Sie wiegt mehrentheils dem Rocken gleich, und überwiegt ihn oft.
In Ansehung ihrer Nahrungstheile fand Einhof 723/4 in Hundert, also 23/4 mehr wie im Rocken. Er bemerkt aber, daß sie an süßschleimiger und thierisch-vegetabilischer Substanz, folglich an den nahrhaftesten Theilen so viel habe, daß sie zwischen dem Weizen und Rocken stehe. Annalen des Ak- baues Bd. VIII. S. 27. Wir haben mit dem Zusatze von etwas Weizen oder Rocken ein gar kräftiges Brod daraus gebacken.
Einige Versuche damit mißglückten den Brauern, das Bier ward kräftig, aber nicht klar. Nunmehr brauen aber andre ein vorzügliches Bier daraus.
Von den Branntweinbrennern wird sie sehr gesucht.
Ihr Werth ist dem des Rockens wenigstens gleich.
Die zweizeilige nackte Gerste, Hordeum nudum,
§. 94.
gleicht der vorigen in den meisten Stücken. Sie hat längere zweizeilige Aeh- ren. Ihr Korn wird zwar noch größer, wie das der vierzeiligen, wenn sie in gutem Gartenboden einzeln stehet. Aber beim Feldbau schrumpft es sehr ein. Nach allen mir bekannten komparativen Versuchen hat sie einen beträcht- lich geringern Ertrag wie die Himmelsgerste gegeben. (Von Gartenversuchen, nach Vermehrung der angepflanzten Körner berechnet, rede ich nicht.) Sie gehört also zu den vielen Getreidearten, deren Anbau ich nach einer Reihe von Versuchen wieder aufgegeben habe.
Die sechszeilige Gerste, gewöhnlich Wintergerste, Hordeum hexastichon,
§. 95.
wird von den Botanikern als eine besondere Spezies angenommen. Meiner Vermuthung nach ist sie eine Abart der vierzeiligen Gerste, wenn sie sich gleich in ihrem gegenwärtigen Zustande merklich davon unterscheidet. Die sogenannte vierzeilige, richtiger viereckige Gerste hat eben sowohl sechs Zeilen. Es stehen die Körner wenn sie reifen bei jener nur mehr ab und bilden so ein Sechseck.
Die Gerſte.
Sie wiegt mehrentheils dem Rocken gleich, und uͤberwiegt ihn oft.
In Anſehung ihrer Nahrungstheile fand Einhof 72¾ in Hundert, alſo 2¾ mehr wie im Rocken. Er bemerkt aber, daß ſie an ſuͤßſchleimiger und thieriſch-vegetabiliſcher Subſtanz, folglich an den nahrhafteſten Theilen ſo viel habe, daß ſie zwiſchen dem Weizen und Rocken ſtehe. Annalen des Ak- baues Bd. VIII. S. 27. Wir haben mit dem Zuſatze von etwas Weizen oder Rocken ein gar kraͤftiges Brod daraus gebacken.
Einige Verſuche damit mißgluͤckten den Brauern, das Bier ward kraͤftig, aber nicht klar. Nunmehr brauen aber andre ein vorzuͤgliches Bier daraus.
Von den Branntweinbrennern wird ſie ſehr geſucht.
Ihr Werth iſt dem des Rockens wenigſtens gleich.
Die zweizeilige nackte Gerſte, Hordeum nudum,
§. 94.
gleicht der vorigen in den meiſten Stuͤcken. Sie hat laͤngere zweizeilige Aeh- ren. Ihr Korn wird zwar noch groͤßer, wie das der vierzeiligen, wenn ſie in gutem Gartenboden einzeln ſtehet. Aber beim Feldbau ſchrumpft es ſehr ein. Nach allen mir bekannten komparativen Verſuchen hat ſie einen betraͤcht- lich geringern Ertrag wie die Himmelsgerſte gegeben. (Von Gartenverſuchen, nach Vermehrung der angepflanzten Koͤrner berechnet, rede ich nicht.) Sie gehoͤrt alſo zu den vielen Getreidearten, deren Anbau ich nach einer Reihe von Verſuchen wieder aufgegeben habe.
Die ſechszeilige Gerſte, gewoͤhnlich Wintergerſte, Hordeum hexastichon,
§. 95.
wird von den Botanikern als eine beſondere Spezies angenommen. Meiner Vermuthung nach iſt ſie eine Abart der vierzeiligen Gerſte, wenn ſie ſich gleich in ihrem gegenwaͤrtigen Zuſtande merklich davon unterſcheidet. Die ſogenannte vierzeilige, richtiger viereckige Gerſte hat eben ſowohl ſechs Zeilen. Es ſtehen die Koͤrner wenn ſie reifen bei jener nur mehr ab und bilden ſo ein Sechseck.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0111"n="87"/><fwplace="top"type="header">Die Gerſte.</fw><lb/><p>Sie wiegt mehrentheils dem Rocken gleich, und uͤberwiegt ihn oft.</p><lb/><p>In Anſehung ihrer Nahrungstheile fand Einhof 72¾ in Hundert, alſo<lb/>
2¾ mehr wie im Rocken. Er bemerkt aber, daß ſie an ſuͤßſchleimiger und<lb/>
thieriſch-vegetabiliſcher Subſtanz, folglich an den <choice><sic>nahrhaſteſten</sic><corr>nahrhafteſten</corr></choice> Theilen ſo<lb/>
viel habe, daß ſie zwiſchen dem Weizen und Rocken ſtehe. Annalen des Ak-<lb/>
baues Bd. <hirendition="#aq">VIII.</hi> S. 27. Wir haben mit dem Zuſatze von etwas Weizen<lb/>
oder Rocken ein gar kraͤftiges Brod daraus gebacken.</p><lb/><p>Einige Verſuche damit mißgluͤckten den Brauern, das Bier ward kraͤftig,<lb/>
aber nicht klar. Nunmehr brauen aber andre ein vorzuͤgliches Bier daraus.</p><lb/><p>Von den Branntweinbrennern wird ſie ſehr geſucht.</p><lb/><p>Ihr Werth iſt dem des Rockens wenigſtens gleich.</p></div></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Die zweizeilige nackte Gerſte, <hirendition="#aq">Hordeum nudum,</hi></hi></head><lb/><divn="4"><head>§. 94.</head><lb/><p>gleicht der vorigen in den meiſten Stuͤcken. Sie hat laͤngere zweizeilige <choice><sic>Aeh-<lb/>
rrn</sic><corr>Aeh-<lb/>
ren</corr></choice>. Ihr Korn wird zwar noch groͤßer, wie das der vierzeiligen, wenn ſie<lb/>
in gutem Gartenboden einzeln ſtehet. Aber beim Feldbau ſchrumpft es ſehr<lb/>
ein. Nach allen mir bekannten komparativen Verſuchen hat ſie einen betraͤcht-<lb/>
lich geringern Ertrag wie die Himmelsgerſte gegeben. (Von Gartenverſuchen,<lb/>
nach Vermehrung der angepflanzten Koͤrner berechnet, rede ich nicht.) Sie<lb/>
gehoͤrt alſo zu den vielen Getreidearten, deren Anbau ich nach einer Reihe<lb/>
von Verſuchen wieder aufgegeben habe.</p></div></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Die ſechszeilige Gerſte, gewoͤhnlich Wintergerſte,<lb/><hirendition="#aq">Hordeum hexastichon,</hi></hi></head><lb/><divn="4"><head>§. 95.</head><lb/><p>wird von den Botanikern als eine beſondere Spezies angenommen. Meiner<lb/>
Vermuthung nach iſt ſie eine Abart der vierzeiligen Gerſte, wenn ſie ſich gleich<lb/>
in ihrem gegenwaͤrtigen Zuſtande merklich davon unterſcheidet. Die ſogenannte<lb/>
vierzeilige, richtiger viereckige Gerſte hat eben ſowohl ſechs Zeilen. Es ſtehen<lb/>
die Koͤrner wenn ſie reifen bei jener nur mehr ab und bilden ſo ein Sechseck.<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[87/0111]
Die Gerſte.
Sie wiegt mehrentheils dem Rocken gleich, und uͤberwiegt ihn oft.
In Anſehung ihrer Nahrungstheile fand Einhof 72¾ in Hundert, alſo
2¾ mehr wie im Rocken. Er bemerkt aber, daß ſie an ſuͤßſchleimiger und
thieriſch-vegetabiliſcher Subſtanz, folglich an den nahrhafteſten Theilen ſo
viel habe, daß ſie zwiſchen dem Weizen und Rocken ſtehe. Annalen des Ak-
baues Bd. VIII. S. 27. Wir haben mit dem Zuſatze von etwas Weizen
oder Rocken ein gar kraͤftiges Brod daraus gebacken.
Einige Verſuche damit mißgluͤckten den Brauern, das Bier ward kraͤftig,
aber nicht klar. Nunmehr brauen aber andre ein vorzuͤgliches Bier daraus.
Von den Branntweinbrennern wird ſie ſehr geſucht.
Ihr Werth iſt dem des Rockens wenigſtens gleich.
Die zweizeilige nackte Gerſte, Hordeum nudum,
§. 94.
gleicht der vorigen in den meiſten Stuͤcken. Sie hat laͤngere zweizeilige Aeh-
ren. Ihr Korn wird zwar noch groͤßer, wie das der vierzeiligen, wenn ſie
in gutem Gartenboden einzeln ſtehet. Aber beim Feldbau ſchrumpft es ſehr
ein. Nach allen mir bekannten komparativen Verſuchen hat ſie einen betraͤcht-
lich geringern Ertrag wie die Himmelsgerſte gegeben. (Von Gartenverſuchen,
nach Vermehrung der angepflanzten Koͤrner berechnet, rede ich nicht.) Sie
gehoͤrt alſo zu den vielen Getreidearten, deren Anbau ich nach einer Reihe
von Verſuchen wieder aufgegeben habe.
Die ſechszeilige Gerſte, gewoͤhnlich Wintergerſte,
Hordeum hexastichon,
§. 95.
wird von den Botanikern als eine beſondere Spezies angenommen. Meiner
Vermuthung nach iſt ſie eine Abart der vierzeiligen Gerſte, wenn ſie ſich gleich
in ihrem gegenwaͤrtigen Zuſtande merklich davon unterſcheidet. Die ſogenannte
vierzeilige, richtiger viereckige Gerſte hat eben ſowohl ſechs Zeilen. Es ſtehen
die Koͤrner wenn ſie reifen bei jener nur mehr ab und bilden ſo ein Sechseck.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/111>, abgerufen am 22.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.