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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777.

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X. Versuch. Ueber die Beziehung
6) Die Gefühle reizen unmittelbar die Em-
pfindsamkeit, in so ferne sie angenehm
sind.

7) Unangenehme Gefühle reizen die Thä-
tigkeitskraft. Aber diese wird am mei-
sten unterhalten durch Bedörfnisse, de-
nen durch die thätige Bestrebung der See-
le abgeholfen werden kann, und durch
Vorstellungen von vorhergegangenen an-
genehmen Empfindungen.

8) Folgerungen aus dem Vorhergehenden.
Das Verhältniß in den entwickelten
Grundvermögen der Seele hängt zum
Theil von der Art und Weise ab, womit
die Seele Veränderungen von außen an-
nimmt, und solche zu Empfindungen
macht.

1.

Diese Beziehung der vorstellenden Kraft zu dem
Gefühl und zu der Thätigkeitskraft wird noch
etwas mehr aufgekläret, wenn man auf den Unterschied
in den Empfindungen siehet, wodurch jene und diese in
Wirksamkeit gesetzet werden. Jedwede einzelne Empfin-
dung in der Seele hat einen Einfluß auf ihre gesammte
Grundvermögen, aber doch nicht auf alle in gleicher
Maße und auf gleiche Art. Einige sind mehr eine Nah-
rung für die vorstellende Kraft; andere sind es weniger
für den Verstand, aber mehr für den Geist und das
Herz. Es giebt gleichgültige, es giebt afficirende,
es giebt bewegende Empfindungen, und wenn wir un-
ter den letztern alle die zusammennehmen, wodurch die
Seele zu irgend einer thätigen Aeußerung ihrer wirksa-

men

X. Verſuch. Ueber die Beziehung
6) Die Gefuͤhle reizen unmittelbar die Em-
pfindſamkeit, in ſo ferne ſie angenehm
ſind.

7) Unangenehme Gefuͤhle reizen die Thaͤ-
tigkeitskraft. Aber dieſe wird am mei-
ſten unterhalten durch Bedoͤrfniſſe, de-
nen durch die thaͤtige Beſtrebung der See-
le abgeholfen werden kann, und durch
Vorſtellungen von vorhergegangenen an-
genehmen Empfindungen.

8) Folgerungen aus dem Vorhergehenden.
Das Verhaͤltniß in den entwickelten
Grundvermoͤgen der Seele haͤngt zum
Theil von der Art und Weiſe ab, womit
die Seele Veraͤnderungen von außen an-
nimmt, und ſolche zu Empfindungen
macht.

1.

Dieſe Beziehung der vorſtellenden Kraft zu dem
Gefuͤhl und zu der Thaͤtigkeitskraft wird noch
etwas mehr aufgeklaͤret, wenn man auf den Unterſchied
in den Empfindungen ſiehet, wodurch jene und dieſe in
Wirkſamkeit geſetzet werden. Jedwede einzelne Empfin-
dung in der Seele hat einen Einfluß auf ihre geſammte
Grundvermoͤgen, aber doch nicht auf alle in gleicher
Maße und auf gleiche Art. Einige ſind mehr eine Nah-
rung fuͤr die vorſtellende Kraft; andere ſind es weniger
fuͤr den Verſtand, aber mehr fuͤr den Geiſt und das
Herz. Es giebt gleichguͤltige, es giebt afficirende,
es giebt bewegende Empfindungen, und wenn wir un-
ter den letztern alle die zuſammennehmen, wodurch die
Seele zu irgend einer thaͤtigen Aeußerung ihrer wirkſa-

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[704/0764] X. Verſuch. Ueber die Beziehung 6) Die Gefuͤhle reizen unmittelbar die Em- pfindſamkeit, in ſo ferne ſie angenehm ſind. 7) Unangenehme Gefuͤhle reizen die Thaͤ- tigkeitskraft. Aber dieſe wird am mei- ſten unterhalten durch Bedoͤrfniſſe, de- nen durch die thaͤtige Beſtrebung der See- le abgeholfen werden kann, und durch Vorſtellungen von vorhergegangenen an- genehmen Empfindungen. 8) Folgerungen aus dem Vorhergehenden. Das Verhaͤltniß in den entwickelten Grundvermoͤgen der Seele haͤngt zum Theil von der Art und Weiſe ab, womit die Seele Veraͤnderungen von außen an- nimmt, und ſolche zu Empfindungen macht. 1. Dieſe Beziehung der vorſtellenden Kraft zu dem Gefuͤhl und zu der Thaͤtigkeitskraft wird noch etwas mehr aufgeklaͤret, wenn man auf den Unterſchied in den Empfindungen ſiehet, wodurch jene und dieſe in Wirkſamkeit geſetzet werden. Jedwede einzelne Empfin- dung in der Seele hat einen Einfluß auf ihre geſammte Grundvermoͤgen, aber doch nicht auf alle in gleicher Maße und auf gleiche Art. Einige ſind mehr eine Nah- rung fuͤr die vorſtellende Kraft; andere ſind es weniger fuͤr den Verſtand, aber mehr fuͤr den Geiſt und das Herz. Es giebt gleichguͤltige, es giebt afficirende, es giebt bewegende Empfindungen, und wenn wir un- ter den letztern alle die zuſammennehmen, wodurch die Seele zu irgend einer thaͤtigen Aeußerung ihrer wirkſa- men

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Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 704. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/764>, abgerufen am 21.12.2024.