Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Urbarmachung unangebauter Ländereien.
läßiget, und diesem alle Kraft der Wirthschaft zugewandt, in welchem Falle dann
der Ertrag des Ganzen eine oft lange Reihe von Jahren hindurch geringer ward,
als er vorher war. Oder aber -- was häufiger geschehen ist -- man machte den
neuen Acker, nachdem man ihn umgebrochen, dem alten bloß dienstbar, er-
schöpfte die darin angesammleten natürlichen Kräfte durch Ernten von verkäuf-
lichen oder auf dem Hofe zu consumirenden Früchten, ohne ihm den daraus erfol-
genden Dünger wieder zu geben, in dem Wahne, daß er noch immer natürliche
Kraft genug auf etliche Jahre habe, und daß man ihm solche dereinst einmal
durch eine Düngung wiedergeben könne. Allein ein solcher neuer Aufbruch hat,
wie die Erfahrung lehrt, das Eigenthümliche, daß er, einmal erschöpft, wieder-
holte Düngungen erfordert, um wieder in Kraft gesetzt zu werden, und ohne solche
allen reinen Ertrag versagt. Mehrentheils läßt man ihn dann als einen undank-
baren Boden im erschöpften Zustande liegen, wo er nun als öde Scholle, die das
Leben keines Schaafes erhalten kann, ein abschreckendes Beispiel gegen solche Un-
ternehmungen abgiebt.

§. 192.

Zu beobach-
tender Grund-
satz.
Der erste nie ungestraft zu verabsäumende Grundsatz muß der seyn: für das
auf dem vermehrten Acker nach richtigen ökonomischen Grundsätzen mehr zu hal-
tende Vieh nahrhafte, Futterung zu gewinnen. Deshalb muß man auf dem un-
aufgebrochenen Lande -- es sey denn reicher angeschwemmter Marschboden --
gegen eine Getreideernte wenigstens zwei Futterernten oder Weidejahre zu An-
fange nehmen, und den sämmtlichen davon erfolgten Mist ihm wiedergeben.
Oder aber man muß statt des neuen Aufbruchs so viel altes Land zur Weide oder
zum Futtergewächsbau aussetzen, und den von diesem erfolgten Mist jenem wieder
zukommen lassen, aber doch, auch bei zureichender Düngung, den neu aufge-
brochenen losern Boden nie zu viele Jahre unter dem Pfluge halten, sondern ihn
mit Klee oder andern Futterkräutern wieder eindreeschen lassen, ehe er seine Bin-
dung ganz verliert. Ueberhaupt aber muß man das in der Wirthschaft fehlende
richtige Verhältniß durch Urbarmachung herstellen, nicht noch mehr außer Gleich-
gewicht bringen.


Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.
laͤßiget, und dieſem alle Kraft der Wirthſchaft zugewandt, in welchem Falle dann
der Ertrag des Ganzen eine oft lange Reihe von Jahren hindurch geringer ward,
als er vorher war. Oder aber — was haͤufiger geſchehen iſt — man machte den
neuen Acker, nachdem man ihn umgebrochen, dem alten bloß dienſtbar, er-
ſchoͤpfte die darin angeſammleten natuͤrlichen Kraͤfte durch Ernten von verkaͤuf-
lichen oder auf dem Hofe zu conſumirenden Fruͤchten, ohne ihm den daraus erfol-
genden Duͤnger wieder zu geben, in dem Wahne, daß er noch immer natuͤrliche
Kraft genug auf etliche Jahre habe, und daß man ihm ſolche dereinſt einmal
durch eine Duͤngung wiedergeben koͤnne. Allein ein ſolcher neuer Aufbruch hat,
wie die Erfahrung lehrt, das Eigenthuͤmliche, daß er, einmal erſchoͤpft, wieder-
holte Duͤngungen erfordert, um wieder in Kraft geſetzt zu werden, und ohne ſolche
allen reinen Ertrag verſagt. Mehrentheils laͤßt man ihn dann als einen undank-
baren Boden im erſchoͤpften Zuſtande liegen, wo er nun als oͤde Scholle, die das
Leben keines Schaafes erhalten kann, ein abſchreckendes Beiſpiel gegen ſolche Un-
ternehmungen abgiebt.

§. 192.

Zu beobach-
tender Grund-
ſatz.
Der erſte nie ungeſtraft zu verabſaͤumende Grundſatz muß der ſeyn: fuͤr das
auf dem vermehrten Acker nach richtigen oͤkonomiſchen Grundſaͤtzen mehr zu hal-
tende Vieh nahrhafte, Futterung zu gewinnen. Deshalb muß man auf dem un-
aufgebrochenen Lande — es ſey denn reicher angeſchwemmter Marſchboden —
gegen eine Getreideernte wenigſtens zwei Futterernten oder Weidejahre zu An-
fange nehmen, und den ſaͤmmtlichen davon erfolgten Miſt ihm wiedergeben.
Oder aber man muß ſtatt des neuen Aufbruchs ſo viel altes Land zur Weide oder
zum Futtergewaͤchsbau ausſetzen, und den von dieſem erfolgten Miſt jenem wieder
zukommen laſſen, aber doch, auch bei zureichender Duͤngung, den neu aufge-
brochenen loſern Boden nie zu viele Jahre unter dem Pfluge halten, ſondern ihn
mit Klee oder andern Futterkraͤutern wieder eindreeſchen laſſen, ehe er ſeine Bin-
dung ganz verliert. Ueberhaupt aber muß man das in der Wirthſchaft fehlende
richtige Verhaͤltniß durch Urbarmachung herſtellen, nicht noch mehr außer Gleich-
gewicht bringen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0130" n="108"/><fw place="top" type="header">Urbarmachung unangebauter La&#x0364;ndereien.</fw><lb/>
la&#x0364;ßiget, und die&#x017F;em alle Kraft der Wirth&#x017F;chaft zugewandt, in welchem Falle dann<lb/>
der Ertrag des Ganzen eine oft lange Reihe von Jahren hindurch geringer ward,<lb/>
als er vorher war. Oder aber &#x2014; was ha&#x0364;ufiger ge&#x017F;chehen i&#x017F;t &#x2014; man machte den<lb/>
neuen Acker, nachdem man ihn umgebrochen, dem alten bloß dien&#x017F;tbar, er-<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;pfte die darin ange&#x017F;ammleten natu&#x0364;rlichen Kra&#x0364;fte durch Ernten von verka&#x0364;uf-<lb/>
lichen oder auf dem Hofe zu con&#x017F;umirenden Fru&#x0364;chten, ohne ihm den daraus erfol-<lb/>
genden Du&#x0364;nger wieder zu geben, in dem Wahne, daß er noch immer natu&#x0364;rliche<lb/>
Kraft genug auf etliche Jahre habe, und daß man ihm &#x017F;olche <hi rendition="#g">derein&#x017F;t einmal</hi><lb/>
durch eine Du&#x0364;ngung wiedergeben ko&#x0364;nne. Allein ein &#x017F;olcher neuer Aufbruch hat,<lb/>
wie die Erfahrung lehrt, das Eigenthu&#x0364;mliche, daß er, einmal er&#x017F;cho&#x0364;pft, wieder-<lb/>
holte Du&#x0364;ngungen erfordert, um wieder in Kraft ge&#x017F;etzt zu werden, und ohne &#x017F;olche<lb/>
allen reinen Ertrag ver&#x017F;agt. Mehrentheils la&#x0364;ßt man ihn dann als einen undank-<lb/>
baren Boden im er&#x017F;cho&#x0364;pften Zu&#x017F;tande liegen, wo er nun als o&#x0364;de Scholle, die das<lb/>
Leben keines Schaafes erhalten kann, ein ab&#x017F;chreckendes Bei&#x017F;piel gegen &#x017F;olche Un-<lb/>
ternehmungen abgiebt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 192.</head><lb/>
              <p><note place="left">Zu beobach-<lb/>
tender Grund-<lb/>
&#x017F;atz.</note>Der er&#x017F;te nie unge&#x017F;traft zu verab&#x017F;a&#x0364;umende Grund&#x017F;atz muß der &#x017F;eyn: fu&#x0364;r das<lb/>
auf dem vermehrten Acker nach richtigen o&#x0364;konomi&#x017F;chen Grund&#x017F;a&#x0364;tzen mehr zu hal-<lb/>
tende Vieh nahrhafte, Futterung zu gewinnen. Deshalb muß man auf dem un-<lb/>
aufgebrochenen Lande &#x2014; es &#x017F;ey denn reicher ange&#x017F;chwemmter Mar&#x017F;chboden &#x2014;<lb/>
gegen eine Getreideernte wenig&#x017F;tens zwei Futterernten oder Weidejahre zu An-<lb/>
fange nehmen, und den &#x017F;a&#x0364;mmtlichen davon erfolgten Mi&#x017F;t ihm wiedergeben.<lb/>
Oder aber man muß &#x017F;tatt des neuen Aufbruchs &#x017F;o viel altes Land zur Weide oder<lb/>
zum Futtergewa&#x0364;chsbau aus&#x017F;etzen, und den von die&#x017F;em erfolgten Mi&#x017F;t jenem wieder<lb/>
zukommen la&#x017F;&#x017F;en, aber doch, auch bei zureichender Du&#x0364;ngung, den neu aufge-<lb/>
brochenen lo&#x017F;ern Boden nie zu viele Jahre unter dem Pfluge halten, &#x017F;ondern ihn<lb/>
mit Klee oder andern Futterkra&#x0364;utern wieder eindree&#x017F;chen la&#x017F;&#x017F;en, ehe er &#x017F;eine Bin-<lb/>
dung ganz verliert. Ueberhaupt aber muß man das in der Wirth&#x017F;chaft fehlende<lb/>
richtige Verha&#x0364;ltniß durch Urbarmachung her&#x017F;tellen, nicht noch mehr außer Gleich-<lb/>
gewicht bringen.</p>
            </div><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[108/0130] Urbarmachung unangebauter Laͤndereien. laͤßiget, und dieſem alle Kraft der Wirthſchaft zugewandt, in welchem Falle dann der Ertrag des Ganzen eine oft lange Reihe von Jahren hindurch geringer ward, als er vorher war. Oder aber — was haͤufiger geſchehen iſt — man machte den neuen Acker, nachdem man ihn umgebrochen, dem alten bloß dienſtbar, er- ſchoͤpfte die darin angeſammleten natuͤrlichen Kraͤfte durch Ernten von verkaͤuf- lichen oder auf dem Hofe zu conſumirenden Fruͤchten, ohne ihm den daraus erfol- genden Duͤnger wieder zu geben, in dem Wahne, daß er noch immer natuͤrliche Kraft genug auf etliche Jahre habe, und daß man ihm ſolche dereinſt einmal durch eine Duͤngung wiedergeben koͤnne. Allein ein ſolcher neuer Aufbruch hat, wie die Erfahrung lehrt, das Eigenthuͤmliche, daß er, einmal erſchoͤpft, wieder- holte Duͤngungen erfordert, um wieder in Kraft geſetzt zu werden, und ohne ſolche allen reinen Ertrag verſagt. Mehrentheils laͤßt man ihn dann als einen undank- baren Boden im erſchoͤpften Zuſtande liegen, wo er nun als oͤde Scholle, die das Leben keines Schaafes erhalten kann, ein abſchreckendes Beiſpiel gegen ſolche Un- ternehmungen abgiebt. §. 192. Der erſte nie ungeſtraft zu verabſaͤumende Grundſatz muß der ſeyn: fuͤr das auf dem vermehrten Acker nach richtigen oͤkonomiſchen Grundſaͤtzen mehr zu hal- tende Vieh nahrhafte, Futterung zu gewinnen. Deshalb muß man auf dem un- aufgebrochenen Lande — es ſey denn reicher angeſchwemmter Marſchboden — gegen eine Getreideernte wenigſtens zwei Futterernten oder Weidejahre zu An- fange nehmen, und den ſaͤmmtlichen davon erfolgten Miſt ihm wiedergeben. Oder aber man muß ſtatt des neuen Aufbruchs ſo viel altes Land zur Weide oder zum Futtergewaͤchsbau ausſetzen, und den von dieſem erfolgten Miſt jenem wieder zukommen laſſen, aber doch, auch bei zureichender Duͤngung, den neu aufge- brochenen loſern Boden nie zu viele Jahre unter dem Pfluge halten, ſondern ihn mit Klee oder andern Futterkraͤutern wieder eindreeſchen laſſen, ehe er ſeine Bin- dung ganz verliert. Ueberhaupt aber muß man das in der Wirthſchaft fehlende richtige Verhaͤltniß durch Urbarmachung herſtellen, nicht noch mehr außer Gleich- gewicht bringen. Zu beobach- tender Grund- ſatz.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/130
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/130>, abgerufen am 21.11.2024.