wo der Landwirth die Steigerung des Lohns zu beklagen hat, und wo er sich Er- sparung der Arbeit zum Gesetz machen muß. Sonst ist Arbeit selten so theuer, daß sie, gehörig verwandt, sich nicht reichlich bezahlt machte.
Diese Materie ist besonders klar und überzeugend dargestellt in Kraus Staatswirthschaft, Bd. I. S. 197 -- 248.
§. 150.
Bei der Berechnung und Beurtheilung des Arbeitspreises muß man denPreis des Lohns und Preis der Ar- beit sind zu unterscheiden Preis des Lohns und den der Arbeit selbst wohl unterscheiden. Jener kann in einer Gegend oft höher und dieser doch geringer seyn, wie in einer andern. Denn die Kraft, die Thätigkeit und Geschicklichkeit der Menschen ist sehr verschieden, und richtet sich häufig nach der Nahrung und nach dem Wohlstande, worin sie in ihrer Art leben. Ein Arbeiter, den ich 12 Gr. täglich gebe, kann mir oft, der Quantität und Güte nach, mehr als zweimal so viel Arbeit verrichten, als ein anderer, der 6 Gr. erhält. Wo es also fleißige und besonders in gewissen Arbei- ten geschickte Menschen giebt, ist die Arbeit in der Regel wohlfeiler, wenn gleich der Lohn höher steht.
§. 151.
Obwohl eine jede zweckmäßig verwandte Arbeit sich immer reichlich bezahlt,Ersparung der Arbeit durch richtige An- wendung der- selben. und Ersparung in der Ausgabe des Arbeitslohns mehrentheils eine schlechte Oeko- nomie anzeigt, so ist jedoch die möglich höchste Benutzung der Arbeit und ihrer Zeit eines der wichtigsten Momente, worauf der wahre Oekonom zu sehen hat. Manchem lehrt dies erst eine lange Erfahrung, und es ist wahr, daß diese eine sehr richtige Uebersicht und Takt darin geben kann. Allein durch die Beobachtung gewisser Grundsätze, welche schon die Theorie an die Hand giebt, wird man sich diesen Ueberblick weit schneller und richtiger erwerben, ohne so vieles Lehrgeld, wie die Erfahrung als einzige Meisterinn fordert, zu geben.
§. 152.
Die richtige Verwendung der Arbeit ist bei der Landwirthschaft ungleichDiese ist in der Landwirth- schaft schwie- riger als bei anderen Ge- werben. schwieriger, wie bei dem Manufakturen- und Fabrikenbetriebe. Denn die auf ein Produkt zu verwendende Arbeit nimmt mehrentheils nur einen kurzen Zeit- raum ein. Sie ruhet dann einen weit längern hindurch, wo die Vollendung des
O 2
Die Arbeit im Allgemeinen.
wo der Landwirth die Steigerung des Lohns zu beklagen hat, und wo er ſich Er- ſparung der Arbeit zum Geſetz machen muß. Sonſt iſt Arbeit ſelten ſo theuer, daß ſie, gehoͤrig verwandt, ſich nicht reichlich bezahlt machte.
Dieſe Materie iſt beſonders klar und uͤberzeugend dargeſtellt in Kraus Staatswirthſchaft, Bd. I. S. 197 — 248.
§. 150.
Bei der Berechnung und Beurtheilung des Arbeitspreiſes muß man denPreis des Lohns und Preis der Ar- beit ſind zu unterſcheiden Preis des Lohns und den der Arbeit ſelbſt wohl unterſcheiden. Jener kann in einer Gegend oft hoͤher und dieſer doch geringer ſeyn, wie in einer andern. Denn die Kraft, die Thaͤtigkeit und Geſchicklichkeit der Menſchen iſt ſehr verſchieden, und richtet ſich haͤufig nach der Nahrung und nach dem Wohlſtande, worin ſie in ihrer Art leben. Ein Arbeiter, den ich 12 Gr. taͤglich gebe, kann mir oft, der Quantitaͤt und Guͤte nach, mehr als zweimal ſo viel Arbeit verrichten, als ein anderer, der 6 Gr. erhaͤlt. Wo es alſo fleißige und beſonders in gewiſſen Arbei- ten geſchickte Menſchen giebt, iſt die Arbeit in der Regel wohlfeiler, wenn gleich der Lohn hoͤher ſteht.
§. 151.
Obwohl eine jede zweckmaͤßig verwandte Arbeit ſich immer reichlich bezahlt,Erſparung der Arbeit durch richtige An- wendung der- ſelben. und Erſparung in der Ausgabe des Arbeitslohns mehrentheils eine ſchlechte Oeko- nomie anzeigt, ſo iſt jedoch die moͤglich hoͤchſte Benutzung der Arbeit und ihrer Zeit eines der wichtigſten Momente, worauf der wahre Oekonom zu ſehen hat. Manchem lehrt dies erſt eine lange Erfahrung, und es iſt wahr, daß dieſe eine ſehr richtige Ueberſicht und Takt darin geben kann. Allein durch die Beobachtung gewiſſer Grundſaͤtze, welche ſchon die Theorie an die Hand giebt, wird man ſich dieſen Ueberblick weit ſchneller und richtiger erwerben, ohne ſo vieles Lehrgeld, wie die Erfahrung als einzige Meiſterinn fordert, zu geben.
§. 152.
Die richtige Verwendung der Arbeit iſt bei der Landwirthſchaft ungleichDieſe iſt in der Landwirth- ſchaft ſchwie- riger als bei anderen Ge- werben. ſchwieriger, wie bei dem Manufakturen- und Fabrikenbetriebe. Denn die auf ein Produkt zu verwendende Arbeit nimmt mehrentheils nur einen kurzen Zeit- raum ein. Sie ruhet dann einen weit laͤngern hindurch, wo die Vollendung des
O 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0137"n="107"/><fwplace="top"type="header">Die Arbeit im Allgemeinen.</fw><lb/>
wo der Landwirth die Steigerung des Lohns zu beklagen hat, und wo er ſich Er-<lb/>ſparung der Arbeit zum Geſetz machen muß. Sonſt iſt Arbeit ſelten ſo theuer,<lb/>
daß ſie, gehoͤrig verwandt, ſich nicht reichlich bezahlt machte.</p><lb/><p>Dieſe Materie iſt beſonders klar und uͤberzeugend dargeſtellt in <hirendition="#g"><persName>Kraus</persName></hi><lb/>
Staatswirthſchaft, Bd. <hirendition="#aq">I.</hi> S. 197 — 248.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 150.</head><lb/><p>Bei der Berechnung und Beurtheilung des Arbeitspreiſes muß man den<noteplace="right">Preis des<lb/>
Lohns und<lb/>
Preis der Ar-<lb/>
beit ſind zu<lb/>
unterſcheiden</note><lb/>
Preis des Lohns und den der Arbeit ſelbſt wohl unterſcheiden. Jener kann in<lb/>
einer Gegend oft hoͤher und dieſer doch geringer ſeyn, wie in einer andern. Denn<lb/>
die Kraft, die Thaͤtigkeit und Geſchicklichkeit der Menſchen iſt ſehr verſchieden,<lb/>
und richtet ſich haͤufig nach der Nahrung und nach dem Wohlſtande, worin ſie in<lb/>
ihrer Art leben. Ein Arbeiter, den ich 12 Gr. taͤglich gebe, kann mir oft, der<lb/>
Quantitaͤt und Guͤte nach, mehr als zweimal ſo viel Arbeit verrichten, als ein<lb/>
anderer, der 6 Gr. erhaͤlt. Wo es alſo fleißige und beſonders in gewiſſen Arbei-<lb/>
ten geſchickte Menſchen giebt, iſt die Arbeit in der Regel wohlfeiler, wenn gleich<lb/>
der Lohn hoͤher ſteht.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 151.</head><lb/><p>Obwohl eine jede zweckmaͤßig verwandte Arbeit ſich immer reichlich bezahlt,<noteplace="right">Erſparung der<lb/>
Arbeit durch<lb/>
richtige An-<lb/>
wendung der-<lb/>ſelben.</note><lb/>
und Erſparung in der Ausgabe des Arbeitslohns mehrentheils eine ſchlechte Oeko-<lb/>
nomie anzeigt, ſo iſt jedoch die moͤglich hoͤchſte Benutzung der Arbeit und ihrer<lb/>
Zeit eines der wichtigſten Momente, worauf der wahre Oekonom zu ſehen hat.<lb/>
Manchem lehrt dies erſt eine lange Erfahrung, und es iſt wahr, daß dieſe eine<lb/>ſehr richtige Ueberſicht und Takt darin geben kann. Allein durch die Beobachtung<lb/>
gewiſſer Grundſaͤtze, welche ſchon die Theorie an die Hand giebt, wird man ſich<lb/>
dieſen Ueberblick weit ſchneller und richtiger erwerben, ohne ſo vieles Lehrgeld,<lb/>
wie die Erfahrung als einzige Meiſterinn fordert, zu geben.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 152.</head><lb/><p>Die richtige Verwendung der Arbeit iſt bei der Landwirthſchaft ungleich<noteplace="right">Dieſe iſt in der<lb/>
Landwirth-<lb/>ſchaft ſchwie-<lb/>
riger als bei<lb/>
anderen Ge-<lb/>
werben.</note><lb/>ſchwieriger, wie bei dem Manufakturen- und Fabrikenbetriebe. Denn die auf<lb/>
ein Produkt zu verwendende Arbeit nimmt mehrentheils nur einen kurzen Zeit-<lb/>
raum ein. Sie ruhet dann einen weit laͤngern hindurch, wo die Vollendung des<lb/><fwplace="bottom"type="sig">O 2</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[107/0137]
Die Arbeit im Allgemeinen.
wo der Landwirth die Steigerung des Lohns zu beklagen hat, und wo er ſich Er-
ſparung der Arbeit zum Geſetz machen muß. Sonſt iſt Arbeit ſelten ſo theuer,
daß ſie, gehoͤrig verwandt, ſich nicht reichlich bezahlt machte.
Dieſe Materie iſt beſonders klar und uͤberzeugend dargeſtellt in Kraus
Staatswirthſchaft, Bd. I. S. 197 — 248.
§. 150.
Bei der Berechnung und Beurtheilung des Arbeitspreiſes muß man den
Preis des Lohns und den der Arbeit ſelbſt wohl unterſcheiden. Jener kann in
einer Gegend oft hoͤher und dieſer doch geringer ſeyn, wie in einer andern. Denn
die Kraft, die Thaͤtigkeit und Geſchicklichkeit der Menſchen iſt ſehr verſchieden,
und richtet ſich haͤufig nach der Nahrung und nach dem Wohlſtande, worin ſie in
ihrer Art leben. Ein Arbeiter, den ich 12 Gr. taͤglich gebe, kann mir oft, der
Quantitaͤt und Guͤte nach, mehr als zweimal ſo viel Arbeit verrichten, als ein
anderer, der 6 Gr. erhaͤlt. Wo es alſo fleißige und beſonders in gewiſſen Arbei-
ten geſchickte Menſchen giebt, iſt die Arbeit in der Regel wohlfeiler, wenn gleich
der Lohn hoͤher ſteht.
Preis des
Lohns und
Preis der Ar-
beit ſind zu
unterſcheiden
§. 151.
Obwohl eine jede zweckmaͤßig verwandte Arbeit ſich immer reichlich bezahlt,
und Erſparung in der Ausgabe des Arbeitslohns mehrentheils eine ſchlechte Oeko-
nomie anzeigt, ſo iſt jedoch die moͤglich hoͤchſte Benutzung der Arbeit und ihrer
Zeit eines der wichtigſten Momente, worauf der wahre Oekonom zu ſehen hat.
Manchem lehrt dies erſt eine lange Erfahrung, und es iſt wahr, daß dieſe eine
ſehr richtige Ueberſicht und Takt darin geben kann. Allein durch die Beobachtung
gewiſſer Grundſaͤtze, welche ſchon die Theorie an die Hand giebt, wird man ſich
dieſen Ueberblick weit ſchneller und richtiger erwerben, ohne ſo vieles Lehrgeld,
wie die Erfahrung als einzige Meiſterinn fordert, zu geben.
Erſparung der
Arbeit durch
richtige An-
wendung der-
ſelben.
§. 152.
Die richtige Verwendung der Arbeit iſt bei der Landwirthſchaft ungleich
ſchwieriger, wie bei dem Manufakturen- und Fabrikenbetriebe. Denn die auf
ein Produkt zu verwendende Arbeit nimmt mehrentheils nur einen kurzen Zeit-
raum ein. Sie ruhet dann einen weit laͤngern hindurch, wo die Vollendung des
Dieſe iſt in der
Landwirth-
ſchaft ſchwie-
riger als bei
anderen Ge-
werben.
O 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/137>, abgerufen am 21.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.