Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

füllte sie mit Erde, um diese in den Gellen zu werfen, und so einen Erddamm von der Insel bis nach Pommern hin aufzuführen. Wie er nun aber mit seiner Tracht bis über Rodenkirchen gekommen war, da riß plötzlich ein Loch in die Schürze und es fielen neun Haufen Erde heraus; das sind die neun Berge bei Rambin.

Auf gleiche Weise sind auch die dreizehn kleineren Berge entstanden, die man bei Gustow findet; denn als der Riese das erste Loch wieder zugestopft hatte, und nun bis Gustow gekommen war, riß ein neues Loch hinein, und es fielen nun die dreizehn kleinen Berge heraus. Der Riese bekam übrigens seinen Damm nicht fertig; denn er hatte zu wenig Erde übrig behalten, so daß zwar der Prosnitzer Haken und die Halbinsel Drigge entstanden, aber doch noch immer ein Zwischenraum von Wasser blieb, den er nicht ausfüllen konnte. Darüber ärgerte er sich so, daß er plötzlich vom Schlage gerührt wurde und starb.

E. M. Arndt, Märchen und Jugenderinnerungen, I. S. 155. 156.
Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte.
192. Der Riesenstein bei Nadelitz.

Bei dem Dorfe Nadelitz auf Rügen, an dem Wege, wenn man nach Posewald fährt, liegt ein ungeheurer Stein, der Riesenstein geheißen. Der ist auf folgende Weise entstanden: Zu der Zeit, als zu Vilmnitz, eine halbe Meile von Putbus, eine christliche Kirche gebaut wurde, lebte auf Rügen ein großer Riese. Manche sagen, es sey derselbe, der die neun Berge bei Rambin aus seiner Schürze hat fallen lassen. Den, weil er ein Heide war, verdroß der Bau der Kirche; er sagte aber: Laß die Würmer nur den Ameisenhaufen bauen, ich werfe ihn doch nieder, wenn er fertig ist. Als die Kirche nun fertig wurde, und auch der Thurm aufgeführt war, so nahm er einen gewaltigen

füllte sie mit Erde, um diese in den Gellen zu werfen, und so einen Erddamm von der Insel bis nach Pommern hin aufzuführen. Wie er nun aber mit seiner Tracht bis über Rodenkirchen gekommen war, da riß plötzlich ein Loch in die Schürze und es fielen neun Haufen Erde heraus; das sind die neun Berge bei Rambin.

Auf gleiche Weise sind auch die dreizehn kleineren Berge entstanden, die man bei Gustow findet; denn als der Riese das erste Loch wieder zugestopft hatte, und nun bis Gustow gekommen war, riß ein neues Loch hinein, und es fielen nun die dreizehn kleinen Berge heraus. Der Riese bekam übrigens seinen Damm nicht fertig; denn er hatte zu wenig Erde übrig behalten, so daß zwar der Prosnitzer Haken und die Halbinsel Drigge entstanden, aber doch noch immer ein Zwischenraum von Wasser blieb, den er nicht ausfüllen konnte. Darüber ärgerte er sich so, daß er plötzlich vom Schlage gerührt wurde und starb.

E. M. Arndt, Märchen und Jugenderinnerungen, I. S. 155. 156.
Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte.
192. Der Riesenstein bei Nadelitz.

Bei dem Dorfe Nadelitz auf Rügen, an dem Wege, wenn man nach Posewald fährt, liegt ein ungeheurer Stein, der Riesenstein geheißen. Der ist auf folgende Weise entstanden: Zu der Zeit, als zu Vilmnitz, eine halbe Meile von Putbus, eine christliche Kirche gebaut wurde, lebte auf Rügen ein großer Riese. Manche sagen, es sey derselbe, der die neun Berge bei Rambin aus seiner Schürze hat fallen lassen. Den, weil er ein Heide war, verdroß der Bau der Kirche; er sagte aber: Laß die Würmer nur den Ameisenhaufen bauen, ich werfe ihn doch nieder, wenn er fertig ist. Als die Kirche nun fertig wurde, und auch der Thurm aufgeführt war, so nahm er einen gewaltigen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0262" n="230"/>
füllte sie mit Erde, um diese in den Gellen zu werfen, und so einen Erddamm von der Insel bis nach Pommern hin aufzuführen. Wie er nun aber mit seiner Tracht bis über Rodenkirchen gekommen war, da riß plötzlich ein Loch in die Schürze und es fielen neun Haufen Erde heraus; das sind die neun Berge bei Rambin.</p>
          <p>Auf gleiche Weise sind auch die dreizehn kleineren Berge entstanden, die man bei Gustow findet; denn als der Riese das erste Loch wieder zugestopft hatte, und nun bis Gustow gekommen war, riß ein neues Loch hinein, und es fielen nun die dreizehn kleinen Berge heraus. Der Riese bekam übrigens seinen Damm nicht fertig; denn er hatte zu wenig Erde übrig behalten, so daß zwar der Prosnitzer Haken und die Halbinsel Drigge entstanden, aber doch noch immer ein Zwischenraum von Wasser blieb, den er nicht ausfüllen konnte. Darüber ärgerte er sich so, daß er plötzlich vom Schlage gerührt wurde und starb.</p>
          <listBibl>
            <bibl>E. M. Arndt, Märchen und Jugenderinnerungen, I. S. 155. 156.</bibl><lb/>
            <bibl>Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte.</bibl><lb/>
          </listBibl>
        </div>
        <div n="2">
          <head>192. Der Riesenstein bei Nadelitz.</head><lb/>
          <p>Bei dem Dorfe Nadelitz auf Rügen, an dem Wege, wenn man nach Posewald fährt, liegt ein ungeheurer Stein, der Riesenstein geheißen. Der ist auf folgende Weise entstanden: Zu der Zeit, als zu Vilmnitz, eine halbe Meile von Putbus, eine christliche Kirche gebaut wurde, lebte auf Rügen ein großer Riese. Manche sagen, es sey derselbe, der die neun Berge bei Rambin aus seiner Schürze hat fallen lassen. Den, weil er ein Heide war, verdroß der Bau der Kirche; er sagte aber: Laß die Würmer nur den Ameisenhaufen bauen, ich werfe ihn doch nieder, wenn er fertig ist. Als die Kirche nun fertig wurde, und auch der Thurm aufgeführt war, so nahm er einen gewaltigen
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[230/0262] füllte sie mit Erde, um diese in den Gellen zu werfen, und so einen Erddamm von der Insel bis nach Pommern hin aufzuführen. Wie er nun aber mit seiner Tracht bis über Rodenkirchen gekommen war, da riß plötzlich ein Loch in die Schürze und es fielen neun Haufen Erde heraus; das sind die neun Berge bei Rambin. Auf gleiche Weise sind auch die dreizehn kleineren Berge entstanden, die man bei Gustow findet; denn als der Riese das erste Loch wieder zugestopft hatte, und nun bis Gustow gekommen war, riß ein neues Loch hinein, und es fielen nun die dreizehn kleinen Berge heraus. Der Riese bekam übrigens seinen Damm nicht fertig; denn er hatte zu wenig Erde übrig behalten, so daß zwar der Prosnitzer Haken und die Halbinsel Drigge entstanden, aber doch noch immer ein Zwischenraum von Wasser blieb, den er nicht ausfüllen konnte. Darüber ärgerte er sich so, daß er plötzlich vom Schlage gerührt wurde und starb. E. M. Arndt, Märchen und Jugenderinnerungen, I. S. 155. 156. Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte. 192. Der Riesenstein bei Nadelitz. Bei dem Dorfe Nadelitz auf Rügen, an dem Wege, wenn man nach Posewald fährt, liegt ein ungeheurer Stein, der Riesenstein geheißen. Der ist auf folgende Weise entstanden: Zu der Zeit, als zu Vilmnitz, eine halbe Meile von Putbus, eine christliche Kirche gebaut wurde, lebte auf Rügen ein großer Riese. Manche sagen, es sey derselbe, der die neun Berge bei Rambin aus seiner Schürze hat fallen lassen. Den, weil er ein Heide war, verdroß der Bau der Kirche; er sagte aber: Laß die Würmer nur den Ameisenhaufen bauen, ich werfe ihn doch nieder, wenn er fertig ist. Als die Kirche nun fertig wurde, und auch der Thurm aufgeführt war, so nahm er einen gewaltigen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • als Grundlage dienen die Editionsrichtlinien von Wikisource.
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Gesperrter Text wird kursiv
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Einzüge werden nicht übernommen
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Fußnoten der Vorlage sind fortlaufend nummeriert und folgen jeweils am Schluß des Textes.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/262
Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/262>, abgerufen am 21.11.2024.