XII. Von der bildlichen Klarheit in den Vorstellungen. Sie kann von der ideellen in den Jdeen unter- schieden werden. Wie fern beyde sich auf ein- ander und auf die zeichnende Natur der Vor- stellungen beziehen. Kritik über die gewöhnli- chen Abtheilungen der Jdeen in dunkle und klare, verwirrte und deutliche.
Jch kehre wieder zurück zu den ursprünglichen Vorstel- lungen, die aus vorhergegangenen Empfindungen in uns entstanden sind. Sie entsprechen ihren Gegen- ständen, aber nur in so fern sie klar und deutlich sind.
Es ist aber eigentlich nur die Rede von der Klarheit und Dunkelheit in den Vorstellungen, noch nicht von derjenigen, die in den Jdeen als Jdeen ist. Diese beyden Arten von Klarheit können unterschieden seyn. Jene ist in der Vorstellung, als in einer Modification, welche sich auf ihr Objekt beziehet, ohne Rücksicht auf das Bewußtseyn, und auf das wirkliche Gewahrnehmen der Sache durch die Vorstellungen. Sie ist nur Un- terscheidbarkeit; dagegen wo die Jdee klar ist, da wird etwas wirklich unterschieden. Jn der einfachen Empfindungsidee von dem weißen Sonnenlicht unter- scheiden wir keine prismatischen Farben. Die Vorstel- lung ist einfach, und enthält nichts von einander merk- lich abstechendes; das es nemlich für uns sey. Denn wir mögen so stark und so viel und von so vielen Seiten sie ansehen als wir wollen; so ist die Empfindung und ihre Vorstellung unauflöslich, ob sie gleich für sich Man- nigfaltiges genug enthält. Jhre Züge sind für uns un- leserlich. Dieß ist bildliche Undeutlichkeit oder Verwirrung in den Vorstellungen.
Die
der Vorſtellungen.
XII. Von der bildlichen Klarheit in den Vorſtellungen. Sie kann von der ideellen in den Jdeen unter- ſchieden werden. Wie fern beyde ſich auf ein- ander und auf die zeichnende Natur der Vor- ſtellungen beziehen. Kritik uͤber die gewoͤhnli- chen Abtheilungen der Jdeen in dunkle und klare, verwirrte und deutliche.
Jch kehre wieder zuruͤck zu den urſpruͤnglichen Vorſtel- lungen, die aus vorhergegangenen Empfindungen in uns entſtanden ſind. Sie entſprechen ihren Gegen- ſtaͤnden, aber nur in ſo fern ſie klar und deutlich ſind.
Es iſt aber eigentlich nur die Rede von der Klarheit und Dunkelheit in den Vorſtellungen, noch nicht von derjenigen, die in den Jdeen als Jdeen iſt. Dieſe beyden Arten von Klarheit koͤnnen unterſchieden ſeyn. Jene iſt in der Vorſtellung, als in einer Modification, welche ſich auf ihr Objekt beziehet, ohne Ruͤckſicht auf das Bewußtſeyn, und auf das wirkliche Gewahrnehmen der Sache durch die Vorſtellungen. Sie iſt nur Un- terſcheidbarkeit; dagegen wo die Jdee klar iſt, da wird etwas wirklich unterſchieden. Jn der einfachen Empfindungsidee von dem weißen Sonnenlicht unter- ſcheiden wir keine prismatiſchen Farben. Die Vorſtel- lung iſt einfach, und enthaͤlt nichts von einander merk- lich abſtechendes; das es nemlich fuͤr uns ſey. Denn wir moͤgen ſo ſtark und ſo viel und von ſo vielen Seiten ſie anſehen als wir wollen; ſo iſt die Empfindung und ihre Vorſtellung unaufloͤslich, ob ſie gleich fuͤr ſich Man- nigfaltiges genug enthaͤlt. Jhre Zuͤge ſind fuͤr uns un- leſerlich. Dieß iſt bildliche Undeutlichkeit oder Verwirrung in den Vorſtellungen.
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der Vorſtellungen.
XII.
Von der bildlichen Klarheit in den Vorſtellungen.
Sie kann von der ideellen in den Jdeen unter-
ſchieden werden. Wie fern beyde ſich auf ein-
ander und auf die zeichnende Natur der Vor-
ſtellungen beziehen. Kritik uͤber die gewoͤhnli-
chen Abtheilungen der Jdeen in dunkle und klare,
verwirrte und deutliche.
Jch kehre wieder zuruͤck zu den urſpruͤnglichen Vorſtel-
lungen, die aus vorhergegangenen Empfindungen
in uns entſtanden ſind. Sie entſprechen ihren Gegen-
ſtaͤnden, aber nur in ſo fern ſie klar und deutlich ſind.
Es iſt aber eigentlich nur die Rede von der Klarheit
und Dunkelheit in den Vorſtellungen, noch nicht von
derjenigen, die in den Jdeen als Jdeen iſt. Dieſe
beyden Arten von Klarheit koͤnnen unterſchieden ſeyn.
Jene iſt in der Vorſtellung, als in einer Modification,
welche ſich auf ihr Objekt beziehet, ohne Ruͤckſicht auf
das Bewußtſeyn, und auf das wirkliche Gewahrnehmen
der Sache durch die Vorſtellungen. Sie iſt nur Un-
terſcheidbarkeit; dagegen wo die Jdee klar iſt, da
wird etwas wirklich unterſchieden. Jn der einfachen
Empfindungsidee von dem weißen Sonnenlicht unter-
ſcheiden wir keine prismatiſchen Farben. Die Vorſtel-
lung iſt einfach, und enthaͤlt nichts von einander merk-
lich abſtechendes; das es nemlich fuͤr uns ſey. Denn
wir moͤgen ſo ſtark und ſo viel und von ſo vielen Seiten
ſie anſehen als wir wollen; ſo iſt die Empfindung und
ihre Vorſtellung unaufloͤslich, ob ſie gleich fuͤr ſich Man-
nigfaltiges genug enthaͤlt. Jhre Zuͤge ſind fuͤr uns un-
leſerlich. Dieß iſt bildliche Undeutlichkeit oder
Verwirrung in den Vorſtellungen.
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/155>, abgerufen am 21.11.2024.
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