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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Arbeit des Gespanns.

Im äußern Gebäude unterscheidet sich ein guter Zugochse nicht sowohl durch
seine Höhe und Länge, als durch einen breiten Bau, einen starken Hals und Nacken,
breite Brust, hohe Wölbung des Gerippes und vorzüglich beträchtliche Breite in
den Hintertheilen. Der ganze Rücken muß platt und breit seyn. Beine und Füße
müssen gesund und gelenkig, nicht steif und schleppend seyn. Er darf sich so wenig
wie ein Pferd hinten mit den Hespen streifen, welches bei schmalen und hochbeinigen
Ochsen leicht der Fall ist. Er muß ein munteres Ansehen haben und mit dem Auge
rückwärts blicken, aber nicht scheu und unbändig seyn. Große und reine glatte Hör-
ner dienen nicht bloß zur Befestigung gewisser Zuggeschirre und der Leitseile, sondern
sind auch ein Merkmal von Gesundheit und Kraft. Hängende große Ohren, ein
besonders großer Kopf und ein ungewöhnlich starker Hängelappen vor der Brust zei-
gen nach den Bemerkungen der Engländer oft eine Schwäche der übrigen Theile an,
obwohl andere sie für ein gutes Zeichen halten. Das Höhemaaß des Ochsen vom
Vorderfuße bis zum Wiederriß, worauf viele allein achten, giebt eine sehr unzu-
verlässige Schätzung derselben ab.

§. 171.

Im fünften Jahre können junge Stiere angespannt, müssen aber vor dem sie-Aufzucht der
Ochsen.

benten Jahre nicht angestrengt werden, wenn sie völlig zu Kräften kommen und aus-
dauernd werden sollen. Die Meisten haben die Meinung, daß man einen Ochsen
nicht über zehn Jahr alt werden lassen müsse, weil er sonst zum Mästen nicht tauglich
und nicht verkäuflich seyn würde. Gesetzt, er verlöre auch etwas an seiner Mast-
fähigkeit und Güte des Fleisches -- was denn doch gegen meine und Anderer Er-
fahrung ist, indem ich dreizehnjährige, aber wohl ausgemästete Ochsen von unge-
mein gutem Fleische gehabt habe -- so ist doch die Arbeit eines gut eingefahrnen
und starken Zugochsens es werth, ihn länger beizubehalten. Sie bekommen erst ihre
volle Stärke und Ausdauer im neunten Jahre, und arbeiten bis zum sechszehnten,
wenn sie in der Jugend nicht zu früh angegriffen worden, mit voller Kraft.

Von großer Erheblichkeit ist eine gute, geduldige Abrichtung der Ochsen, indem
man sie allmählig an das Geschirr und an den Zug gewöhnt, ihnen immer eine
größere Last zu ziehen giebt, und ihnen zugleich einen raschen Schritt durch Wetteifer
mit einem andern, schnell gehenden Ochsen angewöhnt. Es kömmt hierauf bei der
Brauchbarkeit der Ochsen sehr viel an. Deshalb ist es wichtig, vernünftige Men-

Erster Theil. Q
Arbeit des Geſpanns.

Im aͤußern Gebaͤude unterſcheidet ſich ein guter Zugochſe nicht ſowohl durch
ſeine Hoͤhe und Laͤnge, als durch einen breiten Bau, einen ſtarken Hals und Nacken,
breite Bruſt, hohe Woͤlbung des Gerippes und vorzuͤglich betraͤchtliche Breite in
den Hintertheilen. Der ganze Ruͤcken muß platt und breit ſeyn. Beine und Fuͤße
muͤſſen geſund und gelenkig, nicht ſteif und ſchleppend ſeyn. Er darf ſich ſo wenig
wie ein Pferd hinten mit den Heſpen ſtreifen, welches bei ſchmalen und hochbeinigen
Ochſen leicht der Fall iſt. Er muß ein munteres Anſehen haben und mit dem Auge
ruͤckwaͤrts blicken, aber nicht ſcheu und unbaͤndig ſeyn. Große und reine glatte Hoͤr-
ner dienen nicht bloß zur Befeſtigung gewiſſer Zuggeſchirre und der Leitſeile, ſondern
ſind auch ein Merkmal von Geſundheit und Kraft. Haͤngende große Ohren, ein
beſonders großer Kopf und ein ungewoͤhnlich ſtarker Haͤngelappen vor der Bruſt zei-
gen nach den Bemerkungen der Englaͤnder oft eine Schwaͤche der uͤbrigen Theile an,
obwohl andere ſie fuͤr ein gutes Zeichen halten. Das Hoͤhemaaß des Ochſen vom
Vorderfuße bis zum Wiederriß, worauf viele allein achten, giebt eine ſehr unzu-
verlaͤſſige Schaͤtzung derſelben ab.

§. 171.

Im fuͤnften Jahre koͤnnen junge Stiere angeſpannt, muͤſſen aber vor dem ſie-Aufzucht der
Ochſen.

benten Jahre nicht angeſtrengt werden, wenn ſie voͤllig zu Kraͤften kommen und aus-
dauernd werden ſollen. Die Meiſten haben die Meinung, daß man einen Ochſen
nicht uͤber zehn Jahr alt werden laſſen muͤſſe, weil er ſonſt zum Maͤſten nicht tauglich
und nicht verkaͤuflich ſeyn wuͤrde. Geſetzt, er verloͤre auch etwas an ſeiner Maſt-
faͤhigkeit und Guͤte des Fleiſches — was denn doch gegen meine und Anderer Er-
fahrung iſt, indem ich dreizehnjaͤhrige, aber wohl ausgemaͤſtete Ochſen von unge-
mein gutem Fleiſche gehabt habe — ſo iſt doch die Arbeit eines gut eingefahrnen
und ſtarken Zugochſens es werth, ihn laͤnger beizubehalten. Sie bekommen erſt ihre
volle Staͤrke und Ausdauer im neunten Jahre, und arbeiten bis zum ſechszehnten,
wenn ſie in der Jugend nicht zu fruͤh angegriffen worden, mit voller Kraft.

Von großer Erheblichkeit iſt eine gute, geduldige Abrichtung der Ochſen, indem
man ſie allmaͤhlig an das Geſchirr und an den Zug gewoͤhnt, ihnen immer eine
groͤßere Laſt zu ziehen giebt, und ihnen zugleich einen raſchen Schritt durch Wetteifer
mit einem andern, ſchnell gehenden Ochſen angewoͤhnt. Es koͤmmt hierauf bei der
Brauchbarkeit der Ochſen ſehr viel an. Deshalb iſt es wichtig, vernuͤnftige Men-

Erſter Theil. Q
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[121/0151] Arbeit des Geſpanns. Im aͤußern Gebaͤude unterſcheidet ſich ein guter Zugochſe nicht ſowohl durch ſeine Hoͤhe und Laͤnge, als durch einen breiten Bau, einen ſtarken Hals und Nacken, breite Bruſt, hohe Woͤlbung des Gerippes und vorzuͤglich betraͤchtliche Breite in den Hintertheilen. Der ganze Ruͤcken muß platt und breit ſeyn. Beine und Fuͤße muͤſſen geſund und gelenkig, nicht ſteif und ſchleppend ſeyn. Er darf ſich ſo wenig wie ein Pferd hinten mit den Heſpen ſtreifen, welches bei ſchmalen und hochbeinigen Ochſen leicht der Fall iſt. Er muß ein munteres Anſehen haben und mit dem Auge ruͤckwaͤrts blicken, aber nicht ſcheu und unbaͤndig ſeyn. Große und reine glatte Hoͤr- ner dienen nicht bloß zur Befeſtigung gewiſſer Zuggeſchirre und der Leitſeile, ſondern ſind auch ein Merkmal von Geſundheit und Kraft. Haͤngende große Ohren, ein beſonders großer Kopf und ein ungewoͤhnlich ſtarker Haͤngelappen vor der Bruſt zei- gen nach den Bemerkungen der Englaͤnder oft eine Schwaͤche der uͤbrigen Theile an, obwohl andere ſie fuͤr ein gutes Zeichen halten. Das Hoͤhemaaß des Ochſen vom Vorderfuße bis zum Wiederriß, worauf viele allein achten, giebt eine ſehr unzu- verlaͤſſige Schaͤtzung derſelben ab. §. 171. Im fuͤnften Jahre koͤnnen junge Stiere angeſpannt, muͤſſen aber vor dem ſie- benten Jahre nicht angeſtrengt werden, wenn ſie voͤllig zu Kraͤften kommen und aus- dauernd werden ſollen. Die Meiſten haben die Meinung, daß man einen Ochſen nicht uͤber zehn Jahr alt werden laſſen muͤſſe, weil er ſonſt zum Maͤſten nicht tauglich und nicht verkaͤuflich ſeyn wuͤrde. Geſetzt, er verloͤre auch etwas an ſeiner Maſt- faͤhigkeit und Guͤte des Fleiſches — was denn doch gegen meine und Anderer Er- fahrung iſt, indem ich dreizehnjaͤhrige, aber wohl ausgemaͤſtete Ochſen von unge- mein gutem Fleiſche gehabt habe — ſo iſt doch die Arbeit eines gut eingefahrnen und ſtarken Zugochſens es werth, ihn laͤnger beizubehalten. Sie bekommen erſt ihre volle Staͤrke und Ausdauer im neunten Jahre, und arbeiten bis zum ſechszehnten, wenn ſie in der Jugend nicht zu fruͤh angegriffen worden, mit voller Kraft. Aufzucht der Ochſen. Von großer Erheblichkeit iſt eine gute, geduldige Abrichtung der Ochſen, indem man ſie allmaͤhlig an das Geſchirr und an den Zug gewoͤhnt, ihnen immer eine groͤßere Laſt zu ziehen giebt, und ihnen zugleich einen raſchen Schritt durch Wetteifer mit einem andern, ſchnell gehenden Ochſen angewoͤhnt. Es koͤmmt hierauf bei der Brauchbarkeit der Ochſen ſehr viel an. Deshalb iſt es wichtig, vernuͤnftige Men- Erſter Theil. Q

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/151>, abgerufen am 21.11.2024.