Die vegetabilischen Körper gehen die bekannten Grade der Gährung durch, und verweilen in jedem kürzere oder längere Zeit, bevor sie durch den letzten Grad derselben, die Fäulniß, völlig zersetzt, d. h. in den Zustand des Moders gebracht werden, welchen man zwar nicht als einen bleibenden unveränderlichen, aber doch als einen Beharrungszustand ansehen kann. Thierische Körper hingegen über- springen die ersteren Gährungsgrade, oder eilen wenigstens so schnell durch selbige hindurch, daß man sie kaum bemerkt, und gehen sogleich zur Fäulniß über, zu welcher sie auch die Vegetabilien mit fortreißen, wenn sie mit ihnen in Berührung stehen.
Diese Fäulniß ist aber ebenfalls nach der verschiedenen Stärke jener Bedin- gungen, oder der Einwirkung der Wärme, der Feuchtigkeit und der Luft verschie- den modifizirt, so wie das Produkt, welches daraus erfolgt.
Verwesung. ohne Fäulniß.Bei einem ganz freien Zutritte der Luft und Mangel der Feuchtigkeit und der höheren Wärme kann Gährung und Fäulniß nicht bemerklich eintreten. Es ent- steht aber doch eine Zersetzung, die wir Verwesung nennen, und die einer lang- samen Verbrennung gleich kommt, bei welcher ein verschiedener und gewöhnlich geringerer Rückstand verbleibt; indem nämlich der größte Theil des Kohlenstof- fes mit Sauerstoff vereinigt als Kohlensäure davon geht.
§. 7.
Thierische Fäulniß.Die schnellere Zersetzung der thierischen Körper durch Fäulniß rührt ohne Zweifel von der mannigfaltigern, vermittelst des Durchganges durch mehrere lebende Systeme (indem nämlich die Vegetabilien den Thieren ihre Nahrung erst vorbereiten müssen) erzwungenen Zusammensetzung verselben her. Das Product derselben ist verschieden, und ist von größerer Wirksamkeit auf die Pflanzen, in- dem es ihnen nicht bloß Nahrung, sondern auch Reiz sie aufzunehmen zu geben scheint. Es wird deshalb aber auch um so leichter und schneller consumirt und er- schöpft. Darum ist der animalische Dünger bei weitem der kräftigere, aber auch der am wenigsten nachhaltende und ausdauernde. Es scheint als wenn er auch den- jenigen Grad der Zersetzung, worin er den Pflanzen die meiste Nahrung geben kann, zuweilen überspringe, und nur jenes Product der Verwesung §. 6. hinterlasse.
§. 8.
Duͤngung im Allgemeinen.
Die vegetabiliſchen Koͤrper gehen die bekannten Grade der Gaͤhrung durch, und verweilen in jedem kuͤrzere oder laͤngere Zeit, bevor ſie durch den letzten Grad derſelben, die Faͤulniß, voͤllig zerſetzt, d. h. in den Zuſtand des Moders gebracht werden, welchen man zwar nicht als einen bleibenden unveraͤnderlichen, aber doch als einen Beharrungszuſtand anſehen kann. Thieriſche Koͤrper hingegen uͤber- ſpringen die erſteren Gaͤhrungsgrade, oder eilen wenigſtens ſo ſchnell durch ſelbige hindurch, daß man ſie kaum bemerkt, und gehen ſogleich zur Faͤulniß uͤber, zu welcher ſie auch die Vegetabilien mit fortreißen, wenn ſie mit ihnen in Beruͤhrung ſtehen.
Dieſe Faͤulniß iſt aber ebenfalls nach der verſchiedenen Staͤrke jener Bedin- gungen, oder der Einwirkung der Waͤrme, der Feuchtigkeit und der Luft verſchie- den modifizirt, ſo wie das Produkt, welches daraus erfolgt.
Verweſung. ohne Faͤulniß.Bei einem ganz freien Zutritte der Luft und Mangel der Feuchtigkeit und der hoͤheren Waͤrme kann Gaͤhrung und Faͤulniß nicht bemerklich eintreten. Es ent- ſteht aber doch eine Zerſetzung, die wir Verweſung nennen, und die einer lang- ſamen Verbrennung gleich kommt, bei welcher ein verſchiedener und gewoͤhnlich geringerer Ruͤckſtand verbleibt; indem naͤmlich der groͤßte Theil des Kohlenſtof- fes mit Sauerſtoff vereinigt als Kohlenſaͤure davon geht.
§. 7.
Thieriſche Faͤulniß.Die ſchnellere Zerſetzung der thieriſchen Koͤrper durch Faͤulniß ruͤhrt ohne Zweifel von der mannigfaltigern, vermittelſt des Durchganges durch mehrere lebende Syſteme (indem naͤmlich die Vegetabilien den Thieren ihre Nahrung erſt vorbereiten muͤſſen) erzwungenen Zuſammenſetzung verſelben her. Das Product derſelben iſt verſchieden, und iſt von groͤßerer Wirkſamkeit auf die Pflanzen, in- dem es ihnen nicht bloß Nahrung, ſondern auch Reiz ſie aufzunehmen zu geben ſcheint. Es wird deshalb aber auch um ſo leichter und ſchneller conſumirt und er- ſchoͤpft. Darum iſt der animaliſche Duͤnger bei weitem der kraͤftigere, aber auch der am wenigſten nachhaltende und ausdauernde. Es ſcheint als wenn er auch den- jenigen Grad der Zerſetzung, worin er den Pflanzen die meiſte Nahrung geben kann, zuweilen uͤberſpringe, und nur jenes Product der Verweſung §. 6. hinterlaſſe.
§. 8.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0224"n="176"/><fwplace="top"type="header">Duͤngung im Allgemeinen.</fw><lb/><p>Die vegetabiliſchen Koͤrper gehen die bekannten Grade der Gaͤhrung durch,<lb/>
und verweilen in jedem kuͤrzere oder laͤngere Zeit, bevor ſie durch den letzten Grad<lb/>
derſelben, die Faͤulniß, voͤllig zerſetzt, d. h. in den Zuſtand des Moders gebracht<lb/>
werden, welchen man zwar nicht als einen bleibenden unveraͤnderlichen, aber doch<lb/>
als einen Beharrungszuſtand anſehen kann. Thieriſche Koͤrper hingegen uͤber-<lb/>ſpringen die erſteren Gaͤhrungsgrade, oder eilen wenigſtens ſo ſchnell durch ſelbige<lb/>
hindurch, daß man ſie kaum bemerkt, und gehen ſogleich zur Faͤulniß uͤber, zu<lb/>
welcher ſie auch die Vegetabilien mit fortreißen, wenn ſie mit ihnen in Beruͤhrung<lb/>ſtehen.</p><lb/><p>Dieſe Faͤulniß iſt aber ebenfalls nach der verſchiedenen Staͤrke jener Bedin-<lb/>
gungen, oder der Einwirkung der Waͤrme, der Feuchtigkeit und der Luft verſchie-<lb/>
den modifizirt, ſo wie das Produkt, welches daraus erfolgt.</p><lb/><p><noteplace="left">Verweſung.<lb/>
ohne Faͤulniß.</note>Bei einem ganz freien Zutritte der Luft und Mangel der Feuchtigkeit und der<lb/>
hoͤheren Waͤrme kann Gaͤhrung und Faͤulniß nicht bemerklich eintreten. Es ent-<lb/>ſteht aber doch eine Zerſetzung, die wir Verweſung nennen, und die einer lang-<lb/>ſamen Verbrennung gleich kommt, bei welcher ein verſchiedener und gewoͤhnlich<lb/>
geringerer Ruͤckſtand verbleibt; indem naͤmlich der groͤßte Theil des Kohlenſtof-<lb/>
fes mit Sauerſtoff vereinigt als Kohlenſaͤure davon geht.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 7.</head><lb/><p><noteplace="left">Thieriſche<lb/>
Faͤulniß.</note>Die ſchnellere Zerſetzung der thieriſchen Koͤrper durch Faͤulniß ruͤhrt ohne<lb/>
Zweifel von der mannigfaltigern, vermittelſt des Durchganges durch mehrere<lb/>
lebende Syſteme (indem naͤmlich die Vegetabilien den Thieren ihre Nahrung erſt<lb/>
vorbereiten muͤſſen) erzwungenen Zuſammenſetzung verſelben her. Das Product<lb/>
derſelben iſt verſchieden, und iſt von groͤßerer Wirkſamkeit auf die Pflanzen, in-<lb/>
dem es ihnen nicht bloß Nahrung, ſondern auch Reiz ſie aufzunehmen zu geben<lb/>ſcheint. Es wird deshalb aber auch um ſo leichter und ſchneller conſumirt und er-<lb/>ſchoͤpft. Darum iſt der animaliſche Duͤnger bei weitem der kraͤftigere, aber auch<lb/>
der am wenigſten nachhaltende und ausdauernde. Es ſcheint als wenn er auch den-<lb/>
jenigen Grad der Zerſetzung, worin er den Pflanzen die meiſte Nahrung geben<lb/>
kann, zuweilen uͤberſpringe, und nur jenes Product der Verweſung §. 6.<lb/>
hinterlaſſe.</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch">§. 8.</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[176/0224]
Duͤngung im Allgemeinen.
Die vegetabiliſchen Koͤrper gehen die bekannten Grade der Gaͤhrung durch,
und verweilen in jedem kuͤrzere oder laͤngere Zeit, bevor ſie durch den letzten Grad
derſelben, die Faͤulniß, voͤllig zerſetzt, d. h. in den Zuſtand des Moders gebracht
werden, welchen man zwar nicht als einen bleibenden unveraͤnderlichen, aber doch
als einen Beharrungszuſtand anſehen kann. Thieriſche Koͤrper hingegen uͤber-
ſpringen die erſteren Gaͤhrungsgrade, oder eilen wenigſtens ſo ſchnell durch ſelbige
hindurch, daß man ſie kaum bemerkt, und gehen ſogleich zur Faͤulniß uͤber, zu
welcher ſie auch die Vegetabilien mit fortreißen, wenn ſie mit ihnen in Beruͤhrung
ſtehen.
Dieſe Faͤulniß iſt aber ebenfalls nach der verſchiedenen Staͤrke jener Bedin-
gungen, oder der Einwirkung der Waͤrme, der Feuchtigkeit und der Luft verſchie-
den modifizirt, ſo wie das Produkt, welches daraus erfolgt.
Bei einem ganz freien Zutritte der Luft und Mangel der Feuchtigkeit und der
hoͤheren Waͤrme kann Gaͤhrung und Faͤulniß nicht bemerklich eintreten. Es ent-
ſteht aber doch eine Zerſetzung, die wir Verweſung nennen, und die einer lang-
ſamen Verbrennung gleich kommt, bei welcher ein verſchiedener und gewoͤhnlich
geringerer Ruͤckſtand verbleibt; indem naͤmlich der groͤßte Theil des Kohlenſtof-
fes mit Sauerſtoff vereinigt als Kohlenſaͤure davon geht.
Verweſung.
ohne Faͤulniß.
§. 7.
Die ſchnellere Zerſetzung der thieriſchen Koͤrper durch Faͤulniß ruͤhrt ohne
Zweifel von der mannigfaltigern, vermittelſt des Durchganges durch mehrere
lebende Syſteme (indem naͤmlich die Vegetabilien den Thieren ihre Nahrung erſt
vorbereiten muͤſſen) erzwungenen Zuſammenſetzung verſelben her. Das Product
derſelben iſt verſchieden, und iſt von groͤßerer Wirkſamkeit auf die Pflanzen, in-
dem es ihnen nicht bloß Nahrung, ſondern auch Reiz ſie aufzunehmen zu geben
ſcheint. Es wird deshalb aber auch um ſo leichter und ſchneller conſumirt und er-
ſchoͤpft. Darum iſt der animaliſche Duͤnger bei weitem der kraͤftigere, aber auch
der am wenigſten nachhaltende und ausdauernde. Es ſcheint als wenn er auch den-
jenigen Grad der Zerſetzung, worin er den Pflanzen die meiſte Nahrung geben
kann, zuweilen uͤberſpringe, und nur jenes Product der Verweſung §. 6.
hinterlaſſe.
Thieriſche
Faͤulniß.
§. 8.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/224>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.