Ich sage darum nicht, daß ein spekulirender Kopf nicht auf vielen einzelnen Gütern Gelegenheit finde, durch Meliorationen sich beträchtliche Vortheile zu ver- schaffen. Aber dies ist etwas anderes, als der eigentliche Wirthschaftsbetrieb, und findet nur unter besondern Lokalitäten statt. Ungeachtet vieles dieser Art auf- gesucht und jetzt so leicht nicht mehr zu finden ist, so ist doch allerdings noch wohl manches auf Gütern, die in Koppelwirthschaft liegen, verborgen.
§. 352.
Die bequeme Regelmäßigkeit dieser Wirthschaft empfiehlt sie besonders auf sehr großen Gütern. Ist sie daselbst einmal eingerichtet, so können 4000 Morgen oft mit weit geringerer Aufmerksamkeit und Sorge bewirthschaftet werden, als auf eine andere Weise 400 Morgen. Die allgemeine Aufsicht ist sehr leicht zu führen, sobald man sich nur eine Uebersicht des Ganzen einmal erworben hat. Jede Ar- beit hat ihr bestimmtes Maaß und ihre bestimmte Zeit. Daß sie mit den einmal angemessenen Kräften zu rechter Zeit vollendet seyn müsse, weiß der Ackervoigt oder Vorpflüger, und er richtet sich darnach ein. Nur darf man den Gang der Geschäfte nicht im mindesten stören, weil sonst alles aus seiner Ordnung kommt, und nicht mehr eingreift. Es ist eine Maschine, in welcher die Verrückung des Einen alles verrücket, und bei welcher es schwer ist, eine Veränderung, die sich über alle Theile erstrecken muß, zu machen, ohne alles auf einen Augenblick in Stillstand und in eine ganz neue Ordnung zu bringen. Aendert oder stört man aber nichts, so geht es regelmäßig seinen Gang fort, und leistet die erwartete Wirkung. Deshalb fürchten sich dann auch nicht ohne Grund viele, nur die min- deste Abänderung, die sie sonst wohl für vortheilhaft erkennen, zu veranstalten. Der Bau von 10 Morgen Klee oder Kartoffeln auf einer Brachkoppel von mehrern 100 Morgen kann schon den regulären Gang ihrer Bearbeitung stören, und sie wird darüber zu spät für die Winterungssaat fertig, oder ist minder vollkommen dazu vorbereitet.
Bei ihrem festen Gange ist es sogar nicht schwierig, in der Entfernung viele große Güter auf diese Weise selbst zu administriren, ohne einmal einen geschickten Aufseher auf jedem derselben zu haben. Es ist genug, von Zeit zu Zeit einmal nachzusehen, ob die Maschine nicht stocke, und ihr allenfalls etwas Oel zu geben.
Die Koppelwirthſchaft.
Ich ſage darum nicht, daß ein ſpekulirender Kopf nicht auf vielen einzelnen Guͤtern Gelegenheit finde, durch Meliorationen ſich betraͤchtliche Vortheile zu ver- ſchaffen. Aber dies iſt etwas anderes, als der eigentliche Wirthſchaftsbetrieb, und findet nur unter beſondern Lokalitaͤten ſtatt. Ungeachtet vieles dieſer Art auf- geſucht und jetzt ſo leicht nicht mehr zu finden iſt, ſo iſt doch allerdings noch wohl manches auf Guͤtern, die in Koppelwirthſchaft liegen, verborgen.
§. 352.
Die bequeme Regelmaͤßigkeit dieſer Wirthſchaft empfiehlt ſie beſonders auf ſehr großen Guͤtern. Iſt ſie daſelbſt einmal eingerichtet, ſo koͤnnen 4000 Morgen oft mit weit geringerer Aufmerkſamkeit und Sorge bewirthſchaftet werden, als auf eine andere Weiſe 400 Morgen. Die allgemeine Aufſicht iſt ſehr leicht zu fuͤhren, ſobald man ſich nur eine Ueberſicht des Ganzen einmal erworben hat. Jede Ar- beit hat ihr beſtimmtes Maaß und ihre beſtimmte Zeit. Daß ſie mit den einmal angemeſſenen Kraͤften zu rechter Zeit vollendet ſeyn muͤſſe, weiß der Ackervoigt oder Vorpfluͤger, und er richtet ſich darnach ein. Nur darf man den Gang der Geſchaͤfte nicht im mindeſten ſtoͤren, weil ſonſt alles aus ſeiner Ordnung kommt, und nicht mehr eingreift. Es iſt eine Maſchine, in welcher die Verruͤckung des Einen alles verruͤcket, und bei welcher es ſchwer iſt, eine Veraͤnderung, die ſich uͤber alle Theile erſtrecken muß, zu machen, ohne alles auf einen Augenblick in Stillſtand und in eine ganz neue Ordnung zu bringen. Aendert oder ſtoͤrt man aber nichts, ſo geht es regelmaͤßig ſeinen Gang fort, und leiſtet die erwartete Wirkung. Deshalb fuͤrchten ſich dann auch nicht ohne Grund viele, nur die min- deſte Abaͤnderung, die ſie ſonſt wohl fuͤr vortheilhaft erkennen, zu veranſtalten. Der Bau von 10 Morgen Klee oder Kartoffeln auf einer Brachkoppel von mehrern 100 Morgen kann ſchon den regulaͤren Gang ihrer Bearbeitung ſtoͤren, und ſie wird daruͤber zu ſpaͤt fuͤr die Winterungsſaat fertig, oder iſt minder vollkommen dazu vorbereitet.
Bei ihrem feſten Gange iſt es ſogar nicht ſchwierig, in der Entfernung viele große Guͤter auf dieſe Weiſe ſelbſt zu adminiſtriren, ohne einmal einen geſchickten Aufſeher auf jedem derſelben zu haben. Es iſt genug, von Zeit zu Zeit einmal nachzuſehen, ob die Maſchine nicht ſtocke, und ihr allenfalls etwas Oel zu geben.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0381"n="335"/><fwplace="top"type="header">Die Koppelwirthſchaft.</fw><lb/><p>Ich ſage darum nicht, daß ein ſpekulirender Kopf nicht auf vielen einzelnen<lb/>
Guͤtern Gelegenheit finde, durch Meliorationen ſich betraͤchtliche Vortheile zu ver-<lb/>ſchaffen. Aber dies iſt etwas anderes, als der eigentliche Wirthſchaftsbetrieb,<lb/>
und findet nur unter beſondern Lokalitaͤten ſtatt. Ungeachtet vieles dieſer Art auf-<lb/>
geſucht und jetzt ſo leicht nicht mehr zu finden iſt, ſo iſt doch allerdings noch wohl<lb/>
manches auf Guͤtern, die in Koppelwirthſchaft liegen, verborgen.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 352.</head><lb/><p>Die bequeme Regelmaͤßigkeit dieſer Wirthſchaft empfiehlt ſie beſonders auf<lb/>ſehr großen Guͤtern. Iſt ſie daſelbſt einmal eingerichtet, ſo koͤnnen 4000 Morgen<lb/>
oft mit weit geringerer Aufmerkſamkeit und Sorge bewirthſchaftet werden, als auf<lb/>
eine andere Weiſe 400 Morgen. Die allgemeine Aufſicht iſt ſehr leicht zu fuͤhren,<lb/>ſobald man ſich nur eine Ueberſicht des Ganzen einmal erworben hat. Jede Ar-<lb/>
beit hat ihr beſtimmtes Maaß und ihre beſtimmte Zeit. Daß ſie mit den einmal<lb/>
angemeſſenen Kraͤften zu rechter Zeit vollendet ſeyn muͤſſe, weiß der Ackervoigt<lb/>
oder Vorpfluͤger, und er richtet ſich darnach ein. Nur darf man den Gang der<lb/>
Geſchaͤfte nicht im mindeſten ſtoͤren, weil ſonſt alles aus ſeiner Ordnung kommt,<lb/>
und nicht mehr eingreift. Es iſt eine Maſchine, in welcher die Verruͤckung des<lb/>
Einen alles verruͤcket, und bei welcher es ſchwer iſt, eine Veraͤnderung, die ſich<lb/>
uͤber alle Theile erſtrecken muß, zu machen, ohne alles auf einen Augenblick in<lb/>
Stillſtand und in eine ganz neue Ordnung zu bringen. Aendert oder ſtoͤrt man<lb/>
aber nichts, ſo geht es regelmaͤßig ſeinen Gang fort, und leiſtet die erwartete<lb/>
Wirkung. Deshalb fuͤrchten ſich dann auch nicht ohne Grund viele, nur die min-<lb/>
deſte Abaͤnderung, die ſie ſonſt wohl fuͤr vortheilhaft erkennen, zu veranſtalten.<lb/>
Der Bau von 10 Morgen Klee oder Kartoffeln auf einer Brachkoppel von mehrern<lb/>
100 Morgen kann ſchon den regulaͤren Gang ihrer Bearbeitung ſtoͤren, und ſie<lb/>
wird daruͤber zu ſpaͤt fuͤr die Winterungsſaat fertig, oder iſt minder vollkommen<lb/>
dazu vorbereitet.</p><lb/><p>Bei ihrem feſten Gange iſt es ſogar nicht ſchwierig, in der Entfernung viele<lb/>
große Guͤter auf dieſe Weiſe ſelbſt zu adminiſtriren, ohne einmal einen geſchickten<lb/>
Aufſeher auf jedem derſelben zu haben. Es iſt genug, von Zeit zu Zeit einmal<lb/>
nachzuſehen, ob die Maſchine nicht ſtocke, und ihr allenfalls etwas Oel zu geben.<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[335/0381]
Die Koppelwirthſchaft.
Ich ſage darum nicht, daß ein ſpekulirender Kopf nicht auf vielen einzelnen
Guͤtern Gelegenheit finde, durch Meliorationen ſich betraͤchtliche Vortheile zu ver-
ſchaffen. Aber dies iſt etwas anderes, als der eigentliche Wirthſchaftsbetrieb,
und findet nur unter beſondern Lokalitaͤten ſtatt. Ungeachtet vieles dieſer Art auf-
geſucht und jetzt ſo leicht nicht mehr zu finden iſt, ſo iſt doch allerdings noch wohl
manches auf Guͤtern, die in Koppelwirthſchaft liegen, verborgen.
§. 352.
Die bequeme Regelmaͤßigkeit dieſer Wirthſchaft empfiehlt ſie beſonders auf
ſehr großen Guͤtern. Iſt ſie daſelbſt einmal eingerichtet, ſo koͤnnen 4000 Morgen
oft mit weit geringerer Aufmerkſamkeit und Sorge bewirthſchaftet werden, als auf
eine andere Weiſe 400 Morgen. Die allgemeine Aufſicht iſt ſehr leicht zu fuͤhren,
ſobald man ſich nur eine Ueberſicht des Ganzen einmal erworben hat. Jede Ar-
beit hat ihr beſtimmtes Maaß und ihre beſtimmte Zeit. Daß ſie mit den einmal
angemeſſenen Kraͤften zu rechter Zeit vollendet ſeyn muͤſſe, weiß der Ackervoigt
oder Vorpfluͤger, und er richtet ſich darnach ein. Nur darf man den Gang der
Geſchaͤfte nicht im mindeſten ſtoͤren, weil ſonſt alles aus ſeiner Ordnung kommt,
und nicht mehr eingreift. Es iſt eine Maſchine, in welcher die Verruͤckung des
Einen alles verruͤcket, und bei welcher es ſchwer iſt, eine Veraͤnderung, die ſich
uͤber alle Theile erſtrecken muß, zu machen, ohne alles auf einen Augenblick in
Stillſtand und in eine ganz neue Ordnung zu bringen. Aendert oder ſtoͤrt man
aber nichts, ſo geht es regelmaͤßig ſeinen Gang fort, und leiſtet die erwartete
Wirkung. Deshalb fuͤrchten ſich dann auch nicht ohne Grund viele, nur die min-
deſte Abaͤnderung, die ſie ſonſt wohl fuͤr vortheilhaft erkennen, zu veranſtalten.
Der Bau von 10 Morgen Klee oder Kartoffeln auf einer Brachkoppel von mehrern
100 Morgen kann ſchon den regulaͤren Gang ihrer Bearbeitung ſtoͤren, und ſie
wird daruͤber zu ſpaͤt fuͤr die Winterungsſaat fertig, oder iſt minder vollkommen
dazu vorbereitet.
Bei ihrem feſten Gange iſt es ſogar nicht ſchwierig, in der Entfernung viele
große Guͤter auf dieſe Weiſe ſelbſt zu adminiſtriren, ohne einmal einen geſchickten
Aufſeher auf jedem derſelben zu haben. Es iſt genug, von Zeit zu Zeit einmal
nachzuſehen, ob die Maſchine nicht ſtocke, und ihr allenfalls etwas Oel zu geben.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/381>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.