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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Die Heuernte.
schmackhafter und gedeihlicher werden. Alle grobe, harte Gräser, Seggen und
Binsen, aber auch besonders das auf nassen Brüchern schätzbare blaue Perlgras
oder Schmelen, Aria caerulea, erfordern dieses, und man hat vom letztern
Grase eine Lähmung des Viehes bemerkt, wenn man jene Vorsicht beim Heumachen
nicht beobachtet hatte. In der Regel läßt man solches Heu vier bis sechs Wochen
liegen, damit es mehrere Male tüchtig beregne.

§. 354.

Bereitung
des braunen
Heues.
Um braunes Heu zu machen, bleibt das gemähete Gras einen oder zwei Tage
in Schwaden liegen, bei ungünstigerer Witterung auch länger, wird dann, wenn es
lufttrocken ist, einmal ausgeschüttelt und gewandt, dann aber sogleich in kleine Hau-
fen gebracht, und nachdem es darin einige Tage gestanden, werden diese untereinan-
der gemengt, und zu größeren zusammengebracht. Nachdem es hierin wieder einige
Tage gestanden, bringt man es noch etwas feucht unter starkem Zusammentreten in
Heu-Feimen. Hier erhitzt es sich, geräth in Schweiß, besaugt sich und wird dann
zu einer torfähnlichen Masse. Man darf sich hierbei durchaus nicht verleiten lassen,
das Heu luften und aufstochern zu wollen; vielmehr muß man es dicht zusammenhal-
ten, um den Zutritt der Luft abzuschneiden. Denn wo diese eindringt, entsteht Fäu-
lung und Schimmel. Dieses braune Heu, welches man jedoch selten auf Böden,
sondern nur in Feimen hält, muß nachher mit Messern oder mit einem scharfen Spa-
ten abgestochen, oder gar mit einem Beile ausgehauen werden. Für dieses braune
Heu ist man in vielen Gegenden sehr eingenommen, und hält es dem Viehe für ge-
deihlicher, wie das grüne Heu. Man beruft sich hier auf Erfahrungen und Ver-
suche, die man mit grünem Heu gemacht habe, und die keinesweges zum Vortheil
desselben ausgeschlagen wären. Man findet aber bei genauerer Nachforschung leicht,
daß dieses grüne Heu an Orten, wo man nur die Braunheu-Methode kennt, sehr
unvollkommen gemacht worden; und daß das braune Heu vor schlecht beweidetem
und verwittertem Grünheu den Vorzug habe, ist allerdings nicht zu läugnen. Gutes
grünes Heu ist sonst nach andern Beobachtungen den Pferden, den Schaafen und den
milchenden Kühen angenehmer und zuträglicher gewesen; und nur den Mastochsen
scheint das braune Heu wirklich gedeihlicher zu seyn.

Was man theoretisch für und gegen das braune Heu gesagt hat, beruhet auf
beiden Seiten auf zu unbestimmten Voraussetzungen, um danach die Sache entschei-

den

Die Heuernte.
ſchmackhafter und gedeihlicher werden. Alle grobe, harte Graͤſer, Seggen und
Binſen, aber auch beſonders das auf naſſen Bruͤchern ſchaͤtzbare blaue Perlgras
oder Schmelen, Aria cærulea, erfordern dieſes, und man hat vom letztern
Graſe eine Laͤhmung des Viehes bemerkt, wenn man jene Vorſicht beim Heumachen
nicht beobachtet hatte. In der Regel laͤßt man ſolches Heu vier bis ſechs Wochen
liegen, damit es mehrere Male tuͤchtig beregne.

§. 354.

Bereitung
des braunen
Heues.
Um braunes Heu zu machen, bleibt das gemaͤhete Gras einen oder zwei Tage
in Schwaden liegen, bei unguͤnſtigerer Witterung auch laͤnger, wird dann, wenn es
lufttrocken iſt, einmal ausgeſchuͤttelt und gewandt, dann aber ſogleich in kleine Hau-
fen gebracht, und nachdem es darin einige Tage geſtanden, werden dieſe untereinan-
der gemengt, und zu groͤßeren zuſammengebracht. Nachdem es hierin wieder einige
Tage geſtanden, bringt man es noch etwas feucht unter ſtarkem Zuſammentreten in
Heu-Feimen. Hier erhitzt es ſich, geraͤth in Schweiß, beſaugt ſich und wird dann
zu einer torfaͤhnlichen Maſſe. Man darf ſich hierbei durchaus nicht verleiten laſſen,
das Heu luften und aufſtochern zu wollen; vielmehr muß man es dicht zuſammenhal-
ten, um den Zutritt der Luft abzuſchneiden. Denn wo dieſe eindringt, entſteht Faͤu-
lung und Schimmel. Dieſes braune Heu, welches man jedoch ſelten auf Boͤden,
ſondern nur in Feimen haͤlt, muß nachher mit Meſſern oder mit einem ſcharfen Spa-
ten abgeſtochen, oder gar mit einem Beile ausgehauen werden. Fuͤr dieſes braune
Heu iſt man in vielen Gegenden ſehr eingenommen, und haͤlt es dem Viehe fuͤr ge-
deihlicher, wie das gruͤne Heu. Man beruft ſich hier auf Erfahrungen und Ver-
ſuche, die man mit gruͤnem Heu gemacht habe, und die keinesweges zum Vortheil
deſſelben ausgeſchlagen waͤren. Man findet aber bei genauerer Nachforſchung leicht,
daß dieſes gruͤne Heu an Orten, wo man nur die Braunheu-Methode kennt, ſehr
unvollkommen gemacht worden; und daß das braune Heu vor ſchlecht beweidetem
und verwittertem Gruͤnheu den Vorzug habe, iſt allerdings nicht zu laͤugnen. Gutes
gruͤnes Heu iſt ſonſt nach andern Beobachtungen den Pferden, den Schaafen und den
milchenden Kuͤhen angenehmer und zutraͤglicher geweſen; und nur den Maſtochſen
ſcheint das braune Heu wirklich gedeihlicher zu ſeyn.

Was man theoretiſch fuͤr und gegen das braune Heu geſagt hat, beruhet auf
beiden Seiten auf zu unbeſtimmten Vorausſetzungen, um danach die Sache entſchei-

den
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[264/0286] Die Heuernte. ſchmackhafter und gedeihlicher werden. Alle grobe, harte Graͤſer, Seggen und Binſen, aber auch beſonders das auf naſſen Bruͤchern ſchaͤtzbare blaue Perlgras oder Schmelen, Aria cærulea, erfordern dieſes, und man hat vom letztern Graſe eine Laͤhmung des Viehes bemerkt, wenn man jene Vorſicht beim Heumachen nicht beobachtet hatte. In der Regel laͤßt man ſolches Heu vier bis ſechs Wochen liegen, damit es mehrere Male tuͤchtig beregne. §. 354. Um braunes Heu zu machen, bleibt das gemaͤhete Gras einen oder zwei Tage in Schwaden liegen, bei unguͤnſtigerer Witterung auch laͤnger, wird dann, wenn es lufttrocken iſt, einmal ausgeſchuͤttelt und gewandt, dann aber ſogleich in kleine Hau- fen gebracht, und nachdem es darin einige Tage geſtanden, werden dieſe untereinan- der gemengt, und zu groͤßeren zuſammengebracht. Nachdem es hierin wieder einige Tage geſtanden, bringt man es noch etwas feucht unter ſtarkem Zuſammentreten in Heu-Feimen. Hier erhitzt es ſich, geraͤth in Schweiß, beſaugt ſich und wird dann zu einer torfaͤhnlichen Maſſe. Man darf ſich hierbei durchaus nicht verleiten laſſen, das Heu luften und aufſtochern zu wollen; vielmehr muß man es dicht zuſammenhal- ten, um den Zutritt der Luft abzuſchneiden. Denn wo dieſe eindringt, entſteht Faͤu- lung und Schimmel. Dieſes braune Heu, welches man jedoch ſelten auf Boͤden, ſondern nur in Feimen haͤlt, muß nachher mit Meſſern oder mit einem ſcharfen Spa- ten abgeſtochen, oder gar mit einem Beile ausgehauen werden. Fuͤr dieſes braune Heu iſt man in vielen Gegenden ſehr eingenommen, und haͤlt es dem Viehe fuͤr ge- deihlicher, wie das gruͤne Heu. Man beruft ſich hier auf Erfahrungen und Ver- ſuche, die man mit gruͤnem Heu gemacht habe, und die keinesweges zum Vortheil deſſelben ausgeſchlagen waͤren. Man findet aber bei genauerer Nachforſchung leicht, daß dieſes gruͤne Heu an Orten, wo man nur die Braunheu-Methode kennt, ſehr unvollkommen gemacht worden; und daß das braune Heu vor ſchlecht beweidetem und verwittertem Gruͤnheu den Vorzug habe, iſt allerdings nicht zu laͤugnen. Gutes gruͤnes Heu iſt ſonſt nach andern Beobachtungen den Pferden, den Schaafen und den milchenden Kuͤhen angenehmer und zutraͤglicher geweſen; und nur den Maſtochſen ſcheint das braune Heu wirklich gedeihlicher zu ſeyn. Bereitung des braunen Heues. Was man theoretiſch fuͤr und gegen das braune Heu geſagt hat, beruhet auf beiden Seiten auf zu unbeſtimmten Vorausſetzungen, um danach die Sache entſchei- den

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/286>, abgerufen am 21.11.2024.