Einer sich ausnehmenden Seite sie gefasset hätte, als dieser feine Metaphysiker bey seiner Spekulation, da er jeden Zug nach dem andern deutlich ablösen wollte.
VI. Fortsetzung des Vorhergehenden. Gemeinbe- griffe, von einem Objekt, von der Wirklich- keit, von der Substanz.
Dieser Begrif von einem Subjekt und von einer Be- schaffenheit, ist noch nicht der völlige Begriff von einem Dinge, als Objekt oder Gegenstand betrach- tet, und noch weniger der Begriff von einer Substanz. Die Begriffe vom Seyn oder Wirklichkeit, und vom Bestehen oder Fortdauern, und von dem Für sich bestehen müssen noch hinzu kommen; und die Denk- kraft muß den Verhältnißgedanken von der ursachli- chen Verbindung hervorbringen, und ihn mit jenen Abstraktionen vereinigen. Wir halten die Empfindun- gen und Vorstellungen nicht selbst für ihre Objekte, son- dern setzen noch etwas anders außer der Vorstellung vor- aus, das die Quelle der Empfindung ist, und diese letz- tere auch wohl in den Zeitpunkten hervorbringen könnte, in welchen wir sie nicht haben.
Die Abstraktion, welche wir durch das Wort Seyn oder Wirklichseyn ausdrücken, war der ersten Anlage nach so viel, als gefühlet und empfunden werden, und ein Subjekt oder Ding seyn. Aber es kam noch hinzu, daß das gefühlte Subjekt auch ohne Rücksicht darauf, daß es wirklich gefühlet ward, doch fühlbar sey, und gefühlet werden konnte. Das Wirkliche ist etwas Objektivisches, ein Gegenstand, etwas, das von der Empfindung und Vorstellung unterschieden ist. Dieß sind die ersten ursprünglichen Bestandtheile des Begrifs von der Existenz, vor seiner vollständigen Ent-
wickelung
Kenntn. v. d. objektiv. Exiſtenz d. Dinge.
Einer ſich ausnehmenden Seite ſie gefaſſet haͤtte, als dieſer feine Metaphyſiker bey ſeiner Spekulation, da er jeden Zug nach dem andern deutlich abloͤſen wollte.
VI. Fortſetzung des Vorhergehenden. Gemeinbe- griffe, von einem Objekt, von der Wirklich- keit, von der Subſtanz.
Dieſer Begrif von einem Subjekt und von einer Be- ſchaffenheit, iſt noch nicht der voͤllige Begriff von einem Dinge, als Objekt oder Gegenſtand betrach- tet, und noch weniger der Begriff von einer Subſtanz. Die Begriffe vom Seyn oder Wirklichkeit, und vom Beſtehen oder Fortdauern, und von dem Fuͤr ſich beſtehen muͤſſen noch hinzu kommen; und die Denk- kraft muß den Verhaͤltnißgedanken von der urſachli- chen Verbindung hervorbringen, und ihn mit jenen Abſtraktionen vereinigen. Wir halten die Empfindun- gen und Vorſtellungen nicht ſelbſt fuͤr ihre Objekte, ſon- dern ſetzen noch etwas anders außer der Vorſtellung vor- aus, das die Quelle der Empfindung iſt, und dieſe letz- tere auch wohl in den Zeitpunkten hervorbringen koͤnnte, in welchen wir ſie nicht haben.
Die Abſtraktion, welche wir durch das Wort Seyn oder Wirklichſeyn ausdruͤcken, war der erſten Anlage nach ſo viel, als gefuͤhlet und empfunden werden, und ein Subjekt oder Ding ſeyn. Aber es kam noch hinzu, daß das gefuͤhlte Subjekt auch ohne Ruͤckſicht darauf, daß es wirklich gefuͤhlet ward, doch fuͤhlbar ſey, und gefuͤhlet werden konnte. Das Wirkliche iſt etwas Objektiviſches, ein Gegenſtand, etwas, das von der Empfindung und Vorſtellung unterſchieden iſt. Dieß ſind die erſten urſpruͤnglichen Beſtandtheile des Begrifs von der Exiſtenz, vor ſeiner vollſtaͤndigen Ent-
wickelung
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0455"n="395"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Kenntn. v. d. objektiv. Exiſtenz d. Dinge.</hi></fw><lb/>
Einer ſich ausnehmenden Seite ſie gefaſſet haͤtte, als<lb/>
dieſer feine Metaphyſiker bey ſeiner Spekulation, da er<lb/>
jeden Zug nach dem andern deutlich abloͤſen wollte.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#aq">VI.</hi><lb/>
Fortſetzung des Vorhergehenden. Gemeinbe-<lb/>
griffe, von einem Objekt, von der Wirklich-<lb/>
keit, von der Subſtanz.</head><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>ieſer Begrif von einem Subjekt und von einer Be-<lb/>ſchaffenheit, iſt noch nicht der voͤllige Begriff von<lb/>
einem Dinge, als <hirendition="#fr">Objekt</hi> oder <hirendition="#fr">Gegenſtand</hi> betrach-<lb/>
tet, und noch weniger der Begriff von einer <hirendition="#fr">Subſtanz.</hi><lb/>
Die Begriffe vom <hirendition="#fr">Seyn</hi> oder Wirklichkeit, und vom<lb/><hirendition="#fr">Beſtehen</hi> oder Fortdauern, und von dem <hirendition="#fr">Fuͤr ſich<lb/>
beſtehen</hi> muͤſſen noch hinzu kommen; und die Denk-<lb/>
kraft muß den Verhaͤltnißgedanken von der <hirendition="#fr">urſachli-<lb/>
chen</hi> Verbindung hervorbringen, und ihn mit jenen<lb/>
Abſtraktionen vereinigen. Wir halten die Empfindun-<lb/>
gen und Vorſtellungen nicht ſelbſt fuͤr ihre <hirendition="#fr">Objekte,</hi>ſon-<lb/>
dern ſetzen noch etwas anders außer der Vorſtellung vor-<lb/>
aus, das die Quelle der Empfindung iſt, und dieſe letz-<lb/>
tere auch wohl in den Zeitpunkten hervorbringen koͤnnte,<lb/>
in welchen wir ſie nicht haben.</p><lb/><p>Die Abſtraktion, welche wir durch das Wort <hirendition="#fr">Seyn</hi><lb/>
oder <hirendition="#fr">Wirklichſeyn</hi> ausdruͤcken, war der erſten Anlage<lb/>
nach ſo viel, als <hirendition="#fr">gefuͤhlet</hi> und <hirendition="#fr">empfunden</hi> werden,<lb/>
und ein <hirendition="#fr">Subjekt</hi> oder <hirendition="#fr">Ding</hi>ſeyn. Aber es kam noch<lb/>
hinzu, daß das gefuͤhlte Subjekt auch ohne Ruͤckſicht<lb/>
darauf, daß es wirklich gefuͤhlet ward, doch <hirendition="#fr">fuͤhlbar</hi><lb/>ſey, und gefuͤhlet werden <hirendition="#fr">konnte.</hi> Das <hirendition="#fr">Wirkliche</hi><lb/>
iſt etwas Objektiviſches, ein Gegenſtand, etwas, das<lb/>
von der Empfindung und Vorſtellung unterſchieden iſt.<lb/>
Dieß ſind die erſten urſpruͤnglichen Beſtandtheile des<lb/>
Begrifs von der <hirendition="#fr">Exiſtenz,</hi> vor ſeiner vollſtaͤndigen Ent-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wickelung</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[395/0455]
Kenntn. v. d. objektiv. Exiſtenz d. Dinge.
Einer ſich ausnehmenden Seite ſie gefaſſet haͤtte, als
dieſer feine Metaphyſiker bey ſeiner Spekulation, da er
jeden Zug nach dem andern deutlich abloͤſen wollte.
VI.
Fortſetzung des Vorhergehenden. Gemeinbe-
griffe, von einem Objekt, von der Wirklich-
keit, von der Subſtanz.
Dieſer Begrif von einem Subjekt und von einer Be-
ſchaffenheit, iſt noch nicht der voͤllige Begriff von
einem Dinge, als Objekt oder Gegenſtand betrach-
tet, und noch weniger der Begriff von einer Subſtanz.
Die Begriffe vom Seyn oder Wirklichkeit, und vom
Beſtehen oder Fortdauern, und von dem Fuͤr ſich
beſtehen muͤſſen noch hinzu kommen; und die Denk-
kraft muß den Verhaͤltnißgedanken von der urſachli-
chen Verbindung hervorbringen, und ihn mit jenen
Abſtraktionen vereinigen. Wir halten die Empfindun-
gen und Vorſtellungen nicht ſelbſt fuͤr ihre Objekte, ſon-
dern ſetzen noch etwas anders außer der Vorſtellung vor-
aus, das die Quelle der Empfindung iſt, und dieſe letz-
tere auch wohl in den Zeitpunkten hervorbringen koͤnnte,
in welchen wir ſie nicht haben.
Die Abſtraktion, welche wir durch das Wort Seyn
oder Wirklichſeyn ausdruͤcken, war der erſten Anlage
nach ſo viel, als gefuͤhlet und empfunden werden,
und ein Subjekt oder Ding ſeyn. Aber es kam noch
hinzu, daß das gefuͤhlte Subjekt auch ohne Ruͤckſicht
darauf, daß es wirklich gefuͤhlet ward, doch fuͤhlbar
ſey, und gefuͤhlet werden konnte. Das Wirkliche
iſt etwas Objektiviſches, ein Gegenſtand, etwas, das
von der Empfindung und Vorſtellung unterſchieden iſt.
Dieß ſind die erſten urſpruͤnglichen Beſtandtheile des
Begrifs von der Exiſtenz, vor ſeiner vollſtaͤndigen Ent-
wickelung
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/455>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.