesucht und theurer bezahlt. So vortheilhaft ihr Anbau für den kleinen Hausmann ist, der sie mit seiner Familie bearbeitet, und sie zum Verkauf ab- putzt, so wenig würden sie sich dem größeren Landwirthe bezahlen, und man hat keinen Vortheil dabei gefunden, auch nur den eigenen Bedarf zu bauen. Sonst ist es nicht richtig, daß sie den ganz besonderen Boden gewisser Feldfluren er- fordern; jeder mürbe, reine und in alten Dung stehende lehmige Sandboden paßt dafür.
Sannow Versuch einer praktischen Anleitung zum Teltower Rübenbau. Berlin 1788.
G g 2
Die Saatruͤben.
§. 301.
Nicht ſelten ſaͤet man, nachdem ſie aufgezogen worden, im Dezember noch Winterrocken ein, gewoͤhnlich aber im Fruͤhjahr Soͤmmerung, wozu der Boden gut vorbereitet iſt.
Die Duͤngung, welche die immer noch zuruͤckbleibenden Ruͤben mit ihrem jungen Kraute geben, iſt vielleicht ein Erſatz fuͤr das, was die uͤbrigen ausgezogen haben, und man glaubt nicht, daß der Acker durch Ruͤben an Kraft verliere.
§. 302.
Die Waſſerruͤben ſind zwar ihrer Maſſe nach keine ſehr nahrhafte, aberGebrauch. eine ungemein angenehme und wohlthaͤtige Fuͤtterung fuͤr Rindvieh und Schaafe. Wenn ſie der Milch einen Beiſchmack gegeben haben, ſo kam es lediglich daher, daß die Ruͤben ſelbſt oder die Blaͤtter angefault waren. Sonſt hat die Butter den angenehmſten Grasgeſchmack davon. Sie ſcheinen auch mehr auf Milch- als auf Fleiſchanſatz zu wirken; obgleich in England ſehr vieles Vieh damit ge- maͤſtet wird. Man rechnet aber, daß ein Ochſe taͤglich ⅓ ſeines Gewichts an Ruͤben haben muͤſſe. Bei der Fuͤtterung der Kuͤhe ſchaͤtze ich ſie, dem Gewichte nach, dem gruͤnen Klee gleich; 100 Pfd. = 22 Pfd. Heu. Die ganz großen Ruͤben der Englaͤnder ſind in demſelben Gewichte minder nahrhaft.
§. 303.
Die Teltower Ruͤben ſind eine beſondere Abart dieſer Ruͤben, in AnſehungTeltower Ruͤ- ben. ihrer Natur aber und des Anbaues, der auch zuweilen in der Rockenſtoppel, haͤufiger jedoch in der Brache geſchiehet, ihnen faſt gleich. Sie ſind ihrer Kleinheit wegen viel zu koſibar fuͤr das Vieh, und werden als eine angenehme Speiſe ſehr geſucht und theurer bezahlt. So vortheilhaft ihr Anbau fuͤr den kleinen Hausmann iſt, der ſie mit ſeiner Familie bearbeitet, und ſie zum Verkauf ab- putzt, ſo wenig wuͤrden ſie ſich dem groͤßeren Landwirthe bezahlen, und man hat keinen Vortheil dabei gefunden, auch nur den eigenen Bedarf zu bauen. Sonſt iſt es nicht richtig, daß ſie den ganz beſonderen Boden gewiſſer Feldfluren er- fordern; jeder muͤrbe, reine und in alten Dung ſtehende lehmige Sandboden paßt dafuͤr.
Sannow Verſuch einer praktiſchen Anleitung zum Teltower Ruͤbenbau. Berlin 1788.
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Die Saatruͤben.
§. 301.
Nicht ſelten ſaͤet man, nachdem ſie aufgezogen worden, im Dezember noch
Winterrocken ein, gewoͤhnlich aber im Fruͤhjahr Soͤmmerung, wozu der Boden
gut vorbereitet iſt.
Die Duͤngung, welche die immer noch zuruͤckbleibenden Ruͤben mit ihrem
jungen Kraute geben, iſt vielleicht ein Erſatz fuͤr das, was die uͤbrigen ausgezogen
haben, und man glaubt nicht, daß der Acker durch Ruͤben an Kraft verliere.
§. 302.
Die Waſſerruͤben ſind zwar ihrer Maſſe nach keine ſehr nahrhafte, aber
eine ungemein angenehme und wohlthaͤtige Fuͤtterung fuͤr Rindvieh und Schaafe.
Wenn ſie der Milch einen Beiſchmack gegeben haben, ſo kam es lediglich daher,
daß die Ruͤben ſelbſt oder die Blaͤtter angefault waren. Sonſt hat die Butter
den angenehmſten Grasgeſchmack davon. Sie ſcheinen auch mehr auf Milch-
als auf Fleiſchanſatz zu wirken; obgleich in England ſehr vieles Vieh damit ge-
maͤſtet wird. Man rechnet aber, daß ein Ochſe taͤglich ⅓ ſeines Gewichts an
Ruͤben haben muͤſſe. Bei der Fuͤtterung der Kuͤhe ſchaͤtze ich ſie, dem Gewichte
nach, dem gruͤnen Klee gleich; 100 Pfd. = 22 Pfd. Heu. Die ganz großen
Ruͤben der Englaͤnder ſind in demſelben Gewichte minder nahrhaft.
Gebrauch.
§. 303.
Die Teltower Ruͤben ſind eine beſondere Abart dieſer Ruͤben, in Anſehung
ihrer Natur aber und des Anbaues, der auch zuweilen in der Rockenſtoppel,
haͤufiger jedoch in der Brache geſchiehet, ihnen faſt gleich. Sie ſind ihrer Kleinheit
wegen viel zu koſibar fuͤr das Vieh, und werden als eine angenehme Speiſe
ſehr geſucht und theurer bezahlt. So vortheilhaft ihr Anbau fuͤr den kleinen
Hausmann iſt, der ſie mit ſeiner Familie bearbeitet, und ſie zum Verkauf ab-
putzt, ſo wenig wuͤrden ſie ſich dem groͤßeren Landwirthe bezahlen, und man hat
keinen Vortheil dabei gefunden, auch nur den eigenen Bedarf zu bauen. Sonſt
iſt es nicht richtig, daß ſie den ganz beſonderen Boden gewiſſer Feldfluren er-
fordern; jeder muͤrbe, reine und in alten Dung ſtehende lehmige Sandboden
paßt dafuͤr.
Teltower Ruͤ-
ben.
Sannow Verſuch einer praktiſchen Anleitung zum Teltower Ruͤbenbau.
Berlin 1788.
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/259>, abgerufen am 21.11.2024.
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