lassen, weil sonst ihre an sehr dünnen Stielen hängende Aehren abfallen. Wenn der Haupttheil keine Milch mehr hat, aber die Körner sich noch wie Wachs kneten lassen, die Aehren mehrentheils gelb sind, so ist es Zeit sie zu mähen, und sie muß dann in den Schwaden nachreifen.
Ist schon Abfall zu besorgen, so muß sie nur im Thau gemähet und überhaupt vorsichtig behandelt werden.
Ihr Gewicht und ihr Mehlgehalt ist beträchtlich geringer, wie das der großen Gerste. Der Scheffel wiegt in der Regel 55--64 Pfd. Doch habe ich sie einmal zu 70 Pfd. Schwere gehabt. So ist denn auch ihr Preis nicht nur im Verhältniß ihres Gehalts geringer, sondern wo die Brauer an große Gerste gewöhnt sind, oft noch niedriger. Sie darf nicht gemengt mit andrer Gerste gemalzt werden, weil beide ungleich keimen, und darum nimmt sie niemand gern, wenn man große Gerste genug haben kann, so daß sie dann nur als Viehfutter Abnehmer findet.
Ihr sehr weiches Stroh scheint, selbst dem Gewichte nach, in geringe- rem Verhältnisse, wie bei der großen Gerste zu stehen.
Die große, zweizeilige Gerste
§. 92.
halten die meisten nur für einem mehr thonigen Boden geeignet. Ich habe sie indessen häufig auf mehr sandigem Boden, der 70 Prozent Sand hielt, und im Durchschnitt auf diesem Boden mit größerem Erfolge, wie die kleine Gerste gebauet; wenn ich sie zu Ende des März oder zu Anfange Aprils, sobald als möglich säete, und im Frühjahre nicht dazu pflügte, sondern die Saat nur auf den durch Hackfrüchte tief gelockerten und durchdüngten Bo- den mit dem Exstirpator unterbrachte. Sie ist mir dann nie ganz mißrathen, und das geringste, was ich in den dürren Sommern 1809 und 1810, wo die Gerste besonders in dem Zeitpunkte des Hervortreibens ihrer Aehren sehr an Dürre litt, auf solchem Boden erhalten habe, waren 6 Scheffel vom Morgen. Ich habe sonst auf gleichem aber in große Kraft gesetzten Boden in günstigen Jahren 15 Scheffel erhalten. Deshalb ziehe ich die große Gerste der kleinen in einem der Gerste zuträglichen Fruchtwechsel unbedingt vor.
Die Gerſte.
laſſen, weil ſonſt ihre an ſehr duͤnnen Stielen haͤngende Aehren abfallen. Wenn der Haupttheil keine Milch mehr hat, aber die Koͤrner ſich noch wie Wachs kneten laſſen, die Aehren mehrentheils gelb ſind, ſo iſt es Zeit ſie zu maͤhen, und ſie muß dann in den Schwaden nachreifen.
Iſt ſchon Abfall zu beſorgen, ſo muß ſie nur im Thau gemaͤhet und uͤberhaupt vorſichtig behandelt werden.
Ihr Gewicht und ihr Mehlgehalt iſt betraͤchtlich geringer, wie das der großen Gerſte. Der Scheffel wiegt in der Regel 55—64 Pfd. Doch habe ich ſie einmal zu 70 Pfd. Schwere gehabt. So iſt denn auch ihr Preis nicht nur im Verhaͤltniß ihres Gehalts geringer, ſondern wo die Brauer an große Gerſte gewoͤhnt ſind, oft noch niedriger. Sie darf nicht gemengt mit andrer Gerſte gemalzt werden, weil beide ungleich keimen, und darum nimmt ſie niemand gern, wenn man große Gerſte genug haben kann, ſo daß ſie dann nur als Viehfutter Abnehmer findet.
Ihr ſehr weiches Stroh ſcheint, ſelbſt dem Gewichte nach, in geringe- rem Verhaͤltniſſe, wie bei der großen Gerſte zu ſtehen.
Die große, zweizeilige Gerſte
§. 92.
halten die meiſten nur fuͤr einem mehr thonigen Boden geeignet. Ich habe ſie indeſſen haͤufig auf mehr ſandigem Boden, der 70 Prozent Sand hielt, und im Durchſchnitt auf dieſem Boden mit groͤßerem Erfolge, wie die kleine Gerſte gebauet; wenn ich ſie zu Ende des Maͤrz oder zu Anfange Aprils, ſobald als moͤglich ſaͤete, und im Fruͤhjahre nicht dazu pfluͤgte, ſondern die Saat nur auf den durch Hackfruͤchte tief gelockerten und durchduͤngten Bo- den mit dem Exſtirpator unterbrachte. Sie iſt mir dann nie ganz mißrathen, und das geringſte, was ich in den duͤrren Sommern 1809 und 1810, wo die Gerſte beſonders in dem Zeitpunkte des Hervortreibens ihrer Aehren ſehr an Duͤrre litt, auf ſolchem Boden erhalten habe, waren 6 Scheffel vom Morgen. Ich habe ſonſt auf gleichem aber in große Kraft geſetzten Boden in guͤnſtigen Jahren 15 Scheffel erhalten. Deshalb ziehe ich die große Gerſte der kleinen in einem der Gerſte zutraͤglichen Fruchtwechſel unbedingt vor.
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Die Gerſte.
laſſen, weil ſonſt ihre an ſehr duͤnnen Stielen haͤngende Aehren abfallen.
Wenn der Haupttheil keine Milch mehr hat, aber die Koͤrner ſich noch wie
Wachs kneten laſſen, die Aehren mehrentheils gelb ſind, ſo iſt es Zeit ſie zu
maͤhen, und ſie muß dann in den Schwaden nachreifen.
Iſt ſchon Abfall zu beſorgen, ſo muß ſie nur im Thau gemaͤhet und
uͤberhaupt vorſichtig behandelt werden.
Ihr Gewicht und ihr Mehlgehalt iſt betraͤchtlich geringer, wie das der
großen Gerſte. Der Scheffel wiegt in der Regel 55—64 Pfd. Doch habe
ich ſie einmal zu 70 Pfd. Schwere gehabt. So iſt denn auch ihr Preis
nicht nur im Verhaͤltniß ihres Gehalts geringer, ſondern wo die Brauer an
große Gerſte gewoͤhnt ſind, oft noch niedriger. Sie darf nicht gemengt mit
andrer Gerſte gemalzt werden, weil beide ungleich keimen, und darum nimmt
ſie niemand gern, wenn man große Gerſte genug haben kann, ſo daß ſie
dann nur als Viehfutter Abnehmer findet.
Ihr ſehr weiches Stroh ſcheint, ſelbſt dem Gewichte nach, in geringe-
rem Verhaͤltniſſe, wie bei der großen Gerſte zu ſtehen.
Die große, zweizeilige Gerſte
§. 92.
halten die meiſten nur fuͤr einem mehr thonigen Boden geeignet. Ich habe
ſie indeſſen haͤufig auf mehr ſandigem Boden, der 70 Prozent Sand hielt,
und im Durchſchnitt auf dieſem Boden mit groͤßerem Erfolge, wie die kleine
Gerſte gebauet; wenn ich ſie zu Ende des Maͤrz oder zu Anfange Aprils,
ſobald als moͤglich ſaͤete, und im Fruͤhjahre nicht dazu pfluͤgte, ſondern die
Saat nur auf den durch Hackfruͤchte tief gelockerten und durchduͤngten Bo-
den mit dem Exſtirpator unterbrachte. Sie iſt mir dann nie ganz mißrathen,
und das geringſte, was ich in den duͤrren Sommern 1809 und 1810, wo
die Gerſte beſonders in dem Zeitpunkte des Hervortreibens ihrer Aehren ſehr
an Duͤrre litt, auf ſolchem Boden erhalten habe, waren 6 Scheffel vom
Morgen. Ich habe ſonſt auf gleichem aber in große Kraft geſetzten Boden
in guͤnſtigen Jahren 15 Scheffel erhalten. Deshalb ziehe ich die große Gerſte
der kleinen in einem der Gerſte zutraͤglichen Fruchtwechſel unbedingt vor.
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/108>, abgerufen am 22.02.2025.
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