Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Koppelwirthschaft.
und Ausführungskunde von Densow." "Von Fegesack zur Aufnahme der Landwirth-
schaft, Berlin 1766."

Die Vortheile, welche aus dieser Wirthschaftsart hervorgingen, insbesondere
auf solchen Gütern, die einmal in einen Abfall ihres Düngerstandes gekommen waren,
leuchteten nun einem jeden so ein, daß man dieses System als das vollkommenste un-
ter allen möglichen ansah, und sich in dortigen Gegenden glücklich pries, bei der gänz-
lichen Abhängigkeit der Bauern seine Aecker ohne Weitläuftigkeit zusammenziehen und
in Schläge legen zu können. Jetzt sing man erst den Werth des Grundes und Bo-
dens zu schätzen an, wobei dann freilich mancher Bauer den seinigen ganz oder
zum Theil verlor.

§. 325.

So wie hier der Zufall dieses System kennen lehrte, und seine Verbreitung be-
günstigte, verfielen doch auch in andern Gegenden denkende Köpfe auf dasselbe. Die
vorzügliche Kraft des geruheten Bodens, die Sicherheit und Größe der Ernten,
welche er giebt, und wiederum das reichliche Weidegras, was auf hohen Weiden,
die unerschöpft einige Jahre lang vom Pfluge ruhen, gegen andere, die unaufgebro-
chen lange Jahre gelegen haben, hervorkommt, mußte aufmerksame Beobachter auf
die Vortheile dieses Wechsels leiten. Camillo Tarello in seinem Ricordo d'a-
gricultura
lehrte dieses System, und zwar in seiner größern Vollkommenheit, auf
rationelle Gründe gestützt. Nach ihm sollte das Grasland mittelst eines achtmaligen
Pflügens aufgebrochen und zum Fruchtbau benutzt werden, ohne Dünger, es sey
denn etwa Kalk, früher darauf zu bringen, als mit der letzten Saat, unter welcher
Klee und zweckmäßige Gräfer zu säen wären, und womit dann das Land eine Reihe
von Jahren zur Weide oder zur Futterung des Viehes liegen bleiben solle. Auch
Bertrand zu Orbe in der Schweiz lehrte in seinem elements d'agriculture
dieses System, und bewies die Vorzüge des auf dem Acker entstandenen Rasens vor
ältern Weiden, und wiederum die Fruchtbarkeit, welche die Rasenfäulniß den nachher
gebauten Früchten gebe. Auch findet man es in der Schweiz und in einigen südlichen
Gegenden Deutschlands, ich weiß nicht seit wann, eingeführt.

§. 326.

Bei dem allen hat dieses System viele Widersprüche von andern erlitten, denen
es aber mehrentheils an einem vollständigen Begriffe davon fehlte. Man glaubte,

Erster Theil. R r

Die Koppelwirthſchaft.
und Ausfuͤhrungskunde von Denſow.“ „Von Fegeſack zur Aufnahme der Landwirth-
ſchaft, Berlin 1766.“

Die Vortheile, welche aus dieſer Wirthſchaftsart hervorgingen, insbeſondere
auf ſolchen Guͤtern, die einmal in einen Abfall ihres Duͤngerſtandes gekommen waren,
leuchteten nun einem jeden ſo ein, daß man dieſes Syſtem als das vollkommenſte un-
ter allen moͤglichen anſah, und ſich in dortigen Gegenden gluͤcklich pries, bei der gaͤnz-
lichen Abhaͤngigkeit der Bauern ſeine Aecker ohne Weitlaͤuftigkeit zuſammenziehen und
in Schlaͤge legen zu koͤnnen. Jetzt ſing man erſt den Werth des Grundes und Bo-
dens zu ſchaͤtzen an, wobei dann freilich mancher Bauer den ſeinigen ganz oder
zum Theil verlor.

§. 325.

So wie hier der Zufall dieſes Syſtem kennen lehrte, und ſeine Verbreitung be-
guͤnſtigte, verfielen doch auch in andern Gegenden denkende Koͤpfe auf daſſelbe. Die
vorzuͤgliche Kraft des geruheten Bodens, die Sicherheit und Groͤße der Ernten,
welche er giebt, und wiederum das reichliche Weidegras, was auf hohen Weiden,
die unerſchoͤpft einige Jahre lang vom Pfluge ruhen, gegen andere, die unaufgebro-
chen lange Jahre gelegen haben, hervorkommt, mußte aufmerkſame Beobachter auf
die Vortheile dieſes Wechſels leiten. Camillo Tarello in ſeinem Ricordo d’a-
gricultura
lehrte dieſes Syſtem, und zwar in ſeiner groͤßern Vollkommenheit, auf
rationelle Gruͤnde geſtuͤtzt. Nach ihm ſollte das Grasland mittelſt eines achtmaligen
Pfluͤgens aufgebrochen und zum Fruchtbau benutzt werden, ohne Duͤnger, es ſey
denn etwa Kalk, fruͤher darauf zu bringen, als mit der letzten Saat, unter welcher
Klee und zweckmaͤßige Graͤfer zu ſaͤen waͤren, und womit dann das Land eine Reihe
von Jahren zur Weide oder zur Futterung des Viehes liegen bleiben ſolle. Auch
Bertrand zu Orbe in der Schweiz lehrte in ſeinem élements d’agriculture
dieſes Syſtem, und bewies die Vorzuͤge des auf dem Acker entſtandenen Raſens vor
aͤltern Weiden, und wiederum die Fruchtbarkeit, welche die Raſenfaͤulniß den nachher
gebauten Fruͤchten gebe. Auch findet man es in der Schweiz und in einigen ſuͤdlichen
Gegenden Deutſchlands, ich weiß nicht ſeit wann, eingefuͤhrt.

§. 326.

Bei dem allen hat dieſes Syſtem viele Widerſpruͤche von andern erlitten, denen
es aber mehrentheils an einem vollſtaͤndigen Begriffe davon fehlte. Man glaubte,

Erſter Theil. R r
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0359" n="313"/><fw place="top" type="header">Die Koppelwirth&#x017F;chaft.</fw><lb/>
und Ausfu&#x0364;hrungskunde von <persName>Den&#x017F;ow</persName>.&#x201C; &#x201E;<persName>Von Fege&#x017F;ack</persName> zur Aufnahme der Landwirth-<lb/>
&#x017F;chaft, <placeName>Berlin</placeName> 1766.&#x201C;</p><lb/>
              <p>Die Vortheile, welche aus die&#x017F;er Wirth&#x017F;chaftsart hervorgingen, insbe&#x017F;ondere<lb/>
auf &#x017F;olchen Gu&#x0364;tern, die einmal in einen Abfall ihres Du&#x0364;nger&#x017F;tandes gekommen waren,<lb/>
leuchteten nun einem jeden &#x017F;o ein, daß man die&#x017F;es Sy&#x017F;tem als das vollkommen&#x017F;te un-<lb/>
ter allen mo&#x0364;glichen an&#x017F;ah, und &#x017F;ich in dortigen Gegenden glu&#x0364;cklich pries, bei der ga&#x0364;nz-<lb/>
lichen Abha&#x0364;ngigkeit der Bauern &#x017F;eine Aecker ohne Weitla&#x0364;uftigkeit zu&#x017F;ammenziehen und<lb/>
in Schla&#x0364;ge legen zu ko&#x0364;nnen. Jetzt &#x017F;ing man er&#x017F;t den Werth des Grundes und Bo-<lb/>
dens zu &#x017F;cha&#x0364;tzen an, wobei dann freilich mancher Bauer den &#x017F;einigen ganz oder<lb/>
zum Theil verlor.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 325.</head><lb/>
              <p>So wie hier der Zufall die&#x017F;es Sy&#x017F;tem kennen lehrte, und &#x017F;eine Verbreitung be-<lb/>
gu&#x0364;n&#x017F;tigte, verfielen doch auch in andern Gegenden denkende Ko&#x0364;pfe auf da&#x017F;&#x017F;elbe. Die<lb/>
vorzu&#x0364;gliche Kraft des geruheten Bodens, die Sicherheit und Gro&#x0364;ße der Ernten,<lb/>
welche er giebt, und wiederum das reichliche Weidegras, was auf hohen Weiden,<lb/>
die uner&#x017F;cho&#x0364;pft einige Jahre lang vom Pfluge ruhen, gegen andere, die unaufgebro-<lb/>
chen lange Jahre gelegen haben, hervorkommt, mußte aufmerk&#x017F;ame Beobachter auf<lb/>
die Vortheile die&#x017F;es Wech&#x017F;els leiten. <hi rendition="#g"><persName>Camillo Tarello</persName></hi> in &#x017F;einem <hi rendition="#aq">Ricordo d&#x2019;a-<lb/>
gricultura</hi> lehrte die&#x017F;es Sy&#x017F;tem, und zwar in &#x017F;einer gro&#x0364;ßern Vollkommenheit, auf<lb/>
rationelle Gru&#x0364;nde ge&#x017F;tu&#x0364;tzt. Nach ihm &#x017F;ollte das Grasland mittel&#x017F;t eines achtmaligen<lb/>
Pflu&#x0364;gens aufgebrochen und zum Fruchtbau benutzt werden, ohne Du&#x0364;nger, es &#x017F;ey<lb/>
denn etwa Kalk, fru&#x0364;her darauf zu bringen, als mit der letzten Saat, unter welcher<lb/>
Klee und zweckma&#x0364;ßige Gra&#x0364;fer zu &#x017F;a&#x0364;en wa&#x0364;ren, und womit dann das Land eine Reihe<lb/>
von Jahren zur Weide oder zur Futterung des Viehes liegen bleiben &#x017F;olle. Auch<lb/><hi rendition="#g"><persName>Bertrand</persName></hi> zu <hi rendition="#g"><placeName>Orbe</placeName></hi> in der <placeName>Schweiz</placeName> lehrte in &#x017F;einem <hi rendition="#aq">élements d&#x2019;agriculture</hi><lb/>
die&#x017F;es Sy&#x017F;tem, und bewies die Vorzu&#x0364;ge des auf dem Acker ent&#x017F;tandenen Ra&#x017F;ens vor<lb/>
a&#x0364;ltern Weiden, und wiederum die Fruchtbarkeit, welche die Ra&#x017F;enfa&#x0364;ulniß den nachher<lb/>
gebauten Fru&#x0364;chten gebe. Auch findet man es in der <placeName>Schweiz</placeName> und in einigen &#x017F;u&#x0364;dlichen<lb/>
Gegenden <placeName>Deut&#x017F;chlands</placeName>, ich weiß nicht &#x017F;eit wann, eingefu&#x0364;hrt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 326.</head><lb/>
              <p>Bei dem allen hat die&#x017F;es Sy&#x017F;tem viele Wider&#x017F;pru&#x0364;che von andern erlitten, denen<lb/>
es aber mehrentheils an einem voll&#x017F;ta&#x0364;ndigen Begriffe davon fehlte. Man glaubte,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Er&#x017F;ter Theil. R r</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[313/0359] Die Koppelwirthſchaft. und Ausfuͤhrungskunde von Denſow.“ „Von Fegeſack zur Aufnahme der Landwirth- ſchaft, Berlin 1766.“ Die Vortheile, welche aus dieſer Wirthſchaftsart hervorgingen, insbeſondere auf ſolchen Guͤtern, die einmal in einen Abfall ihres Duͤngerſtandes gekommen waren, leuchteten nun einem jeden ſo ein, daß man dieſes Syſtem als das vollkommenſte un- ter allen moͤglichen anſah, und ſich in dortigen Gegenden gluͤcklich pries, bei der gaͤnz- lichen Abhaͤngigkeit der Bauern ſeine Aecker ohne Weitlaͤuftigkeit zuſammenziehen und in Schlaͤge legen zu koͤnnen. Jetzt ſing man erſt den Werth des Grundes und Bo- dens zu ſchaͤtzen an, wobei dann freilich mancher Bauer den ſeinigen ganz oder zum Theil verlor. §. 325. So wie hier der Zufall dieſes Syſtem kennen lehrte, und ſeine Verbreitung be- guͤnſtigte, verfielen doch auch in andern Gegenden denkende Koͤpfe auf daſſelbe. Die vorzuͤgliche Kraft des geruheten Bodens, die Sicherheit und Groͤße der Ernten, welche er giebt, und wiederum das reichliche Weidegras, was auf hohen Weiden, die unerſchoͤpft einige Jahre lang vom Pfluge ruhen, gegen andere, die unaufgebro- chen lange Jahre gelegen haben, hervorkommt, mußte aufmerkſame Beobachter auf die Vortheile dieſes Wechſels leiten. Camillo Tarello in ſeinem Ricordo d’a- gricultura lehrte dieſes Syſtem, und zwar in ſeiner groͤßern Vollkommenheit, auf rationelle Gruͤnde geſtuͤtzt. Nach ihm ſollte das Grasland mittelſt eines achtmaligen Pfluͤgens aufgebrochen und zum Fruchtbau benutzt werden, ohne Duͤnger, es ſey denn etwa Kalk, fruͤher darauf zu bringen, als mit der letzten Saat, unter welcher Klee und zweckmaͤßige Graͤfer zu ſaͤen waͤren, und womit dann das Land eine Reihe von Jahren zur Weide oder zur Futterung des Viehes liegen bleiben ſolle. Auch Bertrand zu Orbe in der Schweiz lehrte in ſeinem élements d’agriculture dieſes Syſtem, und bewies die Vorzuͤge des auf dem Acker entſtandenen Raſens vor aͤltern Weiden, und wiederum die Fruchtbarkeit, welche die Raſenfaͤulniß den nachher gebauten Fruͤchten gebe. Auch findet man es in der Schweiz und in einigen ſuͤdlichen Gegenden Deutſchlands, ich weiß nicht ſeit wann, eingefuͤhrt. §. 326. Bei dem allen hat dieſes Syſtem viele Widerſpruͤche von andern erlitten, denen es aber mehrentheils an einem vollſtaͤndigen Begriffe davon fehlte. Man glaubte, Erſter Theil. R r

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/359
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/359>, abgerufen am 22.12.2024.