Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Mistdüngung.
sagt, daß man mittelst des Strohes dieselbe Masse von Dünger gewönne, die man
bei der gewöhnlichen Einstreuung gewinnen würde, und daß selbst dieser Dünger
durch das sorgfältige Zusammenschlagen in einen fruchtbringendern Zustand versetzt
würde. Ueberdem aber sey die flüssige Gülle ihrem Effekte nach eben so viel, nach
andern das Doppelte werth, wie der strohige Mist; so daß man durch diese Methode
das Doppelte oder gar das drifache gegen die gewöhnliche an Dungkraft erhalte. Hie-
rin scheint ein so großer Widerspruch zu liegen, daß man der Behauptung ohne über-
zeugende comparativ angestellte Versuche unmöglich Glauben beimessen kann. In-
dessen leugne ich nicht die Möglichkeit, daß man doch mehr an Dungkraft dadurch ge-
winnen könne, indem nämlich bei dieser Behandlung fruchtbringendere Zersetzungen
und neue Verbindungen der Urstoffe vor sich gehen können, als bei der gewöhnlichen.
Es läßt sich vielleicht annehmen, daß bei der Gährung und Fäulniß der Jauche, so
wie überhaupt des Mistes, eine Zersetzung des Wassers vor sich gehe, und somit
eigene Substanzen erzeugt werden, die wir noch nicht genugsam kennen. Daß der
flüssige Dünger zuweilen auffallend viel bewirke, insbesondere auf sandigem Boden,
und daß er insbesondere die zu große Lockerheit, welche dieser durch viele Bearbeitung
und Strohdüngung erhalten hat, sehr verbessere, haben unbezweifelte Erfahrungen
im Großen gelehrt. In die Güllenbehälter bringt man noch allerlei vegetabilische und
animalische Abfälle, insbesondere gesammelten menschlichen Urin.

Wenn ich also der Methode an sich nicht allen Vortheil absprechen will, so frägt
sichs dennoch, ob er der Arbeit und Sorgfalt werth sey, welche sie erfordert, wenn
man nämlich unsere gewöhnliche Methode, bei welcher aber alles auch auf das sorg-
fältigste eingerichtet seyn muß, dagegen hält. Sobald nämlich bei unserer Methode
der zusammengehaltene Mist mehrere Feuchtigkeit hat, als er in sich aufnehmen kann,
muß diese Jauche eben sowohl aufgefangen und benutzt werden. Wo man sie abflie-
ßen läßt -- was freilich wegen des Mangels einer guten Einrichtung des Misthofes noch
häufig geschieht -- da wird eine wirksame Dungkraft verschwendet, insbesondere
bei einer saftigen Futterungsart. Für diese die Miststelle durchziehende und wieder
abfließende Jauche sind Behälter immer höchst nöthig.

§. 38.

Die Behandlung und Ausführung des flüssigen Düngers ist sonst auf keineBehandlung
des flüssigen
Mistes und
der Jauche.

Weise so weitläuftig und beschwerlich, wie sie manche sich vorstellen. Die Jauche wird

Die Miſtduͤngung.
ſagt, daß man mittelſt des Strohes dieſelbe Maſſe von Duͤnger gewoͤnne, die man
bei der gewoͤhnlichen Einſtreuung gewinnen wuͤrde, und daß ſelbſt dieſer Duͤnger
durch das ſorgfaͤltige Zuſammenſchlagen in einen fruchtbringendern Zuſtand verſetzt
wuͤrde. Ueberdem aber ſey die fluͤſſige Guͤlle ihrem Effekte nach eben ſo viel, nach
andern das Doppelte werth, wie der ſtrohige Miſt; ſo daß man durch dieſe Methode
das Doppelte oder gar das drifache gegen die gewoͤhnliche an Dungkraft erhalte. Hie-
rin ſcheint ein ſo großer Widerſpruch zu liegen, daß man der Behauptung ohne uͤber-
zeugende comparativ angeſtellte Verſuche unmoͤglich Glauben beimeſſen kann. In-
deſſen leugne ich nicht die Moͤglichkeit, daß man doch mehr an Dungkraft dadurch ge-
winnen koͤnne, indem naͤmlich bei dieſer Behandlung fruchtbringendere Zerſetzungen
und neue Verbindungen der Urſtoffe vor ſich gehen koͤnnen, als bei der gewoͤhnlichen.
Es laͤßt ſich vielleicht annehmen, daß bei der Gaͤhrung und Faͤulniß der Jauche, ſo
wie uͤberhaupt des Miſtes, eine Zerſetzung des Waſſers vor ſich gehe, und ſomit
eigene Subſtanzen erzeugt werden, die wir noch nicht genugſam kennen. Daß der
fluͤſſige Duͤnger zuweilen auffallend viel bewirke, insbeſondere auf ſandigem Boden,
und daß er insbeſondere die zu große Lockerheit, welche dieſer durch viele Bearbeitung
und Strohduͤngung erhalten hat, ſehr verbeſſere, haben unbezweifelte Erfahrungen
im Großen gelehrt. In die Guͤllenbehaͤlter bringt man noch allerlei vegetabiliſche und
animaliſche Abfaͤlle, insbeſondere geſammelten menſchlichen Urin.

Wenn ich alſo der Methode an ſich nicht allen Vortheil abſprechen will, ſo fraͤgt
ſichs dennoch, ob er der Arbeit und Sorgfalt werth ſey, welche ſie erfordert, wenn
man naͤmlich unſere gewoͤhnliche Methode, bei welcher aber alles auch auf das ſorg-
faͤltigſte eingerichtet ſeyn muß, dagegen haͤlt. Sobald naͤmlich bei unſerer Methode
der zuſammengehaltene Miſt mehrere Feuchtigkeit hat, als er in ſich aufnehmen kann,
muß dieſe Jauche eben ſowohl aufgefangen und benutzt werden. Wo man ſie abflie-
ßen laͤßt — was freilich wegen des Mangels einer guten Einrichtung des Miſthofes noch
haͤufig geſchieht — da wird eine wirkſame Dungkraft verſchwendet, insbeſondere
bei einer ſaftigen Futterungsart. Fuͤr dieſe die Miſtſtelle durchziehende und wieder
abfließende Jauche ſind Behaͤlter immer hoͤchſt noͤthig.

§. 38.

Die Behandlung und Ausfuͤhrung des fluͤſſigen Duͤngers iſt ſonſt auf keineBehandlung
des fluͤſſigen
Miſtes und
der Jauche.

Weiſe ſo weitlaͤuftig und beſchwerlich, wie ſie manche ſich vorſtellen. Die Jauche wird

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0263" n="215"/><fw place="top" type="header">Die Mi&#x017F;tdu&#x0364;ngung.</fw><lb/>
&#x017F;agt, daß man mittel&#x017F;t des Strohes die&#x017F;elbe Ma&#x017F;&#x017F;e von Du&#x0364;nger gewo&#x0364;nne, die man<lb/>
bei der gewo&#x0364;hnlichen Ein&#x017F;treuung gewinnen wu&#x0364;rde, und daß &#x017F;elb&#x017F;t die&#x017F;er Du&#x0364;nger<lb/>
durch das &#x017F;orgfa&#x0364;ltige Zu&#x017F;ammen&#x017F;chlagen in einen fruchtbringendern Zu&#x017F;tand ver&#x017F;etzt<lb/>
wu&#x0364;rde. Ueberdem aber &#x017F;ey die flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige Gu&#x0364;lle ihrem Effekte nach eben &#x017F;o viel, nach<lb/>
andern das Doppelte werth, wie der &#x017F;trohige Mi&#x017F;t; &#x017F;o daß man durch die&#x017F;e Methode<lb/>
das Doppelte oder gar das drifache gegen die gewo&#x0364;hnliche an Dungkraft erhalte. Hie-<lb/>
rin &#x017F;cheint ein &#x017F;o großer Wider&#x017F;pruch zu liegen, daß man der Behauptung ohne u&#x0364;ber-<lb/>
zeugende comparativ ange&#x017F;tellte Ver&#x017F;uche unmo&#x0364;glich Glauben beime&#x017F;&#x017F;en kann. In-<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en leugne ich nicht die Mo&#x0364;glichkeit, daß man doch mehr an Dungkraft dadurch ge-<lb/>
winnen ko&#x0364;nne, indem na&#x0364;mlich bei die&#x017F;er Behandlung fruchtbringendere Zer&#x017F;etzungen<lb/>
und neue Verbindungen der Ur&#x017F;toffe vor &#x017F;ich gehen ko&#x0364;nnen, als bei der gewo&#x0364;hnlichen.<lb/>
Es la&#x0364;ßt &#x017F;ich vielleicht annehmen, daß bei der Ga&#x0364;hrung und Fa&#x0364;ulniß der Jauche, &#x017F;o<lb/>
wie u&#x0364;berhaupt des Mi&#x017F;tes, eine Zer&#x017F;etzung des Wa&#x017F;&#x017F;ers vor &#x017F;ich gehe, und &#x017F;omit<lb/>
eigene Sub&#x017F;tanzen erzeugt werden, die wir noch nicht genug&#x017F;am kennen. Daß der<lb/>
flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige Du&#x0364;nger zuweilen auffallend viel bewirke, insbe&#x017F;ondere auf &#x017F;andigem Boden,<lb/>
und daß er insbe&#x017F;ondere die zu große Lockerheit, welche die&#x017F;er durch viele Bearbeitung<lb/>
und Strohdu&#x0364;ngung erhalten hat, &#x017F;ehr verbe&#x017F;&#x017F;ere, haben unbezweifelte Erfahrungen<lb/>
im Großen gelehrt. In die Gu&#x0364;llenbeha&#x0364;lter bringt man noch allerlei vegetabili&#x017F;che und<lb/>
animali&#x017F;che Abfa&#x0364;lle, insbe&#x017F;ondere ge&#x017F;ammelten men&#x017F;chlichen Urin.</p><lb/>
            <p>Wenn ich al&#x017F;o der Methode an &#x017F;ich nicht allen Vortheil ab&#x017F;prechen will, &#x017F;o fra&#x0364;gt<lb/>
&#x017F;ichs dennoch, ob er der Arbeit und Sorgfalt werth &#x017F;ey, welche &#x017F;ie erfordert, wenn<lb/>
man na&#x0364;mlich un&#x017F;ere gewo&#x0364;hnliche Methode, bei welcher aber alles auch auf das &#x017F;org-<lb/>
fa&#x0364;ltig&#x017F;te eingerichtet &#x017F;eyn muß, dagegen ha&#x0364;lt. Sobald na&#x0364;mlich bei un&#x017F;erer Methode<lb/>
der zu&#x017F;ammengehaltene Mi&#x017F;t mehrere Feuchtigkeit hat, als er in &#x017F;ich aufnehmen kann,<lb/>
muß die&#x017F;e Jauche eben &#x017F;owohl aufgefangen und benutzt werden. Wo man &#x017F;ie abflie-<lb/>
ßen la&#x0364;ßt &#x2014; was freilich wegen des Mangels einer guten Einrichtung des Mi&#x017F;thofes noch<lb/>
ha&#x0364;ufig ge&#x017F;chieht &#x2014; da wird eine wirk&#x017F;ame Dungkraft ver&#x017F;chwendet, insbe&#x017F;ondere<lb/>
bei einer &#x017F;aftigen Futterungsart. Fu&#x0364;r die&#x017F;e die Mi&#x017F;t&#x017F;telle durchziehende und wieder<lb/>
abfließende Jauche &#x017F;ind Beha&#x0364;lter immer ho&#x0364;ch&#x017F;t no&#x0364;thig.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 38.</head><lb/>
            <p>Die Behandlung und Ausfu&#x0364;hrung des flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen Du&#x0364;ngers i&#x017F;t &#x017F;on&#x017F;t auf keine<note place="right">Behandlung<lb/>
des flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen<lb/>
Mi&#x017F;tes und<lb/>
der Jauche.</note><lb/>
Wei&#x017F;e &#x017F;o weitla&#x0364;uftig und be&#x017F;chwerlich, wie &#x017F;ie manche &#x017F;ich vor&#x017F;tellen. Die Jauche wird<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[215/0263] Die Miſtduͤngung. ſagt, daß man mittelſt des Strohes dieſelbe Maſſe von Duͤnger gewoͤnne, die man bei der gewoͤhnlichen Einſtreuung gewinnen wuͤrde, und daß ſelbſt dieſer Duͤnger durch das ſorgfaͤltige Zuſammenſchlagen in einen fruchtbringendern Zuſtand verſetzt wuͤrde. Ueberdem aber ſey die fluͤſſige Guͤlle ihrem Effekte nach eben ſo viel, nach andern das Doppelte werth, wie der ſtrohige Miſt; ſo daß man durch dieſe Methode das Doppelte oder gar das drifache gegen die gewoͤhnliche an Dungkraft erhalte. Hie- rin ſcheint ein ſo großer Widerſpruch zu liegen, daß man der Behauptung ohne uͤber- zeugende comparativ angeſtellte Verſuche unmoͤglich Glauben beimeſſen kann. In- deſſen leugne ich nicht die Moͤglichkeit, daß man doch mehr an Dungkraft dadurch ge- winnen koͤnne, indem naͤmlich bei dieſer Behandlung fruchtbringendere Zerſetzungen und neue Verbindungen der Urſtoffe vor ſich gehen koͤnnen, als bei der gewoͤhnlichen. Es laͤßt ſich vielleicht annehmen, daß bei der Gaͤhrung und Faͤulniß der Jauche, ſo wie uͤberhaupt des Miſtes, eine Zerſetzung des Waſſers vor ſich gehe, und ſomit eigene Subſtanzen erzeugt werden, die wir noch nicht genugſam kennen. Daß der fluͤſſige Duͤnger zuweilen auffallend viel bewirke, insbeſondere auf ſandigem Boden, und daß er insbeſondere die zu große Lockerheit, welche dieſer durch viele Bearbeitung und Strohduͤngung erhalten hat, ſehr verbeſſere, haben unbezweifelte Erfahrungen im Großen gelehrt. In die Guͤllenbehaͤlter bringt man noch allerlei vegetabiliſche und animaliſche Abfaͤlle, insbeſondere geſammelten menſchlichen Urin. Wenn ich alſo der Methode an ſich nicht allen Vortheil abſprechen will, ſo fraͤgt ſichs dennoch, ob er der Arbeit und Sorgfalt werth ſey, welche ſie erfordert, wenn man naͤmlich unſere gewoͤhnliche Methode, bei welcher aber alles auch auf das ſorg- faͤltigſte eingerichtet ſeyn muß, dagegen haͤlt. Sobald naͤmlich bei unſerer Methode der zuſammengehaltene Miſt mehrere Feuchtigkeit hat, als er in ſich aufnehmen kann, muß dieſe Jauche eben ſowohl aufgefangen und benutzt werden. Wo man ſie abflie- ßen laͤßt — was freilich wegen des Mangels einer guten Einrichtung des Miſthofes noch haͤufig geſchieht — da wird eine wirkſame Dungkraft verſchwendet, insbeſondere bei einer ſaftigen Futterungsart. Fuͤr dieſe die Miſtſtelle durchziehende und wieder abfließende Jauche ſind Behaͤlter immer hoͤchſt noͤthig. §. 38. Die Behandlung und Ausfuͤhrung des fluͤſſigen Duͤngers iſt ſonſt auf keine Weiſe ſo weitlaͤuftig und beſchwerlich, wie ſie manche ſich vorſtellen. Die Jauche wird Behandlung des fluͤſſigen Miſtes und der Jauche.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/263
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/263>, abgerufen am 03.12.2024.