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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Stallfutterungssystem.
viehes nicht unmittelbar aber doch mittelbar durch die Erübrigung größerer Weide-
räume für die Schafe bewirkt werden wird. Ob übrigens bei höherer Kultur die
thierischen Produkte in ihrem Preise gegen den Preis anderer Dinge fallen werden,
ist noch problematisch, indem zugleich mit deren stärkern Erzeugung auch die Konsum-
tion zunimmt; weil zugleich damit die Nationalwirthschaft und Reichthum sammt der
Bevölkerung steigt. Auf keinem Fall aber können sie unter ihren natürlichen Preis
fallen, d. h. denjenigen, der ihre Hervorbringungskosten und den gerechten Profit
bezahlt, weil, wenn dies geschähe, die angestrengtere Produktion sogleich nachlassen
würde. Auch bezweckt die Stallfutterungswirthschaft nicht allein eine größere Pro-
duktion thierischer Substanzen, sondern eben so sehr eine Ersparung des Bodens
für vegetabilische Produktionen und Vermehrung des dazu erforderlichen Düngers.

§. 389.

Wahre Hin-
dernisse der-
selben.
Es scheinen also die Gründe gegen die Stallfutterung und die damit nothwendig
verbundene höhere Ackerkultur -- soll jene anders von Bestande seyn -- einzeln
betrachtet, unerheblich. Indessen können sie doch zusammengenommen in einzelnen
Fällen die Einführung derselben vorerst unräthlich machen, und der Weidewirthschaft
bei einer guten Feldeintheilung das Wort reden. In Gegenden, wo die Manipulation
der Stallfutterung noch ganz unbekannt ist, wo man bei der dienenden Klasse sowohl
als bei denen, welchen man die spezielle Aufsicht übertragen muß, Vorurtheile und
Widerwillen dagegen antrifft, gehört wenigstens eine sehr genaue Aufsicht dazu, die
vielleicht jeder Einzelne diesem Zweige der Wirthschaft, bei vielen andern neuen Ein-
richtungen, nicht widmen kann. Man muß sich daselbst die Menschen dafür erst zu-
ziehen, oder die Hauptviehwärter aus andern Gegenden kommen lassen.

Nicht an sich, sondern in Hinsicht des höhern Wirthschaftsbetriebes, welcher
damit verbunden ist, erfordert sie ein beträchtlich größeres Betriebskapital. Beson-
ders aber wird sie da minder anwendbar seyn, wo man Grund und Boden gar nicht
zu sparen hat, sondern dessen fast einen Ueberfluß besitzt, weil man Arbeit und Kosten
dafür auch bei einer minder intensiven Bewirthschaftung herbeizuschaffen nicht ver-
mögend ist. In solchen Fällen wird Wechselwirthschaft mit Weide wenigstens vor-
erst angemessener seyn, und dann um so leichter zur Stallfutterung übergehen können.
Dagegen wird die Stallfutterung immer in dem Verhältnisse vortheilhafter, in wel-

Stallfutterungsſyſtem.
viehes nicht unmittelbar aber doch mittelbar durch die Eruͤbrigung groͤßerer Weide-
raͤume fuͤr die Schafe bewirkt werden wird. Ob uͤbrigens bei hoͤherer Kultur die
thieriſchen Produkte in ihrem Preiſe gegen den Preis anderer Dinge fallen werden,
iſt noch problematiſch, indem zugleich mit deren ſtaͤrkern Erzeugung auch die Konſum-
tion zunimmt; weil zugleich damit die Nationalwirthſchaft und Reichthum ſammt der
Bevoͤlkerung ſteigt. Auf keinem Fall aber koͤnnen ſie unter ihren natuͤrlichen Preis
fallen, d. h. denjenigen, der ihre Hervorbringungskoſten und den gerechten Profit
bezahlt, weil, wenn dies geſchaͤhe, die angeſtrengtere Produktion ſogleich nachlaſſen
wuͤrde. Auch bezweckt die Stallfutterungswirthſchaft nicht allein eine groͤßere Pro-
duktion thieriſcher Subſtanzen, ſondern eben ſo ſehr eine Erſparung des Bodens
fuͤr vegetabiliſche Produktionen und Vermehrung des dazu erforderlichen Duͤngers.

§. 389.

Wahre Hin-
derniſſe der-
ſelben.
Es ſcheinen alſo die Gruͤnde gegen die Stallfutterung und die damit nothwendig
verbundene hoͤhere Ackerkultur — ſoll jene anders von Beſtande ſeyn — einzeln
betrachtet, unerheblich. Indeſſen koͤnnen ſie doch zuſammengenommen in einzelnen
Faͤllen die Einfuͤhrung derſelben vorerſt unraͤthlich machen, und der Weidewirthſchaft
bei einer guten Feldeintheilung das Wort reden. In Gegenden, wo die Manipulation
der Stallfutterung noch ganz unbekannt iſt, wo man bei der dienenden Klaſſe ſowohl
als bei denen, welchen man die ſpezielle Aufſicht uͤbertragen muß, Vorurtheile und
Widerwillen dagegen antrifft, gehoͤrt wenigſtens eine ſehr genaue Aufſicht dazu, die
vielleicht jeder Einzelne dieſem Zweige der Wirthſchaft, bei vielen andern neuen Ein-
richtungen, nicht widmen kann. Man muß ſich daſelbſt die Menſchen dafuͤr erſt zu-
ziehen, oder die Hauptviehwaͤrter aus andern Gegenden kommen laſſen.

Nicht an ſich, ſondern in Hinſicht des hoͤhern Wirthſchaftsbetriebes, welcher
damit verbunden iſt, erfordert ſie ein betraͤchtlich groͤßeres Betriebskapital. Beſon-
ders aber wird ſie da minder anwendbar ſeyn, wo man Grund und Boden gar nicht
zu ſparen hat, ſondern deſſen faſt einen Ueberfluß beſitzt, weil man Arbeit und Koſten
dafuͤr auch bei einer minder intenſiven Bewirthſchaftung herbeizuſchaffen nicht ver-
moͤgend iſt. In ſolchen Faͤllen wird Wechſelwirthſchaft mit Weide wenigſtens vor-
erſt angemeſſener ſeyn, und dann um ſo leichter zur Stallfutterung uͤbergehen koͤnnen.
Dagegen wird die Stallfutterung immer in dem Verhaͤltniſſe vortheilhafter, in wel-

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[374/0420] Stallfutterungsſyſtem. viehes nicht unmittelbar aber doch mittelbar durch die Eruͤbrigung groͤßerer Weide- raͤume fuͤr die Schafe bewirkt werden wird. Ob uͤbrigens bei hoͤherer Kultur die thieriſchen Produkte in ihrem Preiſe gegen den Preis anderer Dinge fallen werden, iſt noch problematiſch, indem zugleich mit deren ſtaͤrkern Erzeugung auch die Konſum- tion zunimmt; weil zugleich damit die Nationalwirthſchaft und Reichthum ſammt der Bevoͤlkerung ſteigt. Auf keinem Fall aber koͤnnen ſie unter ihren natuͤrlichen Preis fallen, d. h. denjenigen, der ihre Hervorbringungskoſten und den gerechten Profit bezahlt, weil, wenn dies geſchaͤhe, die angeſtrengtere Produktion ſogleich nachlaſſen wuͤrde. Auch bezweckt die Stallfutterungswirthſchaft nicht allein eine groͤßere Pro- duktion thieriſcher Subſtanzen, ſondern eben ſo ſehr eine Erſparung des Bodens fuͤr vegetabiliſche Produktionen und Vermehrung des dazu erforderlichen Duͤngers. §. 389. Es ſcheinen alſo die Gruͤnde gegen die Stallfutterung und die damit nothwendig verbundene hoͤhere Ackerkultur — ſoll jene anders von Beſtande ſeyn — einzeln betrachtet, unerheblich. Indeſſen koͤnnen ſie doch zuſammengenommen in einzelnen Faͤllen die Einfuͤhrung derſelben vorerſt unraͤthlich machen, und der Weidewirthſchaft bei einer guten Feldeintheilung das Wort reden. In Gegenden, wo die Manipulation der Stallfutterung noch ganz unbekannt iſt, wo man bei der dienenden Klaſſe ſowohl als bei denen, welchen man die ſpezielle Aufſicht uͤbertragen muß, Vorurtheile und Widerwillen dagegen antrifft, gehoͤrt wenigſtens eine ſehr genaue Aufſicht dazu, die vielleicht jeder Einzelne dieſem Zweige der Wirthſchaft, bei vielen andern neuen Ein- richtungen, nicht widmen kann. Man muß ſich daſelbſt die Menſchen dafuͤr erſt zu- ziehen, oder die Hauptviehwaͤrter aus andern Gegenden kommen laſſen. Wahre Hin- derniſſe der- ſelben. Nicht an ſich, ſondern in Hinſicht des hoͤhern Wirthſchaftsbetriebes, welcher damit verbunden iſt, erfordert ſie ein betraͤchtlich groͤßeres Betriebskapital. Beſon- ders aber wird ſie da minder anwendbar ſeyn, wo man Grund und Boden gar nicht zu ſparen hat, ſondern deſſen faſt einen Ueberfluß beſitzt, weil man Arbeit und Koſten dafuͤr auch bei einer minder intenſiven Bewirthſchaftung herbeizuſchaffen nicht ver- moͤgend iſt. In ſolchen Faͤllen wird Wechſelwirthſchaft mit Weide wenigſtens vor- erſt angemeſſener ſeyn, und dann um ſo leichter zur Stallfutterung uͤbergehen koͤnnen. Dagegen wird die Stallfutterung immer in dem Verhaͤltniſſe vortheilhafter, in wel-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/420>, abgerufen am 22.12.2024.