bearbeitendes Material ansieht, aus welchem er ein Produkt darstellen will, nicht aber als Handel zum Wiederverkauf, bei welchem man bloß durch den Umsatz Ge- winn zu machen trachtet. Denn diese Handelsspekulation hat ganz andre Grund- sätze und Regeln, als das landwirthschaftliche Gewerbe.
§. 64.
Preis der Landgüter.Der Preis der Landgüter ist sehr veränderlich. Seit einer langen Periode ist er bis zu dieser Zeit immer gestiegen, und von zwanzig zu zwanzig, oft von zehn zu zehn Jahren verdoppelt worden, so daß er nun zu einer Höhe kam, die vor funfzig Jahren jedem unglaublich geschienen hätte. Dieses ist eines Theils durch den ver- mehrten Geldumlauf, dem gesunkenen Werthe desselben, und dem folglich gestiegenen Preise aller Produkte beizumessen. Es ist aber auch nicht zu verkennen, daß andern Theils die vermehrte und sich weiter verbreitende Kenntniß des landwirthschaftlichen Gewerbes, der glückliche Erfolg mancher Verbesserungen, der höhere Ertrag verbes- serter Wirthschaftssysteme, und vielleicht nur die Ahnung einer noch höhern Vollkom- menheit, und eines den jetzigen weit übersteigenden Ertrages; dann aber auch die größere Neigung und Applikation zum Landleben, die unter der gebildeteren und wohlhabenden Klasse entstanden ist, eben so viel dazu beigetragen haben.
In sofern erstere Ursach vermehrter Geldumlauf und gesicherter Kredit den Preis der Güter in die Höhe getrieben hat, ist es wahrscheinlich, daß er in der nächsten Periode beträchtlich fallen werde, da beides durch unglückliche politische Konjuncturen sehr geschwächt worden. Insbesondere wenn viele Güter auf einmal zum Verkauf gebracht werden müßten, könnte ihr Preis sehr fallen. Indessen darf man immer erwarten, daß die zweite Ursach -- die verbreitete Kenntniß der Landwirthschaft -- so stark entgegenwirken werde, daß dieses Sinken höchstens nur momentan sey. Und dies um so mehr, da beträchtliche Kapitale, die vorher in andern Gewerben angelegt waren, derselben Konjuncturen wegen dem Grundbesitze und dem Ackerbau zufließen müssen. Auf jedem Falle wird nach einer Reihe von Jahren die zweite Ursach so mächtig wirken, daß der Werth der Grundbesitzungen noch steigen wird, wenn Ruhe, Zutrauen und freyer Handel hergestellet sind. Ein übermäßiges Sinken der Pro- dukte ist von einer stärkeren Produktion keinesweges zu besorgen, weil mit derselben auch die Konsumtion zunimmt.
Auswahl eines Landguts.
bearbeitendes Material anſieht, aus welchem er ein Produkt darſtellen will, nicht aber als Handel zum Wiederverkauf, bei welchem man bloß durch den Umſatz Ge- winn zu machen trachtet. Denn dieſe Handelsſpekulation hat ganz andre Grund- ſaͤtze und Regeln, als das landwirthſchaftliche Gewerbe.
§. 64.
Preis der Landguͤter.Der Preis der Landguͤter iſt ſehr veraͤnderlich. Seit einer langen Periode iſt er bis zu dieſer Zeit immer geſtiegen, und von zwanzig zu zwanzig, oft von zehn zu zehn Jahren verdoppelt worden, ſo daß er nun zu einer Hoͤhe kam, die vor funfzig Jahren jedem unglaublich geſchienen haͤtte. Dieſes iſt eines Theils durch den ver- mehrten Geldumlauf, dem geſunkenen Werthe deſſelben, und dem folglich geſtiegenen Preiſe aller Produkte beizumeſſen. Es iſt aber auch nicht zu verkennen, daß andern Theils die vermehrte und ſich weiter verbreitende Kenntniß des landwirthſchaftlichen Gewerbes, der gluͤckliche Erfolg mancher Verbeſſerungen, der hoͤhere Ertrag verbeſ- ſerter Wirthſchaftsſyſteme, und vielleicht nur die Ahnung einer noch hoͤhern Vollkom- menheit, und eines den jetzigen weit uͤberſteigenden Ertrages; dann aber auch die groͤßere Neigung und Applikation zum Landleben, die unter der gebildeteren und wohlhabenden Klaſſe entſtanden iſt, eben ſo viel dazu beigetragen haben.
In ſofern erſtere Urſach vermehrter Geldumlauf und geſicherter Kredit den Preis der Guͤter in die Hoͤhe getrieben hat, iſt es wahrſcheinlich, daß er in der naͤchſten Periode betraͤchtlich fallen werde, da beides durch ungluͤckliche politiſche Konjuncturen ſehr geſchwaͤcht worden. Insbeſondere wenn viele Guͤter auf einmal zum Verkauf gebracht werden muͤßten, koͤnnte ihr Preis ſehr fallen. Indeſſen darf man immer erwarten, daß die zweite Urſach — die verbreitete Kenntniß der Landwirthſchaft — ſo ſtark entgegenwirken werde, daß dieſes Sinken hoͤchſtens nur momentan ſey. Und dies um ſo mehr, da betraͤchtliche Kapitale, die vorher in andern Gewerben angelegt waren, derſelben Konjuncturen wegen dem Grundbeſitze und dem Ackerbau zufließen muͤſſen. Auf jedem Falle wird nach einer Reihe von Jahren die zweite Urſach ſo maͤchtig wirken, daß der Werth der Grundbeſitzungen noch ſteigen wird, wenn Ruhe, Zutrauen und freyer Handel hergeſtellet ſind. Ein uͤbermaͤßiges Sinken der Pro- dukte iſt von einer ſtaͤrkeren Produktion keinesweges zu beſorgen, weil mit derſelben auch die Konſumtion zunimmt.
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Auswahl eines Landguts.
bearbeitendes Material anſieht, aus welchem er ein Produkt darſtellen will, nicht
aber als Handel zum Wiederverkauf, bei welchem man bloß durch den Umſatz Ge-
winn zu machen trachtet. Denn dieſe Handelsſpekulation hat ganz andre Grund-
ſaͤtze und Regeln, als das landwirthſchaftliche Gewerbe.
§. 64.
Der Preis der Landguͤter iſt ſehr veraͤnderlich. Seit einer langen Periode iſt er
bis zu dieſer Zeit immer geſtiegen, und von zwanzig zu zwanzig, oft von zehn zu zehn
Jahren verdoppelt worden, ſo daß er nun zu einer Hoͤhe kam, die vor funfzig
Jahren jedem unglaublich geſchienen haͤtte. Dieſes iſt eines Theils durch den ver-
mehrten Geldumlauf, dem geſunkenen Werthe deſſelben, und dem folglich geſtiegenen
Preiſe aller Produkte beizumeſſen. Es iſt aber auch nicht zu verkennen, daß andern
Theils die vermehrte und ſich weiter verbreitende Kenntniß des landwirthſchaftlichen
Gewerbes, der gluͤckliche Erfolg mancher Verbeſſerungen, der hoͤhere Ertrag verbeſ-
ſerter Wirthſchaftsſyſteme, und vielleicht nur die Ahnung einer noch hoͤhern Vollkom-
menheit, und eines den jetzigen weit uͤberſteigenden Ertrages; dann aber auch die
groͤßere Neigung und Applikation zum Landleben, die unter der gebildeteren und
wohlhabenden Klaſſe entſtanden iſt, eben ſo viel dazu beigetragen haben.
Preis der
Landguͤter.
In ſofern erſtere Urſach vermehrter Geldumlauf und geſicherter Kredit den Preis
der Guͤter in die Hoͤhe getrieben hat, iſt es wahrſcheinlich, daß er in der naͤchſten
Periode betraͤchtlich fallen werde, da beides durch ungluͤckliche politiſche Konjuncturen
ſehr geſchwaͤcht worden. Insbeſondere wenn viele Guͤter auf einmal zum Verkauf
gebracht werden muͤßten, koͤnnte ihr Preis ſehr fallen. Indeſſen darf man immer
erwarten, daß die zweite Urſach — die verbreitete Kenntniß der Landwirthſchaft —
ſo ſtark entgegenwirken werde, daß dieſes Sinken hoͤchſtens nur momentan ſey. Und
dies um ſo mehr, da betraͤchtliche Kapitale, die vorher in andern Gewerben angelegt
waren, derſelben Konjuncturen wegen dem Grundbeſitze und dem Ackerbau zufließen
muͤſſen. Auf jedem Falle wird nach einer Reihe von Jahren die zweite Urſach ſo
maͤchtig wirken, daß der Werth der Grundbeſitzungen noch ſteigen wird, wenn Ruhe,
Zutrauen und freyer Handel hergeſtellet ſind. Ein uͤbermaͤßiges Sinken der Pro-
dukte iſt von einer ſtaͤrkeren Produktion keinesweges zu beſorgen, weil mit derſelben
auch die Konſumtion zunimmt.
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/64>, abgerufen am 21.02.2025.
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