Bei den Obstgärten und Obstanlagen kömmt das dem Obstbau günstige Klima neben dem Boden in Betracht. Es giebt Gegenden, wo man alle zwei, andre Ge- genden, wo man kaum alle neun Jahr einen vollen Ertrag rechnen kann. In jenen, wo es viele und größere Obstanlagen zu geben pflegt, ist der Werth nach dem Durch- schnittsertrage ziemlich bestimmt; in diesen würde ich, außer den Grund und Boden, nur den Werth der Bäume nach ihrer Größe, Gesundheit und Art anschlagen, es sey denn, daß ein warmer, gegen schädliche Winde besonders gedeckter Platz mit Obstbäumen von guter Qualität stark besetzt sey, in welchem Falle ein dem Obstbau ungünstiges Klima demselben einen vorzüglichen Werth geben kann.
Ueber die Wiesen und Weiden und ihre Veranschlagungsart ist oben in den §. §. 70 -- 80. geredet.
§. 97.
Veranschla- gung der Vieh- nutzung.In Ansehung der Viehnutzung können die Anschlagsprinzipien nicht anders als höchst schwankend und verschieden seyn. Man setzt sie deshalb in den gewöhnlichen Dreifeldersystems-Anschlägen kaum halb so hoch an, als ihre selbst hier anerkannte Benutzung ist. Da man indessen Wiesen und Weide schon berechnet hat, und der Werth des Düngers, um dessen willen das Nutzvieh vorzüglich gehalten wird, beim Ertrage des Ackers schon in Anschlag gekommen ist, so ist es auch in der That genug. Wenn Wiesen und Weiden gehörig angeschlagen werden, so dürfte für die Vieh- nutzung weiter gar nichts berechnet werden, indem der höhere Ertrag derselben ledig- lich der Industrie des Landwirths zuzuschreiben ist. Es versteht sich, daß das wirk- lich zu übergebende Vieh, nach gehöriger Taxation, zum Kapitalwerthe gerechnet werden müsse.
In den gewöhnlichen Anschlägen schwankt die Benutzungsannahme einer Kuh zwischen 3 und 10 Rthlr. Der letzte Satz findet jedoch bei der Dreifelderwirthschaft nur selten auf den fruchtbarsten Stromniederungsweiden Statt. Ein Drittel der Kopfzahl wird als Jung- oder Güstvieh gerechnet, und der Kopf von diesen zu einem Sechstel des milchenden Viehes angeschlagen. Jedoch nimmt man auch an, daß die Außenweiden das Jung- und Güstvieh erhalten, und berechnet alsdann entweder die- ses oder jenes gar nicht.
Hundert Schafe werden zwischen 20 und 30 Rthlr. und ihre Außenweide dann gar nicht gerechnet. Obwohl der Ertrag der Schäferei, selbst ohne besondere In-
Werthſchaͤtzung eines Landguts.
Bei den Obſtgaͤrten und Obſtanlagen koͤmmt das dem Obſtbau guͤnſtige Klima neben dem Boden in Betracht. Es giebt Gegenden, wo man alle zwei, andre Ge- genden, wo man kaum alle neun Jahr einen vollen Ertrag rechnen kann. In jenen, wo es viele und groͤßere Obſtanlagen zu geben pflegt, iſt der Werth nach dem Durch- ſchnittsertrage ziemlich beſtimmt; in dieſen wuͤrde ich, außer den Grund und Boden, nur den Werth der Baͤume nach ihrer Groͤße, Geſundheit und Art anſchlagen, es ſey denn, daß ein warmer, gegen ſchaͤdliche Winde beſonders gedeckter Platz mit Obſtbaͤumen von guter Qualitaͤt ſtark beſetzt ſey, in welchem Falle ein dem Obſtbau unguͤnſtiges Klima demſelben einen vorzuͤglichen Werth geben kann.
Ueber die Wieſen und Weiden und ihre Veranſchlagungsart iſt oben in den §. §. 70 — 80. geredet.
§. 97.
Veranſchla- gung der Vieh- nutzung.In Anſehung der Viehnutzung koͤnnen die Anſchlagsprinzipien nicht anders als hoͤchſt ſchwankend und verſchieden ſeyn. Man ſetzt ſie deshalb in den gewoͤhnlichen Dreifelderſyſtems-Anſchlaͤgen kaum halb ſo hoch an, als ihre ſelbſt hier anerkannte Benutzung iſt. Da man indeſſen Wieſen und Weide ſchon berechnet hat, und der Werth des Duͤngers, um deſſen willen das Nutzvieh vorzuͤglich gehalten wird, beim Ertrage des Ackers ſchon in Anſchlag gekommen iſt, ſo iſt es auch in der That genug. Wenn Wieſen und Weiden gehoͤrig angeſchlagen werden, ſo duͤrfte fuͤr die Vieh- nutzung weiter gar nichts berechnet werden, indem der hoͤhere Ertrag derſelben ledig- lich der Induſtrie des Landwirths zuzuſchreiben iſt. Es verſteht ſich, daß das wirk- lich zu uͤbergebende Vieh, nach gehoͤriger Taxation, zum Kapitalwerthe gerechnet werden muͤſſe.
In den gewoͤhnlichen Anſchlaͤgen ſchwankt die Benutzungsannahme einer Kuh zwiſchen 3 und 10 Rthlr. Der letzte Satz findet jedoch bei der Dreifelderwirthſchaft nur ſelten auf den fruchtbarſten Stromniederungsweiden Statt. Ein Drittel der Kopfzahl wird als Jung- oder Guͤſtvieh gerechnet, und der Kopf von dieſen zu einem Sechſtel des milchenden Viehes angeſchlagen. Jedoch nimmt man auch an, daß die Außenweiden das Jung- und Guͤſtvieh erhalten, und berechnet alsdann entweder die- ſes oder jenes gar nicht.
Hundert Schafe werden zwiſchen 20 und 30 Rthlr. und ihre Außenweide dann gar nicht gerechnet. Obwohl der Ertrag der Schaͤferei, ſelbſt ohne beſondere In-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0090"n="60"/><fwplace="top"type="header">Werthſchaͤtzung eines Landguts.</fw><lb/><p>Bei den Obſtgaͤrten und Obſtanlagen koͤmmt das dem Obſtbau guͤnſtige Klima<lb/>
neben dem Boden in Betracht. Es giebt Gegenden, wo man alle zwei, andre Ge-<lb/>
genden, wo man kaum alle neun Jahr einen vollen Ertrag rechnen kann. In jenen,<lb/>
wo es viele und groͤßere Obſtanlagen zu geben pflegt, iſt der Werth nach dem Durch-<lb/>ſchnittsertrage ziemlich beſtimmt; in dieſen wuͤrde ich, außer den Grund und Boden,<lb/>
nur den Werth der Baͤume nach ihrer Groͤße, Geſundheit und Art anſchlagen, es<lb/>ſey denn, daß ein warmer, gegen ſchaͤdliche Winde beſonders gedeckter Platz mit<lb/>
Obſtbaͤumen von guter Qualitaͤt ſtark beſetzt ſey, in welchem Falle ein dem Obſtbau<lb/>
unguͤnſtiges Klima demſelben einen vorzuͤglichen Werth geben kann.</p><lb/><p>Ueber die Wieſen und Weiden und ihre Veranſchlagungsart iſt oben in den<lb/>
§. §. 70 — 80. geredet.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 97.</head><lb/><p><noteplace="left">Veranſchla-<lb/>
gung der Vieh-<lb/>
nutzung.</note>In Anſehung der Viehnutzung koͤnnen die Anſchlagsprinzipien nicht anders als<lb/>
hoͤchſt ſchwankend und verſchieden ſeyn. Man ſetzt ſie deshalb in den gewoͤhnlichen<lb/>
Dreifelderſyſtems-Anſchlaͤgen kaum halb ſo hoch an, als ihre ſelbſt hier anerkannte<lb/>
Benutzung iſt. Da man indeſſen Wieſen und Weide ſchon berechnet hat, und der<lb/>
Werth des Duͤngers, um deſſen willen das Nutzvieh vorzuͤglich gehalten wird, beim<lb/>
Ertrage des Ackers ſchon in Anſchlag gekommen iſt, ſo iſt es auch in der That genug.<lb/>
Wenn Wieſen und Weiden gehoͤrig angeſchlagen werden, ſo duͤrfte fuͤr die Vieh-<lb/>
nutzung weiter gar nichts berechnet werden, indem der hoͤhere Ertrag derſelben ledig-<lb/>
lich der Induſtrie des Landwirths zuzuſchreiben iſt. Es verſteht ſich, daß das wirk-<lb/>
lich zu uͤbergebende Vieh, nach gehoͤriger Taxation, zum Kapitalwerthe gerechnet<lb/>
werden muͤſſe.</p><lb/><p>In den gewoͤhnlichen Anſchlaͤgen ſchwankt die Benutzungsannahme einer Kuh<lb/>
zwiſchen 3 und 10 Rthlr. Der letzte Satz findet jedoch bei der Dreifelderwirthſchaft<lb/>
nur ſelten auf den fruchtbarſten Stromniederungsweiden Statt. Ein Drittel der<lb/>
Kopfzahl wird als Jung- oder Guͤſtvieh gerechnet, und der Kopf von dieſen zu einem<lb/>
Sechſtel des milchenden Viehes angeſchlagen. Jedoch nimmt man auch an, daß die<lb/>
Außenweiden das Jung- und Guͤſtvieh erhalten, und berechnet alsdann entweder die-<lb/>ſes oder jenes gar nicht.</p><lb/><p>Hundert Schafe werden zwiſchen 20 und 30 Rthlr. und ihre Außenweide dann<lb/>
gar nicht gerechnet. Obwohl der Ertrag der Schaͤferei, ſelbſt ohne beſondere In-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[60/0090]
Werthſchaͤtzung eines Landguts.
Bei den Obſtgaͤrten und Obſtanlagen koͤmmt das dem Obſtbau guͤnſtige Klima
neben dem Boden in Betracht. Es giebt Gegenden, wo man alle zwei, andre Ge-
genden, wo man kaum alle neun Jahr einen vollen Ertrag rechnen kann. In jenen,
wo es viele und groͤßere Obſtanlagen zu geben pflegt, iſt der Werth nach dem Durch-
ſchnittsertrage ziemlich beſtimmt; in dieſen wuͤrde ich, außer den Grund und Boden,
nur den Werth der Baͤume nach ihrer Groͤße, Geſundheit und Art anſchlagen, es
ſey denn, daß ein warmer, gegen ſchaͤdliche Winde beſonders gedeckter Platz mit
Obſtbaͤumen von guter Qualitaͤt ſtark beſetzt ſey, in welchem Falle ein dem Obſtbau
unguͤnſtiges Klima demſelben einen vorzuͤglichen Werth geben kann.
Ueber die Wieſen und Weiden und ihre Veranſchlagungsart iſt oben in den
§. §. 70 — 80. geredet.
§. 97.
In Anſehung der Viehnutzung koͤnnen die Anſchlagsprinzipien nicht anders als
hoͤchſt ſchwankend und verſchieden ſeyn. Man ſetzt ſie deshalb in den gewoͤhnlichen
Dreifelderſyſtems-Anſchlaͤgen kaum halb ſo hoch an, als ihre ſelbſt hier anerkannte
Benutzung iſt. Da man indeſſen Wieſen und Weide ſchon berechnet hat, und der
Werth des Duͤngers, um deſſen willen das Nutzvieh vorzuͤglich gehalten wird, beim
Ertrage des Ackers ſchon in Anſchlag gekommen iſt, ſo iſt es auch in der That genug.
Wenn Wieſen und Weiden gehoͤrig angeſchlagen werden, ſo duͤrfte fuͤr die Vieh-
nutzung weiter gar nichts berechnet werden, indem der hoͤhere Ertrag derſelben ledig-
lich der Induſtrie des Landwirths zuzuſchreiben iſt. Es verſteht ſich, daß das wirk-
lich zu uͤbergebende Vieh, nach gehoͤriger Taxation, zum Kapitalwerthe gerechnet
werden muͤſſe.
Veranſchla-
gung der Vieh-
nutzung.
In den gewoͤhnlichen Anſchlaͤgen ſchwankt die Benutzungsannahme einer Kuh
zwiſchen 3 und 10 Rthlr. Der letzte Satz findet jedoch bei der Dreifelderwirthſchaft
nur ſelten auf den fruchtbarſten Stromniederungsweiden Statt. Ein Drittel der
Kopfzahl wird als Jung- oder Guͤſtvieh gerechnet, und der Kopf von dieſen zu einem
Sechſtel des milchenden Viehes angeſchlagen. Jedoch nimmt man auch an, daß die
Außenweiden das Jung- und Guͤſtvieh erhalten, und berechnet alsdann entweder die-
ſes oder jenes gar nicht.
Hundert Schafe werden zwiſchen 20 und 30 Rthlr. und ihre Außenweide dann
gar nicht gerechnet. Obwohl der Ertrag der Schaͤferei, ſelbſt ohne beſondere In-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/90>, abgerufen am 21.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.