Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

jede Nacht, in Wind und Wetter, aus dem Bette heraus, und auf dem abgepflügten Lande umgehen, und zuletzt dort auf eine Buche klettern, wo er zwei Stunden lang stille sitzen und frieren mußte. Das muß er nun auch noch, obgleich er schon über viele hundert Jahre todt ist. Man kann ihn alle Nacht da sehen in einem grauen Rocke und mit einer weißen Mütze auf dem Kopfe. Oft sitzt er auch wie eine schneeweiße Eule auf der Buche und schreit gar jämmerlich. Ein Pferd ist des Nachts nicht an der Stelle vorbei zu bringen.

Die Leute singen auch noch folgendes Lied von ihm und seiner Buche:

Pagels mit de witte Mütz,
Wo koold und hoch ist din Sitz
Up de hoge Bök,
Un up de kruse Eek,
Un achterm hollen Tuun.
Worüm kannst du nich ruhn?
Darüm kann ik nich rasten,
Dat Papier liggt im Kasten,
Un mine arme Seel
Brennt in de lichte Höll!
E. M. Arndt, Märchen u. Jugenderinnerungen, I. S. 249-251.
227. Das unterirdische Wasser zu Rothemühle.

Zwei Meilen von Pasewalk liegt mitten in der Forst auf mehreren kleinern Hügeln das Dörflein Rothemühle. Vor Zeiten stand hier auch eine schöne Mühle. Deren Bewohner sind einst von Räubern überfallen und erschlagen, und weil dabei so erschrecklich viel Blut geflossen ist, hat man das Dorf seitdem Rothemühle genannt. Es kam nachher zwar ein anderer Müller in die Mühle; aber es war

jede Nacht, in Wind und Wetter, aus dem Bette heraus, und auf dem abgepflügten Lande umgehen, und zuletzt dort auf eine Buche klettern, wo er zwei Stunden lang stille sitzen und frieren mußte. Das muß er nun auch noch, obgleich er schon über viele hundert Jahre todt ist. Man kann ihn alle Nacht da sehen in einem grauen Rocke und mit einer weißen Mütze auf dem Kopfe. Oft sitzt er auch wie eine schneeweiße Eule auf der Buche und schreit gar jämmerlich. Ein Pferd ist des Nachts nicht an der Stelle vorbei zu bringen.

Die Leute singen auch noch folgendes Lied von ihm und seiner Buche:

Pagels mit de witte Mütz,
Wo koold und hoch ist din Sitz
Up de hoge Bök,
Un up de kruse Eek,
Un achterm hollen Tuun.
Worüm kannst du nich ruhn?
Darüm kann ik nich rasten,
Dat Papier liggt im Kasten,
Un mine arme Seel
Brennt in de lichte Höll!
E. M. Arndt, Märchen u. Jugenderinnerungen, I. S. 249-251.
227. Das unterirdische Wasser zu Rothemühle.

Zwei Meilen von Pasewalk liegt mitten in der Forst auf mehreren kleinern Hügeln das Dörflein Rothemühle. Vor Zeiten stand hier auch eine schöne Mühle. Deren Bewohner sind einst von Räubern überfallen und erschlagen, und weil dabei so erschrecklich viel Blut geflossen ist, hat man das Dorf seitdem Rothemühle genannt. Es kam nachher zwar ein anderer Müller in die Mühle; aber es war

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0300" n="268"/>
jede Nacht, in Wind und Wetter, aus dem Bette heraus, und auf dem abgepflügten Lande umgehen, und zuletzt dort auf eine Buche klettern, wo er zwei Stunden lang stille sitzen und frieren mußte. Das muß er nun auch noch, obgleich er schon über viele hundert Jahre todt ist. Man kann ihn alle Nacht da sehen in einem grauen Rocke und mit einer weißen Mütze auf dem Kopfe. Oft sitzt er auch wie eine schneeweiße Eule auf der Buche und schreit gar jämmerlich. Ein Pferd ist des Nachts nicht an der Stelle vorbei zu bringen.</p>
          <p>Die Leute singen auch noch folgendes Lied von ihm und seiner Buche:</p>
          <lg type="poem">
            <l> <hi rendition="#et">Pagels mit de witte Mütz,</hi> </l><lb/>
            <l>Wo koold und hoch ist din Sitz</l><lb/>
            <l>Up de hoge Bök,</l><lb/>
            <l>Un up de kruse Eek,</l><lb/>
            <l>Un achterm hollen Tuun.</l><lb/>
            <l>Worüm kannst du nich ruhn?</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Darüm kann ik nich rasten,</hi> </l><lb/>
            <l>Dat Papier liggt im Kasten,</l><lb/>
            <l>Un mine arme Seel</l><lb/>
            <l>Brennt in de lichte Höll!</l><lb/>
          </lg>
          <listBibl>
            <bibl>E. M. Arndt, Märchen u. Jugenderinnerungen, I. S. 249-251.</bibl><lb/>
          </listBibl>
        </div>
        <div n="2">
          <head>227. Das unterirdische Wasser zu Rothemühle.</head><lb/>
          <p>Zwei Meilen von Pasewalk liegt mitten in der Forst auf mehreren kleinern Hügeln das Dörflein Rothemühle. Vor Zeiten stand hier auch eine schöne Mühle. Deren Bewohner sind einst von Räubern überfallen und erschlagen, und weil dabei so erschrecklich viel Blut geflossen ist, hat man das Dorf seitdem Rothemühle genannt. Es kam nachher zwar ein anderer Müller in die Mühle; aber es war
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[268/0300] jede Nacht, in Wind und Wetter, aus dem Bette heraus, und auf dem abgepflügten Lande umgehen, und zuletzt dort auf eine Buche klettern, wo er zwei Stunden lang stille sitzen und frieren mußte. Das muß er nun auch noch, obgleich er schon über viele hundert Jahre todt ist. Man kann ihn alle Nacht da sehen in einem grauen Rocke und mit einer weißen Mütze auf dem Kopfe. Oft sitzt er auch wie eine schneeweiße Eule auf der Buche und schreit gar jämmerlich. Ein Pferd ist des Nachts nicht an der Stelle vorbei zu bringen. Die Leute singen auch noch folgendes Lied von ihm und seiner Buche: Pagels mit de witte Mütz, Wo koold und hoch ist din Sitz Up de hoge Bök, Un up de kruse Eek, Un achterm hollen Tuun. Worüm kannst du nich ruhn? Darüm kann ik nich rasten, Dat Papier liggt im Kasten, Un mine arme Seel Brennt in de lichte Höll! E. M. Arndt, Märchen u. Jugenderinnerungen, I. S. 249-251. 227. Das unterirdische Wasser zu Rothemühle. Zwei Meilen von Pasewalk liegt mitten in der Forst auf mehreren kleinern Hügeln das Dörflein Rothemühle. Vor Zeiten stand hier auch eine schöne Mühle. Deren Bewohner sind einst von Räubern überfallen und erschlagen, und weil dabei so erschrecklich viel Blut geflossen ist, hat man das Dorf seitdem Rothemühle genannt. Es kam nachher zwar ein anderer Müller in die Mühle; aber es war

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • als Grundlage dienen die Editionsrichtlinien von Wikisource.
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Gesperrter Text wird kursiv
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Einzüge werden nicht übernommen
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Fußnoten der Vorlage sind fortlaufend nummeriert und folgen jeweils am Schluß des Textes.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/300
Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/300>, abgerufen am 22.12.2024.