Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Nec ab ipsis morando divelli poterant. Interdum utrique perticis e diverso appensi, inusisato nexu ridiculum populo spectaculum praebuere. - sagt Saxo Grammaticus p. 327.)

Alb. Cranzii Wandalia, S. 164.
v. Schwarz, Pommersche Städte-Geschichte, S. 601. 602.
Barthold, Geschichte v. Rügen und Pommern, I. S. 557. 558.
38. Der Hertha-See.

Auf der Insel Rügen, in dem Theile, welcher Jasmund genannt wird, nicht weit von der Stubbenkammer, findet man noch einzelne Theile, insbesondere den Burgwall der daselbst vor vielen hundert Jahren, schon zur Zeit des Heidenthums gestandenen Herthaburg. In dieser Burg verehrten die heidnischen Rügianer ein Götzenbild, welches sie Hertha nannten, und unter welchem sie sich die Mutter Erde vorstellten. Nicht weit von dieser Herthaburg liegt ein tiefer, schwarzer See, rund von Anhöhen und Waldung eingeschlossen, der Herthasee genannt. In demselben badete sich alljährlich einige Male die Göttin. Sie fuhr dahin in einem Wagen, der mit einem geheimnißvollen Schleier bedeckt war, und von zwei Kühen gezogen wurde. Nur ihr geweiheter Priester durfte sie begleiten. Es wurden zwar auch Sklaven mitgenommen, welche die Zugthiere leiten mußten, aber sie wurden, nachdem sie ihren Dienst verrichtet hatten, alsbald in demselben See ertränkt; denn wessen ungeweihete Augen die Göttin einmal gesehen hatten, der mußte sterben. Darum hat man auch keine nähere Nachrichten über den Dienst der Hertha. An diesem See begeben sich noch jetzt allerlei Schreckgeschichten, von denen Einige zwar meinen, es seien Gaukeleien des Teufels, der sich von den Heiden hier als Göttin Hertha habe verehren lassen, und der deshalb noch immer die Gerechtigkeit auf dem See

Nec ab ipsis morando divelli poterant. Interdum utrique perticis e diverso appensi, inusisato nexu ridiculum populo spectaculum praebuere. – sagt Saxo Grammaticus p. 327.)

Alb. Cranzii Wandalia, S. 164.
v. Schwarz, Pommersche Städte-Geschichte, S. 601. 602.
Barthold, Geschichte v. Rügen und Pommern, I. S. 557. 558.
38. Der Hertha-See.

Auf der Insel Rügen, in dem Theile, welcher Jasmund genannt wird, nicht weit von der Stubbenkammer, findet man noch einzelne Theile, insbesondere den Burgwall der daselbst vor vielen hundert Jahren, schon zur Zeit des Heidenthums gestandenen Herthaburg. In dieser Burg verehrten die heidnischen Rügianer ein Götzenbild, welches sie Hertha nannten, und unter welchem sie sich die Mutter Erde vorstellten. Nicht weit von dieser Herthaburg liegt ein tiefer, schwarzer See, rund von Anhöhen und Waldung eingeschlossen, der Herthasee genannt. In demselben badete sich alljährlich einige Male die Göttin. Sie fuhr dahin in einem Wagen, der mit einem geheimnißvollen Schleier bedeckt war, und von zwei Kühen gezogen wurde. Nur ihr geweiheter Priester durfte sie begleiten. Es wurden zwar auch Sklaven mitgenommen, welche die Zugthiere leiten mußten, aber sie wurden, nachdem sie ihren Dienst verrichtet hatten, alsbald in demselben See ertränkt; denn wessen ungeweihete Augen die Göttin einmal gesehen hatten, der mußte sterben. Darum hat man auch keine nähere Nachrichten über den Dienst der Hertha. An diesem See begeben sich noch jetzt allerlei Schreckgeschichten, von denen Einige zwar meinen, es seien Gaukeleien des Teufels, der sich von den Heiden hier als Göttin Hertha habe verehren lassen, und der deshalb noch immer die Gerechtigkeit auf dem See

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><hi rendition="#aq"><pb facs="#f0097" n="65"/>
Nec ab ipsis morando divelli poterant. Interdum utrique perticis e diverso appensi, inusisato nexu ridiculum populo spectaculum praebuere.</hi> &#x2013; sagt <hi rendition="#aq">Saxo Grammaticus p.</hi> 327.)</p>
          <listBibl>
            <bibl>Alb. Cranzii Wandalia, S. 164.</bibl><lb/>
            <bibl>v. Schwarz, Pommersche Städte-Geschichte, S. 601. 602.</bibl><lb/>
            <bibl>Barthold, Geschichte v. Rügen und Pommern, I. S. 557. 558.</bibl><lb/>
          </listBibl>
        </div>
        <div n="2">
          <head>38. Der Hertha-See.</head><lb/>
          <p>Auf der Insel Rügen, in dem Theile, welcher Jasmund genannt wird, nicht weit von der Stubbenkammer, findet man noch einzelne Theile, insbesondere den Burgwall der daselbst vor vielen hundert Jahren, schon zur Zeit des Heidenthums gestandenen Herthaburg. In dieser Burg verehrten die heidnischen Rügianer ein Götzenbild, welches sie Hertha nannten, und unter welchem sie sich die Mutter Erde vorstellten. Nicht weit von dieser Herthaburg liegt ein tiefer, schwarzer See, rund von Anhöhen und Waldung eingeschlossen, der Herthasee genannt. In demselben badete sich alljährlich einige Male die Göttin. Sie fuhr dahin in einem Wagen, der mit einem geheimnißvollen Schleier bedeckt war, und von zwei Kühen gezogen wurde. Nur ihr geweiheter Priester durfte sie begleiten. Es wurden zwar auch Sklaven mitgenommen, welche die Zugthiere leiten mußten, aber sie wurden, nachdem sie ihren Dienst verrichtet hatten, alsbald in demselben See ertränkt; denn wessen ungeweihete Augen die Göttin einmal gesehen hatten, der mußte sterben. Darum hat man auch keine nähere Nachrichten über den Dienst der Hertha. An diesem See begeben sich noch jetzt allerlei Schreckgeschichten, von denen Einige zwar meinen, es seien Gaukeleien des Teufels, der sich von den Heiden hier als Göttin Hertha habe verehren lassen, und der deshalb noch immer die Gerechtigkeit auf dem See
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0097] Nec ab ipsis morando divelli poterant. Interdum utrique perticis e diverso appensi, inusisato nexu ridiculum populo spectaculum praebuere. – sagt Saxo Grammaticus p. 327.) Alb. Cranzii Wandalia, S. 164. v. Schwarz, Pommersche Städte-Geschichte, S. 601. 602. Barthold, Geschichte v. Rügen und Pommern, I. S. 557. 558. 38. Der Hertha-See. Auf der Insel Rügen, in dem Theile, welcher Jasmund genannt wird, nicht weit von der Stubbenkammer, findet man noch einzelne Theile, insbesondere den Burgwall der daselbst vor vielen hundert Jahren, schon zur Zeit des Heidenthums gestandenen Herthaburg. In dieser Burg verehrten die heidnischen Rügianer ein Götzenbild, welches sie Hertha nannten, und unter welchem sie sich die Mutter Erde vorstellten. Nicht weit von dieser Herthaburg liegt ein tiefer, schwarzer See, rund von Anhöhen und Waldung eingeschlossen, der Herthasee genannt. In demselben badete sich alljährlich einige Male die Göttin. Sie fuhr dahin in einem Wagen, der mit einem geheimnißvollen Schleier bedeckt war, und von zwei Kühen gezogen wurde. Nur ihr geweiheter Priester durfte sie begleiten. Es wurden zwar auch Sklaven mitgenommen, welche die Zugthiere leiten mußten, aber sie wurden, nachdem sie ihren Dienst verrichtet hatten, alsbald in demselben See ertränkt; denn wessen ungeweihete Augen die Göttin einmal gesehen hatten, der mußte sterben. Darum hat man auch keine nähere Nachrichten über den Dienst der Hertha. An diesem See begeben sich noch jetzt allerlei Schreckgeschichten, von denen Einige zwar meinen, es seien Gaukeleien des Teufels, der sich von den Heiden hier als Göttin Hertha habe verehren lassen, und der deshalb noch immer die Gerechtigkeit auf dem See

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • als Grundlage dienen die Editionsrichtlinien von Wikisource.
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Gesperrter Text wird kursiv
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Einzüge werden nicht übernommen
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Fußnoten der Vorlage sind fortlaufend nummeriert und folgen jeweils am Schluß des Textes.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/97
Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/97>, abgerufen am 21.11.2024.