Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite
Direktion der Wirthschaft.

Uebrigens aber muß man bei diesen verschiedenen Märkten häufige Erkundigun-
gen über die Preise und die Stärke der Nachfrage einzuziehen nicht versäumen. Zu-
weilen steht der Preis einer oder der andern Kornart auf einem Markte in Verhältniß
gegen andere Kornarten ungewöhnlich hoch und höher wie auf andern Märkten, ob-
wohl er sonst gerade auf diesem Markte niedriger zu stehen pflegte. Dies pflegt sich
aber schnell zu ändern. Die Stärke der Nachfrage ist immer ein Vorbote eines stei-
genden Preises, und auf die Fortdauer eines schon wirklich hoch stehenden Preises
kann man minder sicher rechnen, als wenn bei einem noch niedrigern Preise eine Ge-
treideart häufig gesucht und emsig verlangt wird.

Solche Orte, wo man vielen Marktschikanen ausgesetzt ist, und wo falsche Po-
lizeimaaßregeln den freien Handel erschweren, muß man möglichst vermeiden. Dies
thun auch in der That alle kluge Landwirthe, und ein solcher Ort wird deshalb durch
Mangel an Zufuhr in solchen Jahren, wo kein Ueberfluß ist, mehrentheils sehr
strenge bestraft.

Oft können Rückfuhren, die man von einem Orte zu machen hat, den Land-
wirth veranlassen, diesen vor andern zu wählen. Deshalb findet man, daß Städte,
welche gute Waaren für den Landwirth und zu billigen Preisen feil haben, auch wohl-
feilere Zufuhr erhalten.

§. 224.

Zur Wahrnehmung der merkantilischen Konjunkturen ist ein öfteres BesuchenZusammen-
künfte der
Landwirthe in
Rücksicht auf
das Gewerbe.

der vornehmsten Marktplätze, Zusammenkommen und gesellschaftliche Verbindung
der einsichtsvolleren Landwirthe einer Gegend sehr nützlich, und kann auch manche
andere Vortheile gewähren, wenn nur solche Zusammenkünfte nicht zu leicht in
Trink- und Spielgelage ausarteten. Geregelte, praktische Landwirthschafts-Gesell-
schaften in einzelnen Distrikten unter dem Vorsitze eines achtungswürdigen Mannes
könnten viel zur Aufnahme des landwirthschaftlichen Gewerbes beitragen.

Handelsspekulationen sind zuweilen sehr vortheilhaft mit dem Ackerbau verbun-Handelsspe-
kulationen.

den worden, jedoch mehr von kleinen als größeren Landwirthen. Sie ziehen einen
größeren Landwirth von seinen Geschäften zu sehr ab, und wenn auch der Vortheil,
den er durch jene macht, den Verlust, den er an diesen durch Versäumniß erleidet,
einmal weit überwöge, so wird dies nicht immer der Fall, und somit in der Folge,

C c 2
Direktion der Wirthſchaft.

Uebrigens aber muß man bei dieſen verſchiedenen Maͤrkten haͤufige Erkundigun-
gen uͤber die Preiſe und die Staͤrke der Nachfrage einzuziehen nicht verſaͤumen. Zu-
weilen ſteht der Preis einer oder der andern Kornart auf einem Markte in Verhaͤltniß
gegen andere Kornarten ungewoͤhnlich hoch und hoͤher wie auf andern Maͤrkten, ob-
wohl er ſonſt gerade auf dieſem Markte niedriger zu ſtehen pflegte. Dies pflegt ſich
aber ſchnell zu aͤndern. Die Staͤrke der Nachfrage iſt immer ein Vorbote eines ſtei-
genden Preiſes, und auf die Fortdauer eines ſchon wirklich hoch ſtehenden Preiſes
kann man minder ſicher rechnen, als wenn bei einem noch niedrigern Preiſe eine Ge-
treideart haͤufig geſucht und emſig verlangt wird.

Solche Orte, wo man vielen Marktſchikanen ausgeſetzt iſt, und wo falſche Po-
lizeimaaßregeln den freien Handel erſchweren, muß man moͤglichſt vermeiden. Dies
thun auch in der That alle kluge Landwirthe, und ein ſolcher Ort wird deshalb durch
Mangel an Zufuhr in ſolchen Jahren, wo kein Ueberfluß iſt, mehrentheils ſehr
ſtrenge beſtraft.

Oft koͤnnen Ruͤckfuhren, die man von einem Orte zu machen hat, den Land-
wirth veranlaſſen, dieſen vor andern zu waͤhlen. Deshalb findet man, daß Staͤdte,
welche gute Waaren fuͤr den Landwirth und zu billigen Preiſen feil haben, auch wohl-
feilere Zufuhr erhalten.

§. 224.

Zur Wahrnehmung der merkantiliſchen Konjunkturen iſt ein oͤfteres BeſuchenZuſammen-
kuͤnfte der
Landwirthe in
Ruͤckſicht auf
das Gewerbe.

der vornehmſten Marktplaͤtze, Zuſammenkommen und geſellſchaftliche Verbindung
der einſichtsvolleren Landwirthe einer Gegend ſehr nuͤtzlich, und kann auch manche
andere Vortheile gewaͤhren, wenn nur ſolche Zuſammenkuͤnfte nicht zu leicht in
Trink- und Spielgelage ausarteten. Geregelte, praktiſche Landwirthſchafts-Geſell-
ſchaften in einzelnen Diſtrikten unter dem Vorſitze eines achtungswuͤrdigen Mannes
koͤnnten viel zur Aufnahme des landwirthſchaftlichen Gewerbes beitragen.

Handelsſpekulationen ſind zuweilen ſehr vortheilhaft mit dem Ackerbau verbun-Handelsſpe-
kulationen.

den worden, jedoch mehr von kleinen als groͤßeren Landwirthen. Sie ziehen einen
groͤßeren Landwirth von ſeinen Geſchaͤften zu ſehr ab, und wenn auch der Vortheil,
den er durch jene macht, den Verluſt, den er an dieſen durch Verſaͤumniß erleidet,
einmal weit uͤberwoͤge, ſo wird dies nicht immer der Fall, und ſomit in der Folge,

C c 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0233" n="203"/>
            <fw place="top" type="header">Direktion der Wirth&#x017F;chaft.</fw><lb/>
            <p>Uebrigens aber muß man bei die&#x017F;en ver&#x017F;chiedenen Ma&#x0364;rkten ha&#x0364;ufige Erkundigun-<lb/>
gen u&#x0364;ber die Prei&#x017F;e und die Sta&#x0364;rke der Nachfrage einzuziehen nicht ver&#x017F;a&#x0364;umen. Zu-<lb/>
weilen &#x017F;teht der Preis einer oder der andern Kornart auf einem Markte in Verha&#x0364;ltniß<lb/>
gegen andere Kornarten ungewo&#x0364;hnlich hoch und ho&#x0364;her wie auf andern Ma&#x0364;rkten, ob-<lb/>
wohl er &#x017F;on&#x017F;t gerade auf die&#x017F;em Markte niedriger zu &#x017F;tehen pflegte. Dies pflegt &#x017F;ich<lb/>
aber &#x017F;chnell zu a&#x0364;ndern. Die Sta&#x0364;rke der Nachfrage i&#x017F;t immer ein Vorbote eines &#x017F;tei-<lb/>
genden Prei&#x017F;es, und auf die Fortdauer eines &#x017F;chon wirklich hoch &#x017F;tehenden Prei&#x017F;es<lb/>
kann man minder &#x017F;icher rechnen, als wenn bei einem noch niedrigern Prei&#x017F;e eine Ge-<lb/>
treideart ha&#x0364;ufig ge&#x017F;ucht und em&#x017F;ig verlangt wird.</p><lb/>
            <p>Solche Orte, wo man vielen Markt&#x017F;chikanen ausge&#x017F;etzt i&#x017F;t, und wo fal&#x017F;che Po-<lb/>
lizeimaaßregeln den freien Handel er&#x017F;chweren, muß man mo&#x0364;glich&#x017F;t vermeiden. Dies<lb/>
thun auch in der That alle kluge Landwirthe, und ein &#x017F;olcher Ort wird deshalb durch<lb/>
Mangel an Zufuhr in &#x017F;olchen Jahren, wo kein Ueberfluß i&#x017F;t, mehrentheils &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;trenge be&#x017F;traft.</p><lb/>
            <p>Oft ko&#x0364;nnen Ru&#x0364;ckfuhren, die man von einem Orte zu machen hat, den Land-<lb/>
wirth veranla&#x017F;&#x017F;en, die&#x017F;en vor andern zu wa&#x0364;hlen. Deshalb findet man, daß Sta&#x0364;dte,<lb/>
welche gute Waaren fu&#x0364;r den Landwirth und zu billigen Prei&#x017F;en feil haben, auch wohl-<lb/>
feilere Zufuhr erhalten.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 224.</head><lb/>
            <p>Zur Wahrnehmung der merkantili&#x017F;chen Konjunkturen i&#x017F;t ein o&#x0364;fteres Be&#x017F;uchen<note place="right">Zu&#x017F;ammen-<lb/>
ku&#x0364;nfte der<lb/>
Landwirthe in<lb/>
Ru&#x0364;ck&#x017F;icht auf<lb/>
das Gewerbe.</note><lb/>
der vornehm&#x017F;ten Marktpla&#x0364;tze, Zu&#x017F;ammenkommen und ge&#x017F;ell&#x017F;chaftliche Verbindung<lb/>
der ein&#x017F;ichtsvolleren Landwirthe einer Gegend &#x017F;ehr nu&#x0364;tzlich, und kann auch manche<lb/>
andere Vortheile gewa&#x0364;hren, wenn nur &#x017F;olche Zu&#x017F;ammenku&#x0364;nfte nicht zu leicht in<lb/>
Trink- und Spielgelage ausarteten. Geregelte, prakti&#x017F;che Landwirth&#x017F;chafts-Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chaften in einzelnen Di&#x017F;trikten unter dem Vor&#x017F;itze eines achtungswu&#x0364;rdigen Mannes<lb/>
ko&#x0364;nnten viel zur Aufnahme des landwirth&#x017F;chaftlichen Gewerbes beitragen.</p><lb/>
            <p>Handels&#x017F;pekulationen &#x017F;ind zuweilen &#x017F;ehr vortheilhaft mit dem Ackerbau verbun-<note place="right">Handels&#x017F;pe-<lb/>
kulationen.</note><lb/>
den worden, jedoch mehr von kleinen als gro&#x0364;ßeren Landwirthen. Sie ziehen einen<lb/>
gro&#x0364;ßeren Landwirth von &#x017F;einen Ge&#x017F;cha&#x0364;ften zu &#x017F;ehr ab, und wenn auch der Vortheil,<lb/>
den er durch jene macht, den Verlu&#x017F;t, den er an die&#x017F;en durch Ver&#x017F;a&#x0364;umniß erleidet,<lb/>
einmal weit u&#x0364;berwo&#x0364;ge, &#x017F;o wird dies nicht immer der Fall, und &#x017F;omit in der Folge,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C c 2</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[203/0233] Direktion der Wirthſchaft. Uebrigens aber muß man bei dieſen verſchiedenen Maͤrkten haͤufige Erkundigun- gen uͤber die Preiſe und die Staͤrke der Nachfrage einzuziehen nicht verſaͤumen. Zu- weilen ſteht der Preis einer oder der andern Kornart auf einem Markte in Verhaͤltniß gegen andere Kornarten ungewoͤhnlich hoch und hoͤher wie auf andern Maͤrkten, ob- wohl er ſonſt gerade auf dieſem Markte niedriger zu ſtehen pflegte. Dies pflegt ſich aber ſchnell zu aͤndern. Die Staͤrke der Nachfrage iſt immer ein Vorbote eines ſtei- genden Preiſes, und auf die Fortdauer eines ſchon wirklich hoch ſtehenden Preiſes kann man minder ſicher rechnen, als wenn bei einem noch niedrigern Preiſe eine Ge- treideart haͤufig geſucht und emſig verlangt wird. Solche Orte, wo man vielen Marktſchikanen ausgeſetzt iſt, und wo falſche Po- lizeimaaßregeln den freien Handel erſchweren, muß man moͤglichſt vermeiden. Dies thun auch in der That alle kluge Landwirthe, und ein ſolcher Ort wird deshalb durch Mangel an Zufuhr in ſolchen Jahren, wo kein Ueberfluß iſt, mehrentheils ſehr ſtrenge beſtraft. Oft koͤnnen Ruͤckfuhren, die man von einem Orte zu machen hat, den Land- wirth veranlaſſen, dieſen vor andern zu waͤhlen. Deshalb findet man, daß Staͤdte, welche gute Waaren fuͤr den Landwirth und zu billigen Preiſen feil haben, auch wohl- feilere Zufuhr erhalten. §. 224. Zur Wahrnehmung der merkantiliſchen Konjunkturen iſt ein oͤfteres Beſuchen der vornehmſten Marktplaͤtze, Zuſammenkommen und geſellſchaftliche Verbindung der einſichtsvolleren Landwirthe einer Gegend ſehr nuͤtzlich, und kann auch manche andere Vortheile gewaͤhren, wenn nur ſolche Zuſammenkuͤnfte nicht zu leicht in Trink- und Spielgelage ausarteten. Geregelte, praktiſche Landwirthſchafts-Geſell- ſchaften in einzelnen Diſtrikten unter dem Vorſitze eines achtungswuͤrdigen Mannes koͤnnten viel zur Aufnahme des landwirthſchaftlichen Gewerbes beitragen. Zuſammen- kuͤnfte der Landwirthe in Ruͤckſicht auf das Gewerbe. Handelsſpekulationen ſind zuweilen ſehr vortheilhaft mit dem Ackerbau verbun- den worden, jedoch mehr von kleinen als groͤßeren Landwirthen. Sie ziehen einen groͤßeren Landwirth von ſeinen Geſchaͤften zu ſehr ab, und wenn auch der Vortheil, den er durch jene macht, den Verluſt, den er an dieſen durch Verſaͤumniß erleidet, einmal weit uͤberwoͤge, ſo wird dies nicht immer der Fall, und ſomit in der Folge, Handelsſpe- kulationen. C c 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/233
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/233>, abgerufen am 21.11.2024.