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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Das Feldersystem.
Nahrung zu bezahlen. Dann wird die Nachfrage nach thierischen Produkten so
groß, daß man kultivirtes Land und künstlich erzogene Produkte für das Vieh
bestimmen kann, und den Acker durch selbiges eben so hoch, als durch Getreidebau
benutzt, indem man es jetzt von einer weit geringern Fläche zu ernähren weiß.
Der Landwirth berechnet, wie viel ihm, außer dem baaren Ertrage seiner Vieh-
futterung, der Dünger, vermittelst des dadurch vermehrten Getreideertrages,
werth sey, und findet sich bewogen, die thierische Produktion noch immer zu ver-
mehren, bis nun durch die vermehrte Erzeugung die Nachfrage so reichlich befrie-
digt werden kann, daß der Preis der thierischen Produkte wieder fällt, wo dann
wiederum mehr auf die Erzeugung des Getreides und anderer verkäuflichen Ge-
wächse verwandt wird, welches nun mit um so größerm Erfolge wird geschehen kön-
nen, da der Acker durch die vermehrte Viehzucht in größere Kraft gesetzt worden.
Dies ist der Gang, den das Schwanken des Verhältnisses zwischen Viehzucht und
Ackerbau allgemein genommen hat, und nothwendig nehmen muß, wo nicht ge-
waltsame Eingriffe den Gang der Natur stören, und er ist gleich nützlich für die
Nation in jedem Zustande ihres Reichthums, und für den produzirenden Land-
wirth. Nur in England schien eine Zeitlang das richtige Verhältniß zwischen Ge-
treidebau und Viehzucht erreicht zu seyn, indem der Preis der thierischen Lebens-
mittel in einem fast zu niedrigen Verhältnisse gegen den des Getreides zu stehen
kam. Bei uns ist es noch bei weitem nicht dahin gediehen, und wir können noch
die thierische Produktion um sehr vieles erhöhen, mit derselben aber zugleich den
Ertrag unserer Getreidesaaten, eher wir einen Ueberfluß von jenem erhalten, und
von andern Ländern darin unabhängig werden. Ein System, welches dieses
thut, ohne erweislich die Produktion anderer Früchte zu vermindern, und den
Acker in einen höheren Stand der Fruchtbarkeit versetzt, hat daher unbezweifelte
Vorzüge.

§. 315.

Mindere Ar-
beit.
Ad 3. In seinem einfachen reinen Zustande kann dieses System seine Arbei-
ten bequem vollführen, wenn es Kräfte genug für die Saatbestellung und die
Ernte hat. Außer diesen Zeiten hat es aber für die zu jenen erforderlichen Kräf-
ten zu wenig zu thun, und kann sie in der Wirthschaft nicht thätig genug beschäf-
tigen, weshalb auch größere und kleinere Wirthschaften auf Nebengeschäfte

denken

Das Felderſyſtem.
Nahrung zu bezahlen. Dann wird die Nachfrage nach thieriſchen Produkten ſo
groß, daß man kultivirtes Land und kuͤnſtlich erzogene Produkte fuͤr das Vieh
beſtimmen kann, und den Acker durch ſelbiges eben ſo hoch, als durch Getreidebau
benutzt, indem man es jetzt von einer weit geringern Flaͤche zu ernaͤhren weiß.
Der Landwirth berechnet, wie viel ihm, außer dem baaren Ertrage ſeiner Vieh-
futterung, der Duͤnger, vermittelſt des dadurch vermehrten Getreideertrages,
werth ſey, und findet ſich bewogen, die thieriſche Produktion noch immer zu ver-
mehren, bis nun durch die vermehrte Erzeugung die Nachfrage ſo reichlich befrie-
digt werden kann, daß der Preis der thieriſchen Produkte wieder faͤllt, wo dann
wiederum mehr auf die Erzeugung des Getreides und anderer verkaͤuflichen Ge-
waͤchſe verwandt wird, welches nun mit um ſo groͤßerm Erfolge wird geſchehen koͤn-
nen, da der Acker durch die vermehrte Viehzucht in groͤßere Kraft geſetzt worden.
Dies iſt der Gang, den das Schwanken des Verhaͤltniſſes zwiſchen Viehzucht und
Ackerbau allgemein genommen hat, und nothwendig nehmen muß, wo nicht ge-
waltſame Eingriffe den Gang der Natur ſtoͤren, und er iſt gleich nuͤtzlich fuͤr die
Nation in jedem Zuſtande ihres Reichthums, und fuͤr den produzirenden Land-
wirth. Nur in England ſchien eine Zeitlang das richtige Verhaͤltniß zwiſchen Ge-
treidebau und Viehzucht erreicht zu ſeyn, indem der Preis der thieriſchen Lebens-
mittel in einem faſt zu niedrigen Verhaͤltniſſe gegen den des Getreides zu ſtehen
kam. Bei uns iſt es noch bei weitem nicht dahin gediehen, und wir koͤnnen noch
die thieriſche Produktion um ſehr vieles erhoͤhen, mit derſelben aber zugleich den
Ertrag unſerer Getreideſaaten, eher wir einen Ueberfluß von jenem erhalten, und
von andern Laͤndern darin unabhaͤngig werden. Ein Syſtem, welches dieſes
thut, ohne erweislich die Produktion anderer Fruͤchte zu vermindern, und den
Acker in einen hoͤheren Stand der Fruchtbarkeit verſetzt, hat daher unbezweifelte
Vorzuͤge.

§. 315.

Mindere Ar-
beit.
Ad 3. In ſeinem einfachen reinen Zuſtande kann dieſes Syſtem ſeine Arbei-
ten bequem vollfuͤhren, wenn es Kraͤfte genug fuͤr die Saatbeſtellung und die
Ernte hat. Außer dieſen Zeiten hat es aber fuͤr die zu jenen erforderlichen Kraͤf-
ten zu wenig zu thun, und kann ſie in der Wirthſchaft nicht thaͤtig genug beſchaͤf-
tigen, weshalb auch groͤßere und kleinere Wirthſchaften auf Nebengeſchaͤfte

denken
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[304/0350] Das Felderſyſtem. Nahrung zu bezahlen. Dann wird die Nachfrage nach thieriſchen Produkten ſo groß, daß man kultivirtes Land und kuͤnſtlich erzogene Produkte fuͤr das Vieh beſtimmen kann, und den Acker durch ſelbiges eben ſo hoch, als durch Getreidebau benutzt, indem man es jetzt von einer weit geringern Flaͤche zu ernaͤhren weiß. Der Landwirth berechnet, wie viel ihm, außer dem baaren Ertrage ſeiner Vieh- futterung, der Duͤnger, vermittelſt des dadurch vermehrten Getreideertrages, werth ſey, und findet ſich bewogen, die thieriſche Produktion noch immer zu ver- mehren, bis nun durch die vermehrte Erzeugung die Nachfrage ſo reichlich befrie- digt werden kann, daß der Preis der thieriſchen Produkte wieder faͤllt, wo dann wiederum mehr auf die Erzeugung des Getreides und anderer verkaͤuflichen Ge- waͤchſe verwandt wird, welches nun mit um ſo groͤßerm Erfolge wird geſchehen koͤn- nen, da der Acker durch die vermehrte Viehzucht in groͤßere Kraft geſetzt worden. Dies iſt der Gang, den das Schwanken des Verhaͤltniſſes zwiſchen Viehzucht und Ackerbau allgemein genommen hat, und nothwendig nehmen muß, wo nicht ge- waltſame Eingriffe den Gang der Natur ſtoͤren, und er iſt gleich nuͤtzlich fuͤr die Nation in jedem Zuſtande ihres Reichthums, und fuͤr den produzirenden Land- wirth. Nur in England ſchien eine Zeitlang das richtige Verhaͤltniß zwiſchen Ge- treidebau und Viehzucht erreicht zu ſeyn, indem der Preis der thieriſchen Lebens- mittel in einem faſt zu niedrigen Verhaͤltniſſe gegen den des Getreides zu ſtehen kam. Bei uns iſt es noch bei weitem nicht dahin gediehen, und wir koͤnnen noch die thieriſche Produktion um ſehr vieles erhoͤhen, mit derſelben aber zugleich den Ertrag unſerer Getreideſaaten, eher wir einen Ueberfluß von jenem erhalten, und von andern Laͤndern darin unabhaͤngig werden. Ein Syſtem, welches dieſes thut, ohne erweislich die Produktion anderer Fruͤchte zu vermindern, und den Acker in einen hoͤheren Stand der Fruchtbarkeit verſetzt, hat daher unbezweifelte Vorzuͤge. §. 315. Ad 3. In ſeinem einfachen reinen Zuſtande kann dieſes Syſtem ſeine Arbei- ten bequem vollfuͤhren, wenn es Kraͤfte genug fuͤr die Saatbeſtellung und die Ernte hat. Außer dieſen Zeiten hat es aber fuͤr die zu jenen erforderlichen Kraͤf- ten zu wenig zu thun, und kann ſie in der Wirthſchaft nicht thaͤtig genug beſchaͤf- tigen, weshalb auch groͤßere und kleinere Wirthſchaften auf Nebengeſchaͤfte denken Mindere Ar- beit.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/350>, abgerufen am 21.11.2024.