Die Stallfutterung ist nämlich im Stande, sich einen Theil des Sommerfutters von einem Jahre zum andern aus dem reicheren für das ärmere überzusparen, indem es dem Viehe ungemein zuträglich und angenehm ist, wenn ihm auch im Som- mer neben dem grünen trockenes Futter gereicht wird. Dadurch kann sie also jene immer gleiche Nahrung nicht nur bewirken, sondern auch alle andere Wirthschafts- verhältnisse im vollkommensten Gleichgewichte erhalten, indem sie auf eine gleichmä- ßige Masse des Düngers in jedem Jahre rechnen darf, bei aufgespartem Futter es aber auch in ihrer Gewalt hat, einen größeren Viehstapel zu halten, wenn ihr sol- ches der Nutzung oder des Düngers wegen vortheilhaft schiene.
§. 379.
5) Endlich ist es nicht nur gewiß und durch unzählige Erfahrungen ausgemacht, daß das Vieh bei gehöriger Behandlung auf dem Stalle vollkommen und eben so lange gesund bleiben könne; insbesondere wenn man ihm zuweilen auf einem freien Raume, bei Gelegenheit des Tränkens und Badens, Bewegung verstattet, sondern es wird dadurch auch gegen manche der gefährlichsten Krankheiten, denen das Weide- vieh ausgesetzt ist, geschützt. So ist es unter andern dem gefährlichen Milzbrande nicht unterworfen, und gegen ansteckende Krankheiten weit mehr gesichert, so daß in Gegenden, wo Stallfutterung überall eingeführt ist, eine allgemeine Verbreitung derselben nicht zu besorgen steht. Wenigstens hat die Stallfutterung in diesem Punkte entschiedene Vorzüge vor der Weide bei der Felderwirthschaft, wenn auch manche bei einer gesunden Koppelweide das Vieh eben so gesichert halten.
§. 380.
Bei diesen unverkennbaren Vortheilen der Stallfutterung hat man dennochBedenklich- keiten bei der Stallfutte- rung. viele Bedenklichkeiten und Einwendungen dagegen gemacht, die wichtig genug schei- nen, um ihre allgemeinere Einführung bisher zu hindern. Mit Uebergehung derer, deren Unwichtigkeit und Ungrund von selbst in die Augen springt, wollen wir hier nur diejenigen untersuchen, die von größerer Wichtigkeit allerdings zu seyn scheinen. Sie sind folgende:
1) Der Anbau der Futtergewächse macht mehrere Menschenhände und stärkere Anspannung nöthig, als nach manchen Ortsverhältnissen darauf zu verwenden ökono- misch rathsam seyn könnte.
Stallfutterungsſyſtem.
Die Stallfutterung iſt naͤmlich im Stande, ſich einen Theil des Sommerfutters von einem Jahre zum andern aus dem reicheren fuͤr das aͤrmere uͤberzuſparen, indem es dem Viehe ungemein zutraͤglich und angenehm iſt, wenn ihm auch im Som- mer neben dem gruͤnen trockenes Futter gereicht wird. Dadurch kann ſie alſo jene immer gleiche Nahrung nicht nur bewirken, ſondern auch alle andere Wirthſchafts- verhaͤltniſſe im vollkommenſten Gleichgewichte erhalten, indem ſie auf eine gleichmaͤ- ßige Maſſe des Duͤngers in jedem Jahre rechnen darf, bei aufgeſpartem Futter es aber auch in ihrer Gewalt hat, einen groͤßeren Viehſtapel zu halten, wenn ihr ſol- ches der Nutzung oder des Duͤngers wegen vortheilhaft ſchiene.
§. 379.
5) Endlich iſt es nicht nur gewiß und durch unzaͤhlige Erfahrungen ausgemacht, daß das Vieh bei gehoͤriger Behandlung auf dem Stalle vollkommen und eben ſo lange geſund bleiben koͤnne; insbeſondere wenn man ihm zuweilen auf einem freien Raume, bei Gelegenheit des Traͤnkens und Badens, Bewegung verſtattet, ſondern es wird dadurch auch gegen manche der gefaͤhrlichſten Krankheiten, denen das Weide- vieh ausgeſetzt iſt, geſchuͤtzt. So iſt es unter andern dem gefaͤhrlichen Milzbrande nicht unterworfen, und gegen anſteckende Krankheiten weit mehr geſichert, ſo daß in Gegenden, wo Stallfutterung uͤberall eingefuͤhrt iſt, eine allgemeine Verbreitung derſelben nicht zu beſorgen ſteht. Wenigſtens hat die Stallfutterung in dieſem Punkte entſchiedene Vorzuͤge vor der Weide bei der Felderwirthſchaft, wenn auch manche bei einer geſunden Koppelweide das Vieh eben ſo geſichert halten.
§. 380.
Bei dieſen unverkennbaren Vortheilen der Stallfutterung hat man dennochBedenklich- keiten bei der Stallfutte- rung. viele Bedenklichkeiten und Einwendungen dagegen gemacht, die wichtig genug ſchei- nen, um ihre allgemeinere Einfuͤhrung bisher zu hindern. Mit Uebergehung derer, deren Unwichtigkeit und Ungrund von ſelbſt in die Augen ſpringt, wollen wir hier nur diejenigen unterſuchen, die von groͤßerer Wichtigkeit allerdings zu ſeyn ſcheinen. Sie ſind folgende:
1) Der Anbau der Futtergewaͤchſe macht mehrere Menſchenhaͤnde und ſtaͤrkere Anſpannung noͤthig, als nach manchen Ortsverhaͤltniſſen darauf zu verwenden oͤkono- miſch rathſam ſeyn koͤnnte.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0413"n="367"/><fwplace="top"type="header">Stallfutterungsſyſtem.</fw><lb/><p>Die Stallfutterung iſt naͤmlich im Stande, ſich einen Theil des Sommerfutters<lb/>
von einem Jahre zum andern aus dem reicheren fuͤr das aͤrmere uͤberzuſparen,<lb/>
indem es dem Viehe ungemein zutraͤglich und angenehm iſt, wenn ihm auch im Som-<lb/>
mer neben dem gruͤnen trockenes Futter gereicht wird. Dadurch kann ſie alſo jene<lb/>
immer gleiche Nahrung nicht nur bewirken, ſondern auch alle andere Wirthſchafts-<lb/>
verhaͤltniſſe im vollkommenſten Gleichgewichte erhalten, indem ſie auf eine gleichmaͤ-<lb/>
ßige Maſſe des Duͤngers in jedem Jahre rechnen darf, bei aufgeſpartem Futter es<lb/>
aber auch in ihrer Gewalt hat, einen groͤßeren Viehſtapel zu halten, wenn ihr ſol-<lb/>
ches der Nutzung oder des Duͤngers wegen vortheilhaft ſchiene.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 379.</head><lb/><p>5) Endlich iſt es nicht nur gewiß und durch unzaͤhlige Erfahrungen ausgemacht,<lb/>
daß das Vieh bei gehoͤriger Behandlung auf dem Stalle vollkommen und eben ſo<lb/>
lange geſund bleiben koͤnne; insbeſondere wenn man ihm zuweilen auf einem freien<lb/>
Raume, bei Gelegenheit des Traͤnkens und Badens, Bewegung verſtattet, ſondern<lb/>
es wird dadurch auch gegen manche der gefaͤhrlichſten Krankheiten, denen das Weide-<lb/>
vieh ausgeſetzt iſt, geſchuͤtzt. So iſt es unter andern dem gefaͤhrlichen Milzbrande<lb/>
nicht unterworfen, und gegen anſteckende Krankheiten weit mehr geſichert, ſo daß in<lb/>
Gegenden, wo Stallfutterung uͤberall eingefuͤhrt iſt, eine allgemeine Verbreitung<lb/>
derſelben nicht zu beſorgen ſteht. Wenigſtens hat die Stallfutterung in dieſem<lb/>
Punkte entſchiedene Vorzuͤge vor der Weide bei der Felderwirthſchaft, wenn auch<lb/>
manche bei einer geſunden Koppelweide das Vieh eben ſo geſichert halten.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 380.</head><lb/><p>Bei dieſen unverkennbaren Vortheilen der Stallfutterung hat man dennoch<noteplace="right">Bedenklich-<lb/>
keiten bei der<lb/>
Stallfutte-<lb/>
rung.</note><lb/>
viele Bedenklichkeiten und Einwendungen dagegen gemacht, die wichtig genug ſchei-<lb/>
nen, um ihre allgemeinere Einfuͤhrung bisher zu hindern. Mit Uebergehung derer,<lb/>
deren Unwichtigkeit und Ungrund von ſelbſt in die Augen ſpringt, wollen wir hier nur<lb/>
diejenigen unterſuchen, die von groͤßerer Wichtigkeit allerdings zu ſeyn ſcheinen.<lb/>
Sie ſind folgende:</p><lb/><p>1) Der Anbau der Futtergewaͤchſe macht mehrere Menſchenhaͤnde und ſtaͤrkere<lb/>
Anſpannung noͤthig, als nach manchen Ortsverhaͤltniſſen darauf zu verwenden oͤkono-<lb/>
miſch rathſam ſeyn koͤnnte.</p><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[367/0413]
Stallfutterungsſyſtem.
Die Stallfutterung iſt naͤmlich im Stande, ſich einen Theil des Sommerfutters
von einem Jahre zum andern aus dem reicheren fuͤr das aͤrmere uͤberzuſparen,
indem es dem Viehe ungemein zutraͤglich und angenehm iſt, wenn ihm auch im Som-
mer neben dem gruͤnen trockenes Futter gereicht wird. Dadurch kann ſie alſo jene
immer gleiche Nahrung nicht nur bewirken, ſondern auch alle andere Wirthſchafts-
verhaͤltniſſe im vollkommenſten Gleichgewichte erhalten, indem ſie auf eine gleichmaͤ-
ßige Maſſe des Duͤngers in jedem Jahre rechnen darf, bei aufgeſpartem Futter es
aber auch in ihrer Gewalt hat, einen groͤßeren Viehſtapel zu halten, wenn ihr ſol-
ches der Nutzung oder des Duͤngers wegen vortheilhaft ſchiene.
§. 379.
5) Endlich iſt es nicht nur gewiß und durch unzaͤhlige Erfahrungen ausgemacht,
daß das Vieh bei gehoͤriger Behandlung auf dem Stalle vollkommen und eben ſo
lange geſund bleiben koͤnne; insbeſondere wenn man ihm zuweilen auf einem freien
Raume, bei Gelegenheit des Traͤnkens und Badens, Bewegung verſtattet, ſondern
es wird dadurch auch gegen manche der gefaͤhrlichſten Krankheiten, denen das Weide-
vieh ausgeſetzt iſt, geſchuͤtzt. So iſt es unter andern dem gefaͤhrlichen Milzbrande
nicht unterworfen, und gegen anſteckende Krankheiten weit mehr geſichert, ſo daß in
Gegenden, wo Stallfutterung uͤberall eingefuͤhrt iſt, eine allgemeine Verbreitung
derſelben nicht zu beſorgen ſteht. Wenigſtens hat die Stallfutterung in dieſem
Punkte entſchiedene Vorzuͤge vor der Weide bei der Felderwirthſchaft, wenn auch
manche bei einer geſunden Koppelweide das Vieh eben ſo geſichert halten.
§. 380.
Bei dieſen unverkennbaren Vortheilen der Stallfutterung hat man dennoch
viele Bedenklichkeiten und Einwendungen dagegen gemacht, die wichtig genug ſchei-
nen, um ihre allgemeinere Einfuͤhrung bisher zu hindern. Mit Uebergehung derer,
deren Unwichtigkeit und Ungrund von ſelbſt in die Augen ſpringt, wollen wir hier nur
diejenigen unterſuchen, die von groͤßerer Wichtigkeit allerdings zu ſeyn ſcheinen.
Sie ſind folgende:
Bedenklich-
keiten bei der
Stallfutte-
rung.
1) Der Anbau der Futtergewaͤchſe macht mehrere Menſchenhaͤnde und ſtaͤrkere
Anſpannung noͤthig, als nach manchen Ortsverhaͤltniſſen darauf zu verwenden oͤkono-
miſch rathſam ſeyn koͤnnte.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/413>, abgerufen am 21.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.