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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Abwässerung.
Ueberströmungen bloß vom Rückstau des Meeres, von sogenannten Doppelflutheu
und vom Wellenschlage herrühren können, deren möglichste Größe und Gewalt man
durch Erfahrung und nach Theorie kennen lernen konnte. Dies ist aber nicht mög-
lich, wo die Gefahr der Ueberströmung von Landfluthen oder von einem sich stopfen-
den Eisgange herrühret, indem es sich durchaus nicht bestimmen läßt, wie arg es da-
mit werden könne.

Im letztern Falle ist ohne Zweifel ein sehr breites Vorland -- so nennt man
das zwischen dem Deiche und dem Strome liegende unbewallte Land -- und ein
möglichst gerader, oder nur in einem weiten Zirkelbogen sich krümmender Gang des
Flußes ungleich sicherer, wie die möglich höchste und stärkste Anlage der Verwallung.
Leider ist man aber häufig mit der Eindeichung an manchen Orten theils zu voreilig --
eher das angesetzte Land seine sogenannte Reife erhalten hatte -- theils zu geizig mit
dem Lande, welches man für den Ackerbau gewinnen wollte, gewesen, und hat da-
durch die Gefahr und den von Zeit zu Zeit erfolgenden nun vielleicht unabwendlichen
Schaden weit über das Verhältniß des Werths des mehr gewonnenen Landes
vergrößert.

§. 257.

Wenn durch die Deiche der Ueberströmung aus den Flüssen gewehrt ist, so wirdDas Binnen-
wasser.

dadurch die Nässe des eingedeichten Landes noch nicht gehoben.

Das von der Höhe herunterkommende und dem Strome zufließende Wasser muß
seinen Abzug erhalten, und seiner Stauung und Ueberströmung muß gewehrt werden.
Die Vorkehrungen, welche man hierzu getroffen hat, sind verschieden, und müssen
es ihrer Lokalität nach seyn.

Zuweilen leitet man es durch Kanäle dem Flusse in möglichst gerader RichtungAuslaßschlen-
sen.

zu, und läßt es durch Auswässerungsschleusen (Sielen) unter dem Deiche aus.
Sie sind mehrentheils mit Fallthüren (Sielklappen) versehen, die das äußere
Wasser, wenn es höher steht, zuschließet, wogegen sie, wenn dieses gefallen ist, von
dem innern herausdrängenden Wasser geöffnet werden.

§. 258.

Das höher liegende Marschland entledigt sich dadurch seiner Nässe mehrentheilsEntwässerung
des niedern
Landes.

ganz gut. Aber nicht so dasjenige, was gewöhnlich mehr landeinwärts, niedriger

Abwaͤſſerung.
Ueberſtroͤmungen bloß vom Ruͤckſtau des Meeres, von ſogenannten Doppelflutheu
und vom Wellenſchlage herruͤhren koͤnnen, deren moͤglichſte Groͤße und Gewalt man
durch Erfahrung und nach Theorie kennen lernen konnte. Dies iſt aber nicht moͤg-
lich, wo die Gefahr der Ueberſtroͤmung von Landfluthen oder von einem ſich ſtopfen-
den Eisgange herruͤhret, indem es ſich durchaus nicht beſtimmen laͤßt, wie arg es da-
mit werden koͤnne.

Im letztern Falle iſt ohne Zweifel ein ſehr breites Vorland — ſo nennt man
das zwiſchen dem Deiche und dem Strome liegende unbewallte Land — und ein
moͤglichſt gerader, oder nur in einem weiten Zirkelbogen ſich kruͤmmender Gang des
Flußes ungleich ſicherer, wie die moͤglich hoͤchſte und ſtaͤrkſte Anlage der Verwallung.
Leider iſt man aber haͤufig mit der Eindeichung an manchen Orten theils zu voreilig —
eher das angeſetzte Land ſeine ſogenannte Reife erhalten hatte — theils zu geizig mit
dem Lande, welches man fuͤr den Ackerbau gewinnen wollte, geweſen, und hat da-
durch die Gefahr und den von Zeit zu Zeit erfolgenden nun vielleicht unabwendlichen
Schaden weit uͤber das Verhaͤltniß des Werths des mehr gewonnenen Landes
vergroͤßert.

§. 257.

Wenn durch die Deiche der Ueberſtroͤmung aus den Fluͤſſen gewehrt iſt, ſo wirdDas Binnen-
waſſer.

dadurch die Naͤſſe des eingedeichten Landes noch nicht gehoben.

Das von der Hoͤhe herunterkommende und dem Strome zufließende Waſſer muß
ſeinen Abzug erhalten, und ſeiner Stauung und Ueberſtroͤmung muß gewehrt werden.
Die Vorkehrungen, welche man hierzu getroffen hat, ſind verſchieden, und muͤſſen
es ihrer Lokalitaͤt nach ſeyn.

Zuweilen leitet man es durch Kanaͤle dem Fluſſe in moͤglichſt gerader RichtungAuslaßſchlen-
ſen.

zu, und laͤßt es durch Auswaͤſſerungsſchleuſen (Sielen) unter dem Deiche aus.
Sie ſind mehrentheils mit Fallthuͤren (Sielklappen) verſehen, die das aͤußere
Waſſer, wenn es hoͤher ſteht, zuſchließet, wogegen ſie, wenn dieſes gefallen iſt, von
dem innern herausdraͤngenden Waſſer geoͤffnet werden.

§. 258.

Das hoͤher liegende Marſchland entledigt ſich dadurch ſeiner Naͤſſe mehrentheilsEntwaͤſſerung
des niedern
Landes.

ganz gut. Aber nicht ſo dasjenige, was gewoͤhnlich mehr landeinwaͤrts, niedriger

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[167/0189] Abwaͤſſerung. Ueberſtroͤmungen bloß vom Ruͤckſtau des Meeres, von ſogenannten Doppelflutheu und vom Wellenſchlage herruͤhren koͤnnen, deren moͤglichſte Groͤße und Gewalt man durch Erfahrung und nach Theorie kennen lernen konnte. Dies iſt aber nicht moͤg- lich, wo die Gefahr der Ueberſtroͤmung von Landfluthen oder von einem ſich ſtopfen- den Eisgange herruͤhret, indem es ſich durchaus nicht beſtimmen laͤßt, wie arg es da- mit werden koͤnne. Im letztern Falle iſt ohne Zweifel ein ſehr breites Vorland — ſo nennt man das zwiſchen dem Deiche und dem Strome liegende unbewallte Land — und ein moͤglichſt gerader, oder nur in einem weiten Zirkelbogen ſich kruͤmmender Gang des Flußes ungleich ſicherer, wie die moͤglich hoͤchſte und ſtaͤrkſte Anlage der Verwallung. Leider iſt man aber haͤufig mit der Eindeichung an manchen Orten theils zu voreilig — eher das angeſetzte Land ſeine ſogenannte Reife erhalten hatte — theils zu geizig mit dem Lande, welches man fuͤr den Ackerbau gewinnen wollte, geweſen, und hat da- durch die Gefahr und den von Zeit zu Zeit erfolgenden nun vielleicht unabwendlichen Schaden weit uͤber das Verhaͤltniß des Werths des mehr gewonnenen Landes vergroͤßert. §. 257. Wenn durch die Deiche der Ueberſtroͤmung aus den Fluͤſſen gewehrt iſt, ſo wird dadurch die Naͤſſe des eingedeichten Landes noch nicht gehoben. Das Binnen- waſſer. Das von der Hoͤhe herunterkommende und dem Strome zufließende Waſſer muß ſeinen Abzug erhalten, und ſeiner Stauung und Ueberſtroͤmung muß gewehrt werden. Die Vorkehrungen, welche man hierzu getroffen hat, ſind verſchieden, und muͤſſen es ihrer Lokalitaͤt nach ſeyn. Zuweilen leitet man es durch Kanaͤle dem Fluſſe in moͤglichſt gerader Richtung zu, und laͤßt es durch Auswaͤſſerungsſchleuſen (Sielen) unter dem Deiche aus. Sie ſind mehrentheils mit Fallthuͤren (Sielklappen) verſehen, die das aͤußere Waſſer, wenn es hoͤher ſteht, zuſchließet, wogegen ſie, wenn dieſes gefallen iſt, von dem innern herausdraͤngenden Waſſer geoͤffnet werden. Auslaßſchlen- ſen. §. 258. Das hoͤher liegende Marſchland entledigt ſich dadurch ſeiner Naͤſſe mehrentheils ganz gut. Aber nicht ſo dasjenige, was gewoͤhnlich mehr landeinwaͤrts, niedriger Entwaͤſſerung des niedern Landes.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/189>, abgerufen am 03.12.2024.