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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Werthschätzung eines Landguts.
Ackermaaß halte, und aus wie viel Fußen eine Quadratruthe bestehe, so ist dennoch
die Länge des Fußes unglaublich verschieden, und eine unbedeutend scheinende Ver-
schiedenheit desselben macht eine große Abänderung im Maaße einer ganzen
Ackerfläche.

§. 68.

Maaß nach
der Aussaat.
Häufig aber sind Landgüter noch nicht vermessen, und diese Vermessung bei einer
Kaufangelegenheit zu bewerkstelligen, ist unmöglich. Hier wird der Flächeninhalt
nach gewissen Ackermaaßen angegeben, die an sich selbst höchst unbestimmt sind,
z. B. die Hufen; oder man kann doch keine Gewährleistung fordern, daß das Gut
oder dessen Pertinenzien das angegebene Maaß wirklich halte. Man nimmt deshalb
in Ansehung des Ackerlandes zum Einsaatsmaaß die Zuflucht, welches aber eine nicht
minder unsichere Angabe ist. Hier muß man vor allem erforschen, wie viel auf einer
wohlbekannten Fläche an diesem Orte ausgesäet werde, und welche Grundsätze
man, in Ansehung der dichtern oder dünnern Aussaat, nach Verschiedenheit der Güte
des Bodens und seiner Bestellung befolge.

Daß man von der Richtigkeit der Aussaats-Angabe überzeugt seyn, und daß
man, wo dies nicht der Fall ist, mit der äußersten Vorsicht verfahren müsse, ver-
steht sich von selbst.

Die Wiesen pflegen in solchen Fällen nach Fudern Heu angegeben zu werden,
und jedermann sieht ein, wie wenig dieses sagt.

In solchen Fällen muß man sich häufig nur auf sein Augenmaaß, auf das Ab-
schreiten und Abreiten, und auf einen scharfen Ortssinn und Ueberblick verlassen.
Die Ausbildung dieses Talents ist daher dem Landwirthe höchst wichtig, und kann,
bei einer guten physischen Organisation, durch Uebung erlangt und unglaublich ver-
verstärkt werden. In Ermangelung desselben ist es oft nothwendig, einen andern
geübtern, aber auch zuverläßigen Mann dabei zu Hülfe zu nehmen.

Mit diesem Talent kauft man oft um so vortheilhafter, da der Werth unver-
messener Güter sehr unbestimmt zu seyn pflegt, und ihr Ertrag gewöhnlich nicht hoch
getrieben worden ist.

§. 69.

In manchen Gegenden wird der Flächeninhalt zugleich mit der angeblichen Güte
des Bodens -- also ein zusammengesetzter Begriff -- durch das Ein-

Werthſchaͤtzung eines Landguts.
Ackermaaß halte, und aus wie viel Fußen eine Quadratruthe beſtehe, ſo iſt dennoch
die Laͤnge des Fußes unglaublich verſchieden, und eine unbedeutend ſcheinende Ver-
ſchiedenheit deſſelben macht eine große Abaͤnderung im Maaße einer ganzen
Ackerflaͤche.

§. 68.

Maaß nach
der Ausſaat.
Haͤufig aber ſind Landguͤter noch nicht vermeſſen, und dieſe Vermeſſung bei einer
Kaufangelegenheit zu bewerkſtelligen, iſt unmoͤglich. Hier wird der Flaͤcheninhalt
nach gewiſſen Ackermaaßen angegeben, die an ſich ſelbſt hoͤchſt unbeſtimmt ſind,
z. B. die Hufen; oder man kann doch keine Gewaͤhrleiſtung fordern, daß das Gut
oder deſſen Pertinenzien das angegebene Maaß wirklich halte. Man nimmt deshalb
in Anſehung des Ackerlandes zum Einſaatsmaaß die Zuflucht, welches aber eine nicht
minder unſichere Angabe iſt. Hier muß man vor allem erforſchen, wie viel auf einer
wohlbekannten Flaͤche an dieſem Orte ausgeſaͤet werde, und welche Grundſaͤtze
man, in Anſehung der dichtern oder duͤnnern Ausſaat, nach Verſchiedenheit der Guͤte
des Bodens und ſeiner Beſtellung befolge.

Daß man von der Richtigkeit der Ausſaats-Angabe uͤberzeugt ſeyn, und daß
man, wo dies nicht der Fall iſt, mit der aͤußerſten Vorſicht verfahren muͤſſe, ver-
ſteht ſich von ſelbſt.

Die Wieſen pflegen in ſolchen Faͤllen nach Fudern Heu angegeben zu werden,
und jedermann ſieht ein, wie wenig dieſes ſagt.

In ſolchen Faͤllen muß man ſich haͤufig nur auf ſein Augenmaaß, auf das Ab-
ſchreiten und Abreiten, und auf einen ſcharfen Ortsſinn und Ueberblick verlaſſen.
Die Ausbildung dieſes Talents iſt daher dem Landwirthe hoͤchſt wichtig, und kann,
bei einer guten phyſiſchen Organiſation, durch Uebung erlangt und unglaublich ver-
verſtaͤrkt werden. In Ermangelung deſſelben iſt es oft nothwendig, einen andern
geuͤbtern, aber auch zuverlaͤßigen Mann dabei zu Huͤlfe zu nehmen.

Mit dieſem Talent kauft man oft um ſo vortheilhafter, da der Werth unver-
meſſener Guͤter ſehr unbeſtimmt zu ſeyn pflegt, und ihr Ertrag gewoͤhnlich nicht hoch
getrieben worden iſt.

§. 69.

In manchen Gegenden wird der Flaͤcheninhalt zugleich mit der angeblichen Guͤte
des Bodens — alſo ein zuſammengeſetzter Begriff — durch das Ein-

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[36/0066] Werthſchaͤtzung eines Landguts. Ackermaaß halte, und aus wie viel Fußen eine Quadratruthe beſtehe, ſo iſt dennoch die Laͤnge des Fußes unglaublich verſchieden, und eine unbedeutend ſcheinende Ver- ſchiedenheit deſſelben macht eine große Abaͤnderung im Maaße einer ganzen Ackerflaͤche. §. 68. Haͤufig aber ſind Landguͤter noch nicht vermeſſen, und dieſe Vermeſſung bei einer Kaufangelegenheit zu bewerkſtelligen, iſt unmoͤglich. Hier wird der Flaͤcheninhalt nach gewiſſen Ackermaaßen angegeben, die an ſich ſelbſt hoͤchſt unbeſtimmt ſind, z. B. die Hufen; oder man kann doch keine Gewaͤhrleiſtung fordern, daß das Gut oder deſſen Pertinenzien das angegebene Maaß wirklich halte. Man nimmt deshalb in Anſehung des Ackerlandes zum Einſaatsmaaß die Zuflucht, welches aber eine nicht minder unſichere Angabe iſt. Hier muß man vor allem erforſchen, wie viel auf einer wohlbekannten Flaͤche an dieſem Orte ausgeſaͤet werde, und welche Grundſaͤtze man, in Anſehung der dichtern oder duͤnnern Ausſaat, nach Verſchiedenheit der Guͤte des Bodens und ſeiner Beſtellung befolge. Maaß nach der Ausſaat. Daß man von der Richtigkeit der Ausſaats-Angabe uͤberzeugt ſeyn, und daß man, wo dies nicht der Fall iſt, mit der aͤußerſten Vorſicht verfahren muͤſſe, ver- ſteht ſich von ſelbſt. Die Wieſen pflegen in ſolchen Faͤllen nach Fudern Heu angegeben zu werden, und jedermann ſieht ein, wie wenig dieſes ſagt. In ſolchen Faͤllen muß man ſich haͤufig nur auf ſein Augenmaaß, auf das Ab- ſchreiten und Abreiten, und auf einen ſcharfen Ortsſinn und Ueberblick verlaſſen. Die Ausbildung dieſes Talents iſt daher dem Landwirthe hoͤchſt wichtig, und kann, bei einer guten phyſiſchen Organiſation, durch Uebung erlangt und unglaublich ver- verſtaͤrkt werden. In Ermangelung deſſelben iſt es oft nothwendig, einen andern geuͤbtern, aber auch zuverlaͤßigen Mann dabei zu Huͤlfe zu nehmen. Mit dieſem Talent kauft man oft um ſo vortheilhafter, da der Werth unver- meſſener Guͤter ſehr unbeſtimmt zu ſeyn pflegt, und ihr Ertrag gewoͤhnlich nicht hoch getrieben worden iſt. §. 69. In manchen Gegenden wird der Flaͤcheninhalt zugleich mit der angeblichen Guͤte des Bodens — alſo ein zuſammengeſetzter Begriff — durch das Ein-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/66>, abgerufen am 22.12.2024.