Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

bekommen habe. Allda ist Einer unter ihnen gewesen, geheißen Marquard Behr von Forkenbeck; der ist ein Jahr lang entwichen gewesen nach Picardien; nach Verlauf des Jahres aber ist er wiedergekommen, und hat Metzbauers von dem Grellenberge nachgelassenen Wittwe, ferner Margarethe Leisten, eine Jungfrau, und noch mehrere Jungfrauen mit sich geführet. Er hat vier reisige Pferde und einen verdeckten Wagen gehabt, darin er die Frau und die Jungfrauen entführet; wohin, das weiß Niemand bis auf diesen Tag.

Kantzow, Pomerania, II. S. 57-59.
Cramer, Gr. Pomm. Kirchen-Chronik, II. S. 104.
81. Die blutigen Judenkinder.

Um die Jahre 1492 bis 1500 ließen in vielen Gegenden von Deutschland, als in der Mark und im Mecklenburgischen, die Juden allerlei gottlose Sünde und insbesondere Beschimpfungen des heiligen Sacraments des Altars sich beigehen, weshalb sie von ihren Herren zum großen Theil aus dem Lande gejagt wurden. Auch Herzog Bogislav von Pommern jagte die Juden fort, deren dazumal viele, besonders zu Damm bei Stettin, zu Bart und in allen kleinen Flecken des Landes wohnten. Unter diesen waren ein Mann und eine Weib, die ließen sich taufen, da ließ der Herzog sie wohnen und sie zogen gen Triebsees. Aber sie hatten sich nur zum Scheine taufen lassen, und waren eigentlich Juden geblieben; dafür wurden sie denn sichtbar von Gott gestraft. Denn so oft das Weib ein Kind gebar, hat dieses eine blutige Hand mit zur Welt gebracht. Da solches die Christenfrauen sahen, scheute man sich vor ihnen, und es wollte Niemand etwas mit ihnen zu thun haben. Der Jude mit seinem Weibe zog daher von Triebsees fort, zuerst nach Lassahn, und darauf nach Usedom. Allein jene

bekommen habe. Allda ist Einer unter ihnen gewesen, geheißen Marquard Behr von Forkenbeck; der ist ein Jahr lang entwichen gewesen nach Picardien; nach Verlauf des Jahres aber ist er wiedergekommen, und hat Metzbauers von dem Grellenberge nachgelassenen Wittwe, ferner Margarethe Leisten, eine Jungfrau, und noch mehrere Jungfrauen mit sich geführet. Er hat vier reisige Pferde und einen verdeckten Wagen gehabt, darin er die Frau und die Jungfrauen entführet; wohin, das weiß Niemand bis auf diesen Tag.

Kantzow, Pomerania, II. S. 57-59.
Cramer, Gr. Pomm. Kirchen-Chronik, II. S. 104.
81. Die blutigen Judenkinder.

Um die Jahre 1492 bis 1500 ließen in vielen Gegenden von Deutschland, als in der Mark und im Mecklenburgischen, die Juden allerlei gottlose Sünde und insbesondere Beschimpfungen des heiligen Sacraments des Altars sich beigehen, weshalb sie von ihren Herren zum großen Theil aus dem Lande gejagt wurden. Auch Herzog Bogislav von Pommern jagte die Juden fort, deren dazumal viele, besonders zu Damm bei Stettin, zu Bart und in allen kleinen Flecken des Landes wohnten. Unter diesen waren ein Mann und eine Weib, die ließen sich taufen, da ließ der Herzog sie wohnen und sie zogen gen Triebsees. Aber sie hatten sich nur zum Scheine taufen lassen, und waren eigentlich Juden geblieben; dafür wurden sie denn sichtbar von Gott gestraft. Denn so oft das Weib ein Kind gebar, hat dieses eine blutige Hand mit zur Welt gebracht. Da solches die Christenfrauen sahen, scheute man sich vor ihnen, und es wollte Niemand etwas mit ihnen zu thun haben. Der Jude mit seinem Weibe zog daher von Triebsees fort, zuerst nach Lassahn, und darauf nach Usedom. Allein jene

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0152" n="120"/>
bekommen habe. Allda ist Einer unter ihnen gewesen, geheißen Marquard Behr von Forkenbeck; der ist ein Jahr lang entwichen gewesen nach Picardien; nach Verlauf des Jahres aber ist er wiedergekommen, und hat Metzbauers von dem Grellenberge nachgelassenen Wittwe, ferner Margarethe Leisten, eine Jungfrau, und noch mehrere Jungfrauen mit sich geführet. Er hat vier reisige Pferde und einen verdeckten Wagen gehabt, darin er die Frau und die Jungfrauen entführet; wohin, das weiß Niemand bis auf diesen Tag.</p>
          <listBibl>
            <bibl>Kantzow, Pomerania, II. S. 57-59.</bibl><lb/>
            <bibl>Cramer, Gr. Pomm. Kirchen-Chronik, II. S. 104.</bibl><lb/>
          </listBibl>
        </div>
        <div n="2">
          <head>81. Die blutigen Judenkinder.</head><lb/>
          <p>Um die Jahre 1492 bis 1500 ließen in vielen Gegenden von Deutschland, als in der Mark und im Mecklenburgischen, die Juden allerlei gottlose Sünde und insbesondere Beschimpfungen des heiligen Sacraments des Altars sich beigehen, weshalb sie von ihren Herren zum großen Theil aus dem Lande gejagt wurden. Auch Herzog Bogislav von Pommern jagte die Juden fort, deren dazumal viele, besonders zu Damm bei Stettin, zu Bart und in allen kleinen Flecken des Landes wohnten. Unter diesen waren ein Mann und eine Weib, die ließen sich taufen, da ließ der Herzog sie wohnen und sie zogen gen Triebsees. Aber sie hatten sich nur zum Scheine taufen lassen, und waren eigentlich Juden geblieben; dafür wurden sie denn sichtbar von Gott gestraft. Denn so oft das Weib ein Kind gebar, hat dieses eine blutige Hand mit zur Welt gebracht. Da solches die Christenfrauen sahen, scheute man sich vor ihnen, und es wollte Niemand etwas mit ihnen zu thun haben. Der Jude mit seinem Weibe zog daher von Triebsees fort, zuerst nach Lassahn, und darauf nach Usedom. Allein jene
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120/0152] bekommen habe. Allda ist Einer unter ihnen gewesen, geheißen Marquard Behr von Forkenbeck; der ist ein Jahr lang entwichen gewesen nach Picardien; nach Verlauf des Jahres aber ist er wiedergekommen, und hat Metzbauers von dem Grellenberge nachgelassenen Wittwe, ferner Margarethe Leisten, eine Jungfrau, und noch mehrere Jungfrauen mit sich geführet. Er hat vier reisige Pferde und einen verdeckten Wagen gehabt, darin er die Frau und die Jungfrauen entführet; wohin, das weiß Niemand bis auf diesen Tag. Kantzow, Pomerania, II. S. 57-59. Cramer, Gr. Pomm. Kirchen-Chronik, II. S. 104. 81. Die blutigen Judenkinder. Um die Jahre 1492 bis 1500 ließen in vielen Gegenden von Deutschland, als in der Mark und im Mecklenburgischen, die Juden allerlei gottlose Sünde und insbesondere Beschimpfungen des heiligen Sacraments des Altars sich beigehen, weshalb sie von ihren Herren zum großen Theil aus dem Lande gejagt wurden. Auch Herzog Bogislav von Pommern jagte die Juden fort, deren dazumal viele, besonders zu Damm bei Stettin, zu Bart und in allen kleinen Flecken des Landes wohnten. Unter diesen waren ein Mann und eine Weib, die ließen sich taufen, da ließ der Herzog sie wohnen und sie zogen gen Triebsees. Aber sie hatten sich nur zum Scheine taufen lassen, und waren eigentlich Juden geblieben; dafür wurden sie denn sichtbar von Gott gestraft. Denn so oft das Weib ein Kind gebar, hat dieses eine blutige Hand mit zur Welt gebracht. Da solches die Christenfrauen sahen, scheute man sich vor ihnen, und es wollte Niemand etwas mit ihnen zu thun haben. Der Jude mit seinem Weibe zog daher von Triebsees fort, zuerst nach Lassahn, und darauf nach Usedom. Allein jene

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • als Grundlage dienen die Editionsrichtlinien von Wikisource.
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Gesperrter Text wird kursiv
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Einzüge werden nicht übernommen
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Fußnoten der Vorlage sind fortlaufend nummeriert und folgen jeweils am Schluß des Textes.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/152
Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/152>, abgerufen am 22.12.2024.